Ausstellung: Uni Wien als „Kampfzone“

Zum 650-jährigen Jubiläum der Universität Wien beschäftigt sich eine Ausstellung mit der Unigeschichte aus jüdischer Sicht. „Die Universität. Eine Kampfzone“ zeigt einen Ort blutiger Pogrome, aber auch ein Hoffnungsgebiet.

Die Schau sei die einzige im gesamten Jubiläumsjahr, die sich allein dieses Themas annehme, sagte Danielle Spera, Direktorin des Jüdischen Museums Wien, am Montag. Der chronologische Erzählbogen einer Universitätsgeschichte aus jüdischer Sicht spannt sich dabei vom ausgehenden Mittelalter bis in die jüngste Vergangenheit.

Zutritt 400 Jahre lang verboten

Die jüdische Gemeinde in Wien hatte bereits in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts - und damit deutlich vor der Gründung der Universität 1365 - ein eigenes Bildungssystem. Nichtsdestotrotz blieb diesem Teil der Bevölkerung mehr als 400 Jahre lang der Zutritt verboten. Das änderte sich erst durch das Toleranzpatent Josephs II. 1782. In den folgenden Jahrzehnten wurde die Uni eine Art Hoffnungsort für die lange Zeit ausgeschlossene Bildungsschicht.

„Die Juden hatten das Gefühl, endlich in der Mitte der Gesellschaft angekommen zu sein“, sagte Chefkurator Werner Hanak-Lettner. Eine wesentliche Rolle spielte die jüdische Studentenschaft auch im Revolutionsjahr 1848. Als eine Art Leitfaden für diesen ersten Teil der Ausstellung dient eine Schrift des jüdischen Historikers Gerson Wolf aus dem Jahr 1865, in der er anlässlich des 500. Geburtstags der Bildungsstätte kritisch die jüdisch-universitäre Beziehungsgeschichte rekapitulierte.

Die schlagende jüdische Studentenverbindung Emunah in ihrem Clublokal in der Servitengasse um 1925

Jüdisches Museum Wien/Ze’ev Aleksandrowicz, Beit Hatfutsot, Tel Aviv

Die schlagende jüdische Studentenverbindung Emunah in ihrem Clublokal 1925

Körperliche Gewalt stieg mit Antisemitismus

Obwohl jüdische Wissenschafter mit ihren teils bahnbrechenden Forschungserfolgen zur Glanzzeit der hiesigen Alma Mater beitrugen, nahm die optimistische Ära mit den zunehmenden Übergriffen durch antisemitische Kommilitonen ab den 1880er-Jahren ein jähes Ende. Zu dieser Zeit bildeten sich auch jüdisch-nationale schlagende Burschenschaften wie Emunah, deren Foto auch das Ausstellungsplakat ziert. Denn viele Juden waren zuvor Mitglieder deutsch-nationaler Studentenverbindungen. Insofern verweise die titelgebende „Kampfzone“ auch auf die Tatsache, dass sich Juden zur Wehr setzen wollten, erklärte Hanak-Lettner.

Ausstellungshinweis:„Die Universität. Eine Kampfzone“ im Jüdischen Museum Wien, 1., Dorotheergasse 11; 3. November bis 28. März 2016

Der zunehmende Antisemitismus führte zu immer größeren Auswüchsen körperlicher Gewalt. „Deutsch-nationale Rektoren haben gewissermaßen einen legalen Raum für Gewaltakte gegen jüdische Studenten geschaffen“, sagte der Chefkurator. Diese seien bis zur Bewusstlosigkeit geprügelt, mit Stahlruten attackiert oder schlicht aus dem Fenster geworfen worden. Davon zeugen nicht zuletzt Berichte aus Zeitungen oder Erinnerungen etwa von Bruno Kreisky. Die Polizei habe mit Verweis auf die Autonomie der Universität nicht eingegriffen, sagte Hanak-Lettner.

Belastete Professoren blieben an Uni

Die NS-Zeit wirkte auch an der Universität noch Jahrzehnte nach Ende des Nazi-Terrors nach. So konnten etwa zahlreiche belastete Professoren ihre Karriere ungehindert fortsetzen konnten - was nicht zuletzt zu Protestkundgebungen gegen den Wirtschaftshistoriker Taras Borodajkewycz führte, dessen nationalsozialistische Aussagen u.a. vom späteren Finanzminister Ferdinand Lacina dokumentiert wurden. Dabei wurde 1965 der damals 67-jährige Demonstrant Ernst Kirchweger von einem rechtsextremen Studenten tödlich verletzt und wurde somit das erste Todesopfer in einer politischen Auseinandersetzung nach 1945.

Am Ende des Parcours, der mit zahlreichen Dokumenten, Fotos, Briefe und Interviews mit Zeitzeugen bereichert wird, stehen Lebensgeschichten vertriebener österreichischer Wissenschafter. Sie schließen damit den Kreis zu jener Frage, die gleich am Anfang der Ausstellung erörtert wird - jene, was eine offene Universität ist.

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