Fall Leonie: Eltern werden angeklagt

Im Fall Leonie - die Zweijährige ist im Vorjahr nach einer brennheißen Dusche gestorben - werden beide Eltern angeklagt. Das hat die Staatsanwaltschaft Wien am Mittwoch bestätigt. Ihnen drohen mehrjährige Haftstrafen.

Die Eltern werden wegen Quälen oder Vernachlässigen unmündiger, jüngerer oder wehrloser Personen angeklagt, bestätigte Nina Bussek von der Wiener Staatsanwaltschaft gegenüber wien.ORF.at.

Anklage noch nicht rechtskräftig

Dem Anklagevorwurf liegt zugrunde, dass der Vater die damals zweijährige Leonie mit zu heißem Wasser abgeduscht habe, wodurch sie schwere Verbrühungen erlitt und in weiterer Folge verstarb, heißt es von der Staatsanwaltschaft. Beiden Elternteilen wird überdies vorgeworfen, das verletzte Kind nicht unverzüglich in ärztliche Versorgung übergeben zu haben.

Die Strafdrohung liegt für den Vater des Mädchens bei einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe und bei der Mutter des Kindes bei bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe. Die Anklage ist noch nicht rechtskräftig. Die Angeklagten haben das Recht, innerhalb von 14 Tagen ab Zustellung der Anklageschrift Einspruch bei Gericht zu erheben.

Strafverteidiger muss erst Anklage prüfen

Der Wiener Strafverteidiger Roland Friis, der den Vater von Leonie vertritt, hat die Anklageschrift noch nicht in Händen und will deren Inhalt erst prüfen, bevor er eine Stellungnahme abgibt. Für ihn hätten die Gutachten der vergangenen Monate eher in eine andere Richtung gewiesen, „aber es liegt im Ermessen der Staatsanwaltschaft“, sagte Friis.

Warmwasserboiler laut Gutachten defekt

Der 26-jährige Vater war ursprünglich verdächtigt worden, das Kind im Oktober 2014 im Zuge einer erzieherischen Maßnahme mit heißem Wasser abgeduscht zu haben. Bei den Erhebungen stellte sich dann aber heraus, dass der Warmwasserboiler in der Wohnung in Wien-Floridsdorf defekt war. Die Temperatur ließ sich nicht verstellen, der Boiler erhitzte das Wasser immer durchgehend auf 72 Grad - mehr dazu in „Strafdusche“: Zweijährige gestorben.

Laut einem ersten gerichtsmedizinischen Gutachten waren die Verletzungen, die das Mädchen von dem heißen Wasser davontrug, ihrer allgemeinen Art nach nicht lebensbedrohlich. Es sei „nicht auszuschließen“, dass das Kind an den Folgen einer medikamenteninduzierten Schädigung der Leber im Zuge der Spitalsbehandlung starb, heißt es in der Expertise - mehr dazu in Fall Leonie: Kein Beweis für tödliche Verbrühung.

Ein Ergänzungsgutachten sollte die Frage klären, wie es sich ausgewirkt hätte, wenn „die Eltern nicht erst nach 28 Stunden ärztliche Hilfe in Anspruch genommen hätten“. Der späte Behandlungsbeginn war laut Gutachten nicht kausal für den Todeseintritt. „Ein Einfluss des verzögerten Behandlungsbeginns auf den Todeseintritt ist nicht nachweisbar“, lautet der Kernsatz der Expertise - mehr dazu in Leonie Neues Gutachten im Fall Leonie.