Mehrheit der Flüchtlinge hat Ausbildung

61 Prozent von rund 900 Asylberechtigten verfügen über eine Berufsausbildung, Matura oder ein Studium. Zu diesem Ergebnis kommt das Wiener Arbeitsmarktservice (AMS) bei seinem erstmalig durchgeführten Kompetenzcheck.

Die 447 Frauen waren deutlich besser qualifiziert als die 451 Männer. 21 Prozent der Teilnehmer stammten aus Syrien, elf Prozent aus dem Iran, vier Prozent aus dem Irak, 26 Prozent aus Afghanistan und 38 Prozent waren sonstige Nationalitäten.

Nach Herkunftsländern betrachtet weisen die Flüchtlinge aus Syrien, dem Iran und Irak die höchste Qualifikation auf. So besitzen 67 Prozent aus Syrien, sogar 90 Prozent der Teilnehmer aus dem Iran und 73 Prozent aus dem Irak eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung, das heißt sie haben entweder Studium, Matura oder eine Berufsausbildung.

Ausbildung von Asylberechtigten

APA/Walter Longauer

Afghanen haben größten Aufholbedarf

Am schlechtesten qualifiziert sind die Kompetenzcheck-Teilnehmer aus Afghanistan: Nur 26 Prozent von ihnen haben eine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung, 25 Prozent haben die Pflichtschule, 20 Prozent die Grundschule besucht und 30 Prozent haben keine formale Schulbildung (davon sind rund ein Drittel Analphabeten).

Für den AMS-Vorstand Johannes Kopf ist die ermittelte Qualifikationsstruktur der Asylberechtigten im Vergleich zum Herkunftsland „nicht unplausibel“. Syrien und Irak hätten vor dem Krieg ein gutes Schul- und Ausbildungssystem gehabt. In Afghanistan gebe es seit 40 Jahren Krieg mit fatalen Auswirkungen für das Bildungssystem, betonte Kopf. Die Ausbildung der syrischen Flüchtlinge würde bei Studium und Matura „deutlich über der Bevölkerung von Österreich“ liegen, betonte Kopf.

Check soll „eine Tendenz zeigen“

Das Pilotprojekt „Kompetenzcheck“ des AMS Wien bei 898 Asylberechtigten war keine repräsentative Ausbildungserhebung von allen anerkannten Flüchtlingen, soll aber „eine Tendenz zeigen“. Ziel ist es, die beruflichen Fähigkeiten besser zu erfassen und dadurch die Integration von Asylberechtigten in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Das Projekt wurde von Ende August bis Mitte Dezember durchgeführt und dauerte pro Person rund fünf Wochen. Das AMS führte die Checks nicht selbst durch, sondern beauftragte mehrere NGOs.

Die Kurse mit muttersprachlichen Trainer bestanden aus Gruppen- und Einzeleinheiten mit praktischer Erprobung. Es habe „nicht besondere Kriterien“ gegeben, wie die Personen im Herbst ausgewählt wurden, erklärte AMS-Wien-Chefin Petra Draxl bei der Präsentation der Ergebnisse. Sie bezeichnete die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt zum Teil als „Langzeitprojekt“ - mehr dazu in AMS-Chefin: Integration ist „Langfristprojekt“.

AMS-Chef Kopf sieht „Herkulesaufgabe“

Das AMS und Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) rechnen heuer mit rund 30.000 weiteren Asylberechtigten, die auf den österreichischen Arbeitsmarkt drängen. Im Schnitt waren 2015 rund 17.300 Asylberechtigte auf Jobsuche. Derzeit gibt es rund 14.000 arbeitslos gemeldete Flüchtlinge allein in Wien - mehr dazu in WIFO: Arbeitslosigkeit wächst langsamer.

AMS-Chef Kopf ist für die Integration von anerkannten Flüchtlingen in den heimischen Arbeitsmarkt „vorsichtig optimistisch“. Es sei aber eine „Herkulesaufgabe“, sagte er bei der Präsentation des Flüchtlings-„Kompetenzchecks“ am Dienstag. Bei Asylberechtigen aus Syrien, Irak und Iran gebe es „optimistisch stimmende Ergebnisse“, bei Personen aus Afghanistan aber „bedrückende Ergebnisse“. Die Kompetenzchecks sollen nun auch auf andere Bundesländer ausgeweitet werden.

Was können Asylberechtigte?

Viele Flüchtlinge haben ihre Zeugnisse auf ihrer Flucht nicht mitgenommen. Ihnen soll über dieses Pilotprojekt, das noch heuer in einen Regelbetrieb übergehen soll, eine raschere Integration in den Arbeitsmarkt ermöglicht werden. Zusätzlich wurden sie über die Jobsuche sowie über Rechte und Pflichten von Arbeitnehmern in Österreich informiert.

Bis zu 12.000 Asylberechtigte allein in Wien sollen heuer diese Checks durchlaufen. So viele Asylberechtigte sind derzeit beim Wiener AMS als arbeitssuchend registriert. Bei den Kompetenzchecks wird in fünfwöchigen Kursen geprüft, was die Asylberechtigten können, wo sie am Arbeitsmarkt am besten Fuß fassen können, beziehungsweise welche Schulungen sie noch brauchen.

Trennung nach Geschlechtern

Die Kurse für die Kompetenzchecks finden auf Arabisch, Farsi, Russisch und Französisch statt. Dass jene auf Arabisch und Farsi angebotenen Kurse nach Geschlechtern getrennt abgehalten werden - wie von Integrationsminister Sebastian Kurz (ÖVP) kritisiert - sei richtig, erklärte das AMS Wien - mehr dazu in AMS verteidigt getrennte Kompetenzchecks.

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