Flüchtlinge zeigen Handyvideos im Theater

Von den letzten Tagen und Wochen vor ihrer Flucht aus dem Irak und Syrien erzählen asylsuchende Künstler im neuen Stück „badluck“ im Theater Nestroyhof Hamakom. Unterstützt werden sie dabei von eigenen Handyvideos und Fotos.

Das Projekt, das am Donnerstagabend Premiere feierte, knüpft an die irakische Produktion „Bad Luck“ an. Dieses war in der Saison 2014/15 im National Theatre of Iraq in Bagdad uraufgeführt worden. Zwei Schauspieler aus der Originalbesetzung sind inzwischen Asylsuchende in Österreich und auch bei „badluck“ auf der Bühne. Geleitet wurde das Projekt von Karl Baratta und Natascha Soufi.

Flüchtlinge auf der Bühne im Theater Nestroyhof Hamakom

Natascha Soufi

Die Schauspieler erinnern sich an ihr „normales“ Leben vor der Flucht

„Wir wollten im Irak ein Stück zeigen, das die täglichen Probleme dort beschreibt und mit dem sich jeder identifizieren kann. Es gibt viele Schwierigkeiten im Irak, aber wir hatten nicht die Freiheit, über sie zu sprechen. Im Theater geht das einfacher“, erklärte der irakische Schauspieler Hayder Munsed zu Beginn des Stückes. Es folgte eine Videoeinspielung, in der Munseds Vater in den Trümmern des Hauses der Familie zu sehen ist. „In unserem Heim wurde eine Bombe gezündet, weil mein Sohn Theater spielt. Das ist der Preis, den wir dafür bezahlen mussten“, sagte er.

„Hatte Angst, dass man mir Hand abhackt“

Auch der Kameramann Hayder Al Chagovi teilt in seine Erinnerungen an seine Heimat mit den Besuchern. „Ich habe Fotos von Menschen, die geköpft wurden. Ich hatte Angst, dass man mir die Hand abhackt. Der Tod ist im Irak sehr hässlich. Können Sie mir helfen, diese Bilder aus meinem Kopf zu bekommen?“. Bilder und Videoausschnitte werden eingespielt. Sie zeigen die Situation nach einer Explosion, es herrscht Chaos und totale Zerstörung.

Nach der Invasion der USA in den Irak im Jahr 2003 habe der Filmemacher geglaubt, dass das Leben in seinem Land bald „wie im Himmel“ sein werde. Um seine Familie zu ernähren, nahm er Filmaufträge der US-Armee an. Als er und seine Familie bald darauf bedroht werden, beschließt er, zu fliehen. „Das war am 12. September 2015, an meinem Geburtstag. Es war aber kein fröhlicher Geburtstag, denn ich musste mich von meiner Heimat verabschieden.“

Flüchtlinge auf der Bühne im Theater Nestroyhof Hamakom

Natascha Soufi

Zwei der Schauspieler waren Teil der irakischen Original-Besetzung

Erinnerungen an „normales“ Leben

Wie viele ihrer Musikerkollegen hat auch die Sängerin Noor Al Khoury ihre Heimat Syrien verlassen. Zuvor versuchte sie lange, trotz der kriegerischen Auseinandersetzungen Konzerte zu geben. „Draußen fielen Bomben, ich hatte große Angst. Aber meine Familie und meine Freunde haben mich ermutigt, den Auftritt nicht abzusagen“, erinnerte sie sich und bot ein Lied aus diesem Konzert dar.

Dass er vor Kriegsbeginn ein ganz normales Leben führte, verdeutlichte auch der syrische Manager Wael Ibraheem. „Das hier ist meine Frau. 2001 habe ich sie zum ersten Mal getroffen. Sie ist die schönste Frau, die ich je gesehen habe“, erzählte er, als ein Bild seiner Ehefrau auf eine Leinwand projiziert wird. „Wir hatten für kurze Zeit Dates, haben uns dann aus den Augen verloren. Dann habe ich sie - Mark Zuckerberg sei Dank - über Facebook wieder gefunden. 2014 haben wir geheiratet“, berichtete er.

Termine

Weitere Vorstellungen von „badluck“ finden am 18. und 25. Februar sowie am 6. und 13. März im Theater Nestroyhof Hamakom in Wien statt. Eintritt: freie Spende zugunsten der mitwirkenden Asylsuchenden

Handyvideo zeigt zerbombtes Haus

Der Krieg sollte auch Ibraheems Leben verändern, wie eine Videoeinspielung mit einem zerbombten Haus zeigt. „Das ist die Straße in der ich lebte. Hier war ein Kindergarten, daneben eine Schule. Es war Sommer, als sich die Explosion ereignete. Ein Freund von mir starb, insgesamt haben wir 26 Menschen verloren“, erzählte er.

In „badluck“ möchte er auch als Vermittler auftreten. „Ich möchte Ihnen dabei helfen, die Stimmen jener Menschen zu hören, die in Syrien unter Folter gestorben sind und auch jener Menschen, die in den Gefängnissen Al Assads auf dasselbe Schicksal warten“, erklärte er dem Publikum in Bezug auf Syriens Präsidenten Bashar al-Assad.

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