Acht Bezirke könnten sich „drehen“

Am Sonntag sind auch die Bezirksvorsteher gewählt worden. Mindestens acht Bezirke könnten sich „drehen“. Auch auf der lokalen Ebene könnte die Asyldebatte andere Themen überlagern, sagt der Politikberater Thomas Hofer.

Die FPÖ hat Rückenwind: Simmering, Floridsdorf, Donaustadt und Favoriten sollen nach dem 11. Oktober von einem blauen Bezirksvorsteher regiert werden, sagte der Parteimanager Toni Mahdalik gegenüber wien.ORF.at. Auch in Liesing gebe es Chancen, sagte Spitzenkandidat Heinz-Christian Strache zuletzt. „Dass die FPÖ in all diesen Bezirken auf den ersten Platz kommt, wage ich zu bezweifeln. In Simmering ist die Chance auf jeden Fall gegeben“, sagte der Politikberater Thomas Hofer.

SPÖ regiert in 17 Bezirken

Derzeit werden 17 von 23 Bezirken von der SPÖ regiert. Die ÖVP gibt in fünf Bezirken den Ton an (Innere Stadt, Josefstadt, Hietzing, Währing, Döbling). Die Grünen regieren in Neubau. Die FPÖ landete in elf Bezirken auf Platz zwei.

FPÖ greift in Simmering an

Dabei ist die Ausgangslage eigentlich noch komfortabel für die SPÖ. 2010 lagen noch 15 Prozentpunkte zwischen Rot (49,19) und Blau (34,21). Allerdings lag vor der SPÖ ein Minus von 11,46 Prozentpunkten, vor der FPÖ indes ein Plus von 16,05 Prozentpunkten. Hält dieser Trend auch nur einigermaßen an, ist den Blauen der Bezirkschef in Simmering sicher - mehr dazu hier. SPÖ-Bezirksvorsteherin Eva-Maria Hatzl will von einem Duell um den Bezirk nichts wissen. Für die FPÖ tritt mit Paul Stadler ein im Bezirk etablierter Kandidat an. Er ist seit 19 Jahren stellvertretender Bezirksvorsteher und viel in Simmering unterwegs.

Ähnlich ist die Ausgangslage zwischen FPÖ und SPÖ in den anderen Flächenbezirken, in denen die Blauen die regierende SPÖ angreifen. „Strukturell, das muss man schon auch sagen, hat sich die FPÖ gewaltig verbessert und ist der SPÖ nähergerückt und gut in diesen Bezirken aufgestellt“, sagt Hofer. Auch der Politologe Peter Filzmaier sieht das so - mehr dazu in Asyldebatte mobilisiert Wähler.

Bei den Bezirksvertretungswahlen herrschen andere Gesetze als bei der Landtagswahl. Die stimmenstärkste Partei stellt automatisch den Bezirksvorsteher. „Da kann man sich als Person ins Spiel bringen. Dann ist es grundsätzlich so, auch wenn es derzeit etwas überlagert wird, dass man mit einzelnen Projekten reüssieren kann und für zusätzliche Bewegung am Wählermarkt sorgen kann“, analysierte Hofer.

Die Wiener Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (l.), Neubau-Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger (r.) u.a. am Freitag, 31. Juli 2015, bei der Schlusssteinlegung Mariahilfer Straße Neu in Wien.

APA/Techt

Verkehrsthemen beeinflussen Bezirkswahlen

Die Grünen hatten sich zum Ziel gesetzt, nach der Wahl sieben Bezirksvorsteher zu stellen. So gut wie fix ist dabei nur Neubau, wo Thomas Blimlinger bereits seit 14 Jahren an der Spitze steht. Auch Bezirke wie Mariahilf, Währing und die Josefstadt sollen grün werden. Erreichen wollen das die Grünen vorwiegend mit lokalen Verkehrsberuhigungsprojekten, immerhin zeigte die Mariahilfer Straße vor, dass die Partei damit punkten kann.

Detaillierte Berichte zur Ausgangslage in Wieden, Mariahilf, der Josefstadt und am Alsergrund lesen Sie hier. Details über die Ausgangslage und die bestimmenden Themen des Wahlkampfs in Währing, Döbling und Simmering gibt es hier.

„Grundsätzlich kann man mit solchen Verkehrsthemen punkten, aber es ist dieses Mal ein anderes Match. Auch die Verkehrsthemen drohen in der allgemeinen Stimmung unterzugehen. Grundsätzlich ist die Chance für die Grünen da, in einigen umkämpften Bezirken besser abzuschneiden als auf Landesebene. Dort muss man mittlerweile fürchten, eher zu verlieren", sagte Hofer. Tendenziell schneiden Grüne und ÖVP bei Bezirksvertretungswahlen besser ab als bei der Landtagswahl, bei SPÖ und FPÖ ist es umgekehrt.

Auch „Bezirkskaiser“ machtlos

Die Flüchtlingsdebatte könnte also auch in die Bezirkswahlen hineinspielen, auf unterschiedliche Art und Weise. In den großen Bezirken, in denen es auch Flüchtlingsquartiere gibt - etwa in Simmering - könnte die FPÖ profitieren. „Dort sind die Ängste und die Skepsis und die Arbeitsplatzsorgen größer. Man muss das sehr unterschiedlich bewerten“, sagte Hofer. In Neubau versuchte Blimlinger etwa, mit den Quartieren zu punkten. Er bot offensiv Gebäude an. „Flüchtlingsquartiere sind immer dann kampagnisierbar, im Positiven und im Negativen, wenn es schon eine gewisse Grundeinstellung im Grätzel gibt. Im siebenten Bezirk gibt es eine hohe Dichte an Menschen, die Flüchtlingen positiv gegenüberstehen“, so Hofer.

EU-Bürger wahlberechtigt

Bei den Bezirksvertretungswahlen dürfen auch EU-Bürger wählen. Die meisten EU-Bürger wohnen in Innenstadtbezirken. In den Flächenbezirken ist der Anteil geringer. Die EU-Bürger wählen eher Grün und eher SPÖ statt FPÖ, sagte Hofer.

Unter der derzeitigen Stimmung könnten auch langdienende „Bezirkskaiser" wie Adi Tiller in Döbling und Karl Homole in Währing leiden (beide ÖVP). In Döbling schielt die SPÖ an die Spitze, in Währing ist es ein Dreikampf mit SPÖ und Grünen. „Es sind Situationen, wo Bezirksthemen unterzugehen drohen. Wenn alles nur vom rot-blauen Duell redet, ist es etwas, was auch Bezirkskaisern schaden kann“, sagte Hofer. Selbst Tiller sei davor nicht gefeit, zudem tritt auch NEOS in den Bezirken erstmals an. Außerdem haben die ÖVP-Bezirksvorsteher mit dem Negativtrend ihrer Partei auf Landesebene zu kämpfen.

Vier Parteien kämpfen um die „City“

Eine völlige Sondersituation stellt der prestigeträchtige erste Bezirk mit nur 13.000 Wahlberechtigten dar. Nach dem Wechsel der noch amtierenden Bezirksvorsteherin Ursula Stenzel von der ÖVP zur FPÖ sind die Karten völlig neu gemischt - mehr dazu in Vier Parteien kämpfen um die „City“. „Ob es Stenzel und die FPÖ von niedrigen zehn Prozent auf Platz eins schaffen, ist nicht ganz realistisch. Die ÖVP wird da von knapp 40 Prozent kommend reduziert, nicht nur weil Stenzel weg ist, auch weil ‚Wir im Ersten‘ naschen wird und auch die NEOS da sind“, sagte Hofer, der ein „offenes Match“ voraussagt. „Mit den wenigen Wahlberechtigen kann man auch keine ordentliche Umfrage machen, daher ist es vorab praktisch nicht einzuschätzen.“

Das gilt noch viel mehr für die Wieden und die Josefstadt. In der Josefstadt lagen 2010 die ersten drei Parteien - ÖVP (27,53), Grüne (24,23) und SPÖ (23,46) - nur 4,07 Prozentpunkte auseinander. In Wieden beträgt dieser Unterschied sogar nur 0,09 Prozentpunkte - mehr dazu in Spannung in umkämpften Bezirken.

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