Hinterhäusers letzte Festwochen

36 Produktionen aus 25 Ländern zeigen die Wiener Festwochen 2016 zwischen 13. Mai und 19. Juni. Der nach Salzburg wechselnde Intendant Markus Hinterhäuser stellte am Mittwoch sein drittes und letztes Programm vor.

Für 267 Vorstellungen werden 46.000 Eintrittskarten aufgelegt, 2015 waren es 51.570 Karten für 39 Produktionen. „Ich sitze hier mit einem lachenden und einem weinenden Auge“, meinte der künftige Salzburger Festspielintendant Hinterhäuser. Gemeinsam mit Schauspielchefin Marina Dawydowa und Geschäftsführer Wolfgang Wais präsentierte er das Programm für die kommende Saison.

„Es ist ziemlich erstaunlich, wie schnell die Zeit vergeht“, sagte Hinterhäuser. Seine Wiener Intendanz sei aber „immer auf drei Jahre angelegt“ gewesen. Am Anfang habe „der Motor etwas gestottert, das gebe ich zu, aber dann hat es sich wunderbar gefügt.“ Nach dem Abgang von Schauspielchefin Frie Leysen habe man auf jährlichen Wechsel der Schauspielkuratoren gesetzt, was sich „als sehr vital herausgestellt“ habe. „Dieser Wechsel hat etwas Belebendes und Anregendes.“ Auch insgesamt gelte: „Die Wiener Festwochen zeichnen sich durch eine große Heterogenität aus.“

Festwochen Programmpräsentation 2016

APA/Neubauer

Hinterhäusers letzte Programmpräsentation als Festwochen-Intendant

Beethovens „Fidelio“ kommt „nicht zufällig“

Das auch heuer wieder von Olaf Osten gestaltete Sujet für Programmbuch und Plakate zeigt nach Herz und Hirn (2014) und einem Ariadnefaden (2015) im dritten Jahr eine Lupe, mit der „etwas Schönes und Vergängliches“ betrachtet wird: ein Nachtfalter. „Die Lupe ermöglicht einen Erkenntnisgewinn, einen Detailblick, andererseits kann sie auch Feuer entfachen.“ Auf der Rückseite des Programmbuches befindet sich scheinbar ein Brandloch - „und wir wissen nicht, ob der Nachtfalter weggeflogen oder verbrannt ist“, so Hinterhäuser.

Hinterhäuser im Gespräch

Die Wiener Festwochen 2016 werden die dritte und letzte Spielzeit von Intendant Markus Hinterhäuser sein - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Musikalisch habe man „eine erstaunliche Anzahl von Eigenproduktionen gehabt“, sagte der Intendant. 2016 gibt es eine große Eigenproduktion: „Nicht zufällig“ habe er am Ende Ludwig van Beethovens „Fidelio“ programmiert. Die Produktion, die am 14. Juni im Theater an der Wien Premiere haben wird, ist gleichzeitig die Österreich-Premiere für Dmitri Tcherniakov, für Hinterhäuser „einer der wesentlichen Regisseure von heute“.

Mit Mieczyslaw Weinbergs aus Frankfurt kommender Oper „Die Passagierin“ schließt man an die diesjährige Weinberg-Hommage an. Thematisch sieht Hinterhäuser die beiden Werke eng verwandt, dazu gibt es ein Konzertwochenende unter dem Titel eines Luigi-Nono-Stücks: „Wehe den eiskalten Ungeheuern“. Mit „Isoldes Abendbrot“, einer „kleinen Geschichte über das Verschwinden“ rund um Anne Sofie von Otter kehrt Christoph Marthaler nach kurzer Pause wieder nach Wien zurück.

Festwochen Programmpräsentation 2016

APA/Neubauer

Markus Hinterhäuser und Schauspielchefin Marina Dawydowa

Neue Schauspielchefin will größtmögliche Diversität

Die neue Schauspielchefin Marina Dawydowa, eine Moskauer Theaterkritikerin und Festivalleiterin, deren Festival NET (Neues Europäisches Theater) auch Hinterhäusers und Goernes „Winterreise“ eingeladen hatte, lobte das Dream-Team, mit dem sie in Wien arbeiten dürfe. „Ich bin viele Jahre als Kritikerin hierher gereist und werde nun Objekt für andere Kritiker - das ist eine ziemliche Erfahrung“, sagte sie.

„Vergessen Sie, dass ich aus Russland komme, das tut nichts zur Sache. Nationale Grenzen spielen im Theater keine Rolle. Mein Programm handelt vom Theater und von der Freiheit. Denn das ist vor langer Zeit für mich zum Synonym geworden“, so Dawydowa. Theater sei für sie zur wichtigsten Kunstform geworden, weil es sich in alle Richtungen ausbreite. Diversität sei das zentrale Wort für die Charakteristik des modernen Theaters. Entsprechend sei ihr Programm vielfältig „wie ein Blumenstrauß“.

Das Aufheben aller Grenzen stellt sie unter anderem mit performativen Installationen wie von SIGNA dar, mit Performances wie von Dimitris Papaioannou, der etwa auch die Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Athen gestaltet habe, mit Figuren-, Objekt- und Bildertheater, einem „Freak-Kabarett“, Tanz, Jan Fabres 24-Stunden-Theater-Marathon „Mount Olympus“ und mit Schauspielproduktionen, bei denen unter anderen die Regisseure Frank Castorf („Tschewengur“), Falk Richter („Citta del Vaticano“), Kornel Mundruczo („Scheinleben“) und Simon McBurney („The Encounter“) Arbeiten präsentieren werden.

„Into the City“ widmet sich „Universal Hospitality“

Konstantin Bogomolov zeigt „Ein idealer Gatte“. „Das ist eine satirische Enzyklopädie des modernen Russland und hat praktisch nichts mit Oscar Wilde zu tun“, so Davydova, die überdies eine umfangreiche Personale mit Videoarbeiten der israelischen Künstlerin Sigalit Landau als „vielleicht spannendsten Event des Festivals“ ankündigte. Dieser wird im Künstlerhaus stattfinden, das erneut als Festwochen-Zentrum fungieren wird. „Das hat sich sehr bewährt und ist nicht mehr wegzudenken“, sagte Hinterhäuser.

Die Reihe „Into the City“ widmet sich unter dem Begriff „Universal Hospitality“ unter anderem mit einem großen Ausstellungsprogramm in der Alten Post den aktuellen politischen Verwerfungen und „versucht damit einen gesellschaftlichen Diskurs mit anzuregen“, so Kurator Wolfgang Schlag.

Kartenbestellung gestartet

Ab sofort könne man Karten bestellen, hob Geschäftsführer Wolfgang Wais hervor. Das Gesamtbudget beträgt laut Wais 14,4 Mio. Euro, 3,5 Mio. kommen aus Einnahmen, 10,9 Mio. sind Subventionen seitens der Stadt Wien.

„Was uns Hoffnung im finanziellen Bereich macht, ist die Absetzbarkeit von Spenden an Kulturinstitutionen ab dem nächsten Jahr. Das wird es uns, glaube ich, einfacher machen können, Menschen zu bewegen, uns finanziell zu unterstützen“, meinte Wais. Die Festwochen-Eröffnung findet nach dem einmaligen Intermezzo im Schlosspark Schönbrunn am 13. Mai 2016 wieder auf dem Rathausplatz statt. Wais: „Wir arbeiten noch intensiv daran, was sie dort erleben werden.“

Konzerte als Zeichen gegen Terror

„Wie feiert man Feste in Zeiten wie diesen?“ Musikverein-Chef Thomas Angyan kündigte am Mittwoch angesichts der Weltlage und der Anschläge in Paris unter anderem musikalische Statements bei den Festwochen-Konzerten 2016 an - mehr dazu in Festwochen: Konzerte als Zeichen gegen Terror.

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