Wien übernimmt Asylquartier ab November

Wien übernimmt ab November das bisherige Asylbundesquartier im Stadtteil Erdberg. Organisatorisch soll sich einiges ändern: Die Betreuung erfolgt durch NGOs, auch die Plätze sollen deutlich reduziert werden.

„Wir wollen das mit 1. November über die Bühne bringen, das Quartier wird eine Einrichtung der Grundversorgung in Wien“, kündigte der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker am Dienstag in einer Pressekonferenz mit Bürgermeister Michael Häupl und Sozialstadträtin Sonja Wehsely (beide SPÖ) an. Die Betreiberfirma ORS kommt nicht mehr zum Einsatz. „Das war eine der Grundbedingungen für die Übernahme“, stellte Wehsely klar. Stattdessen sollen sich die in Wien tätigen Hilfseinrichtungen um die Unterkunft in der ehemaligen Zollamtsschule kümmern.

Sonja Wehsely, Michael Häupl, Peter Hacker

ORF

Sozialstadträtin Wehsely, Bürgermeister Häupl und Flüchtlingskoordinator Hacker kündigten die Übernahme an

„Massenquartier“ soll umgebaut werden

Derzeit befinden sich laut Hacker rund 700 Menschen in dem Haus - darunter „viel zu viele Jugendliche“. Diese in kleinere Einrichtungen zu verlegen, ist laut Stadt nun oberste Prämisse, genauso wie die Situation in dem Quartier zu „stabilisieren“. Danach soll in Erdberg umgebaut werden. In dem Massenquartier könnten kleine, einfache Wohnungen für Familien entstehen, skizzierte Hacker die entsprechenden Pläne - mehr dazu in Erdberg: Übernahmeverhandlungen vertagt (wien.ORF.at; 26.8.2015)

8.000 Plätze in Notunterkünften

Abgesehen von den Asylwerbern in Grundversorgung - es sind dies rund 12.000 Menschen in der gesamten Stadt - werden in Wien derzeit auch täglich tausende Personen in Notunterkünften versorgt. Laut Hacker stünden jede Nacht an die 8.000 Plätze bereit, die derzeit jedoch nicht alle benötigt würden. Es gebe in Sachen Andrang momentan einen kleinen „Durchhänger“.

Insgesamt haben während der aktuellen Flüchtlingskrise rund 130.000 Betroffene in Wien Station gemacht, exakt 113.491 Übernachtungen wurden gezählt. 2.000 Flüchtlinge haben laut Wehsely um Asyl angesucht. Aufgeschlüsselt wurden auch die Kosten: Der Anteil Wiens für die Grundversorgung beträgt heuer 27 Mio. Euro - den Rest des Aufwands (75 Mio. Euro insgesamt, Anm.) trägt der Bund. Die Erfordernisse für die Organisation der Notunterkünfte wurde mit zusätzlich 25 Mio. Euro beziffert. Sie sollten letztendlich auch vom Bund übernommen werden, wie betont wurde.

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„Wien heute“-Video

600 Personen, vor allem Jugendliche, sind derzeit im Quartier Erdberg. Ab 1. November übernimmt die Stadt Wien die Betreuung.

Häupl: „Friedensnobelpreis für Bevölkerung“

Bürgermeister Häupl bedankte sich bei den freiwilligen Helfern, die in den vergangenen Wochen bei der Betreuung der Menschen auf den Bahnhöfen oder in den Unterkünften im Einsatz gewesen sind. „Eigentlich müsste die Wiener Bevölkerung den Friedensnobelpreis kriegen“, befand er.

Die Hilfsbereitschaft habe gezeigt, dass das goldene Wienerherz kein steinhartes sei. Häupl zeigte sich erneut entsetzt über Demonstrationen vor Flüchtlingsunterkünften. Wer dies angesichts von Bildern wie jenem vom Lkw mit den Toten auf der Autobahn oder von ertrunkenen Kindern tue, sei „herz- und seelenlos“.

Dass die FPÖ kritisiere, dass es zwar Geld für Flüchtlinge, aber nicht für „unsere Leute“ gebe, ist seines Erachtens „pure und lupenreine Polemik“. Denn die Freiheitlichen hätten stets gegen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung - wie etwa die bedarfsorientierte Mindestsicherung - gestimmt. Auch Deutschkursen würden sie die Zustimmung zu verweigern.

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