Seestadt und Co.: Wie das neue Wien wählte

Zum ersten Mal ist in den großen Stadtentwicklungsgebieten Seestadt Aspern und Sonnwendviertel gewählt worden. Die FPÖ setzte sich in der Seestadt überraschenderweise durch, während die SPÖ im Sonnwendviertel triumphierte.

Alle Ergebnisse

Hier finden Sie alle Ergebnisse und Vergleichsdaten zur Wien-Wahl 2015 nach Einlangen - mehr dazu in Alle Ergebnisse, alle Daten.

Insgesamt konnte die SPÖ bei der Gemeinderatswahl in der Donaustadt einen knappen Vorsprung auf die FPÖ verteidigen. In der Seestadt Aspern sieht das anders aus. In den drei Sprengeln 22150, 22151 und 22152 kommt die FPÖ auf 38,6 Prozent und die SPÖ auf 34 Prozent. Die Grünen schafften 14,2 Prozent, NEOS 7,1 Prozent. Die ÖVP kommt auf den fünften Platz mit 3,7 Prozent (Anm. alle Zahlen ohne Wahlkarten).

Viele in der Seestadt nicht wahlberechtigt

Auffällig ist, dass in der Seestadt wesentlich mehr Grün- und NEOS-Wähler leben als in der restlichen Donaustadt. Sie nahmen der SPÖ Stimmen weg. Daher fiel die SPÖ in der Seestadt hinter die FPÖ, die ungefähr im Bezirksschnitt liegt. Das Ergebnis muss auch vorsichtig bewertet werden, weil viele der derzeit 6.000 Seestädter offenbar nicht rechtzeitig zum Wahlstichtag ihren Hauptwohnsitz umgemeldet hatten, EU-Bürger oder unter 16 Jahre alt sind. Nur 38 Prozent der Bewohner waren somit wahlberechtigt. Es leben auch sehr wenige Pensionisten in der Seestadt, eine Gruppe, in der die SPÖ stark ist.

Das Ergebnis überrascht aber trotzdem, weil das Stadtentwicklungsgebiet auf dem ehemaligen Flugfeld Aspern ein SPÖ-Prestigeprojekt ist. Die These könnte jetzt lauten: Die Seestadt-Bewohner bekommen geförderten Wohnbau, eine U-Bahn, einen Bildungscampus und sind trotzdem undankbar - mehr dazu in Seestadt Aspern: „Täglich etwas Neues“. Viele Bewohner fragen sich jetzt, wie das sein kann, dass die FPÖ in der Seestadt vorne liegt.

Dieses Element ist nicht mehr verfügbar

„Wien heute“-Reportage

Diese Reportage aus der Seestadt Aspern wurde vor der Wahl gedreht und ausgestrahlt.

„Nie als rot-grünes Projekt gesehen“

Durch die unterschiedlichen Wohnformen - von Baugruppen über sozialen Wohnbau bis zum Eigentum - entstand eine soziale Durchmischung, die auch FPÖ-Wähler inkludiert. Außerdem gibt es auch Probleme im neuen Stadtteil, etwa die U-Bahn-Intervalle und ein anfängliches Parkplatzproblem. Es gibt nur einen Supermarkt, der nächstgelegene ist nur mit dem Auto zu erreichen. „Die Seestadt ist nett, aber nicht das Paradies, wie es oft in der Werbung dargestellt worden ist“, sagt ein Bewohner, der seit August dort wohnt. „Rot-Grün kann das Projekt offenbar nicht für sich reklamieren, ich habe es aber auch nie als das gesehen.“ Daran konnten auch die intensive Wahlwerbung der beiden Parteien und das eigens eingerichtete SPÖ-Büro nichts ändern.

Kartengrafik

ORF.at

Die Seestadt ist blau

Ganz anders sieht das in einem anderen großen Stadtentwicklungsgebiet aus - freilich mit völlig anderen Vorzeichen. Das Sonnwendviertel südlich des neuen Hauptbahnhofs liegt im Gegensatz zur Seestadt sehr zentral. Das Gebiet wuchs in den letzten Monaten stark. Parallele zur Seestadt: Auch im Sonnwendviertel wohnen viele junge Familien. Dort dominiert aber die SPÖ mit 42,1 Prozent, die FPÖ kommt in den drei Wahlsprengeln auf 24,9 Prozent, die Grünen auf 18,7 Prozent, die ÖVP auf 6,6 und NEOS auf 4,2. Vor allem in den beiden Sprengeln 10138 und 10140, in denen die neuen Bauten liegen, war die FPÖ mit 15,6 bzw. 18,6 Prozent weit unter dem wienweiten Schnitt und noch viel weiter unter dem Ergebnis von Favoriten.

Grafik Sonnwendviertel

ORF.at

Das Sonnwendviertel rettete die SPÖ in Favoriten

Woran kann das liegen? Wien.ORF.at fragte bei den Bewohnern nach. Die meisten führen das gute Abschneiden der SPÖ auf den sozialen Wohnbau im Viertel zurück. „Das ist hier einfach ein tolles Projekt der Stadt gewesen, insofern wird das wohl doch anerkannt", meinte ein Mann, der mit seiner Familie im Viertel lebt.

„Ich glaube, Wien ist eine weltoffene Stadt, da hat auch der soziale Wohnbau einiges dazu beigetragen, ich glaube, der war ausschlaggebend für das Ergebnis in diesem Bereich“, meinte ein 50-Jähriger. Ein anderer Bewohner berichtete, dass die SPÖ „recht gute“ Wahlwerbung eigens für das Sonnwendviertel gemacht hatte. „Ich glaube, dass hier im Block eine grüne Oase ist, aber diesmal viele aus Angst vor Strache Rot gewählt haben“, sagte eine Selbstständige, die mit ihrer Familie in das Viertel gezogen ist.

Links: