Amerlinghaus sagt israelkritische Events ab

Das Veranstaltungszentrum Amerlinghaus sagt diese Woche gleich drei Events ab. Per offenem Brief hatten Kritiker gegen die Verbreitung von „eindeutig antisemitischem Gedankengut“ protestiert. Auch die Stadt machte Druck.

Konkret geht es um die Vorführung des Films „Das Recht der Macht“ von Raanan Alexandrowicz, eine Veranstaltung mit dem Jerusalemer Aktivisten Ofer Neiman und eine Diskussion über Chauvinismus und Rechtsextremismus in Deutschland aus deutsch-arabischer Perspektive. Die Kritik an den Veranstaltungen hatte sich daran entzündet, dass sie von der Gruppe BDS-Austria mitorganisiert wird, die mit wirtschaftlichem Druck auf Israel ein Ende der „fortdauernden Unterdrückung“ der Palästinenser erreichen will.

Amerlinghaus

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Die umstrittenen Veranstaltungen hätten im Amerlinghaus in Neubau stattfinden sollen

Offener Brief und Stadt für Absage

Eine Gruppe von Wissenschaftern, Künstlern und Politikern, darunter der Autor Robert Schindel, der Historiker Wolfgang Neugebauer, der Publizistikprofessor Maximilian Gottschlich, der KZ-Überlebende Rudolf Gelbard, der Grün-Politiker Marco Schreuder sowie die Wien-Anders-Chefin Julia Okropiridse, hatten am Montag in einem offenen Brief die Absage der Veranstaltungen gefordert. In ihrem Rahmen werde nämlich „eindeutig antisemitisches Gedankengut verbreitet“.

Auch die Stadt Wien selbst hatte sich für eine Absage der Veranstaltung stark gemacht. Denn die Veranstaltungen würden nicht den politischen Grundsätzen der Stadt entsprechen, wie es aus dem Büro der zuständigen Sandra Frauenberger (SPÖ) auf Radio-Wien-Anfrage hieß.

Subventionsstopp gefordert

Das Anliegen des offenen Briefes ging aber noch weiter: Die Stadt Wien solle dem Amerlinghaus die Subventionen streichen, wenn es BDS-Austria weiter seine Räumlichkeiten zur Verfügung stelle, hieß es in dem auch an Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und die Stadt gerichteten Brief.

Diese Forderung fand auch Unterstützung bei FPÖ und ÖVP. FPÖ-Stadtrat David Lasar und ÖVP-Klubobmann Manfred Juraczka verbanden ihre Empörung über den angeblich von BDS-Austria vertretenen „Antisemitismus“ mit Kritik am Amerlinghaus. Es schlage „dem Fass den Boden aus“, dass Antisemitismus in Räumlichkeiten zugelassen werde, „die nur dank Geld aus dem Steuertopf überhaupt überleben können“, teilte Lasar in einer Aussendung mit.

Juraczka bezeichnete es als „unfassbar“, dass durch die „chaotische“ Subventionspolitik von Rot-Grün „antisemitische Hetze (...) indirekt gefördert wird“. 2014 hatte das Amerlinghaus öffentlich mehr Geld gefordert - mehr dazu in Gezerre um das Amerlinghaus. Und schlussendlich auch bekommen - mehr dazu in Amerlinghaus: Stadt legt Geld drauf.

Auch Israel „kritisch beleuchten“

Der Vorstand des Amerlinghauses betonte in einer Stellungnahme, er spreche sich „entschieden und mit aller Vehemenz gegen jede Form des Antisemitismus“ aus. Schließlich seien mehrere Mitglieder des Vorstandes auch selbst Nachkommen von Holocaust-Opfern. „Gerade aus unserer Geschichte und aus dieser festen Überzeugung heraus sind wir überzeugt davon, dass auch die Politik des Staates Israel diskutiert und kritisch beleuchtet werden kann und darf.“

Weil ÖVP und FPÖ die Angelegenheit benutzen würden, um „das Amerlinghaus insgesamt anzugreifen und in seinem Bestand zu bedrohen“, habe man sich in Absprache mit den Veranstaltern entschlossen, die drei Veranstaltungen abzusagen. „Gleichzeitig denken wir, dass Diskussionen über die politische Lage in Israel richtig und wichtig sind und bedauern, dass diese nun durch Druck verhindert werden.“

Veranstaltung soll trotzdem stattfinden

Der Organisator BDS-Austria möchte die Veranstaltung aber trotzdem abhalten, wie ein Sprecher gegenüber Radio Wien betonte. Der Vortrag werde jedenfalls stattfinden, hieß es. Man habe auch schon eine Ausweichlocation gefunden. Diese bleibe allerdings erst einmal geheim. Dem Amerlinghaus sei man nicht böse, sondern habe Verständnis, dass dem „enormen politischen Druck“ nachgegeben werde.

Am Freitag ist am Stephansplatz zudem eine Kundgebung geplant, bei der auch die deutsche Holocaust-Überlebende und Aktivistin Hedy Epstein sprechen wird. Eine Veranstaltung mit ihr im Parlament war unlängst aufgrund massiver Kritik durch das Simon Wiesenthal Center abgesagt worden. Auch eine Gegenkundgebung ist bereits angemeldet.

BDS-Austria seit 2014 aktiv

Die österreichische BDS-Sektion ist nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2014 aktiv. Ziel der Bewegung sei es, „die fortdauernde Unterdrückung und Diskriminierung von PalästinenserInnen zu beenden, damit alle Menschen in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten unabhängig von religiöser oder anderer Zugehörigkeiten gleichberechtigt und in Würde in ihrer Heimat leben können“, heißt es auf der BDS-Austria-Homepage.

Im Jahr 2005 ins Leben gerufen, hat sich die vor allem von Studenten getragene Bewegung zum Ziel gemacht, Israel durch einen Warenboykott, dem Aufruf zum Rückzug von Investitionen sowie mit Sanktionen zu einer anderen Politik gegenüber den Palästinensern zu bringen. Kritikern zufolge vertreten viele BDS-Aktivisten auch antisemitisches und islamistisches Gedankengut und haben sich in Wirklichkeit die Abschaffung Israels zum Ziel gesetzt.

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