SPÖ-Maiaufmarsch: Faymann verteidigt Asyl-Kurs

Kanzler und SPÖ-Parteichef Werner Faymann hat beim Maiaufmarsch der SPÖ am Rathausplatz seinen Kurs in der Flüchtlingsfrage in knappen Worten verteidigt. Wehren musste er sich gegen lautstarke Pfiffe und Buhrufe.

Faymann plädierte angesichts der Flügelkämpfe innerhalb der Roten für einen „gemeinsamen Weg“ für ein „faires, sozial gerechtes Österreich“ und für die „Rechte der Arbeiter“. Man habe im Vorjahr vielen Flüchtlingen geholfen, worauf man auch stolz sei, betonte der Parteivorsitzende am Wiener Rathausplatz.

Allerdings habe es in der Folge auch Gesetze und Maßnahmen gebraucht, die „Ordnung und Menschlichkeit“ brächten, bemühte sich Faymann bei den insgesamt rund 80.000 erschienenen Genossen um Verständnis für die kürzlich vorgenommenen Asylgesetzverschärfungen der Regierung.

Gellendes Pfeifkonzert

Der diesbezügliche Erfolg hielt sich allerdings in Grenzen. Faymanns rund fünfminütige Rede, in der er gegen Ende „die, die kritisieren und die, die unterstützen“ um einen „gemeinsamen Weg“ bat, wurde durchgehend von einem lauten Pfeifkonzert und Buhrufen sowie hochgehaltenen „Rücktritt“-Taferln begleitet.

Der Moderator der Veranstaltung sah sich gar genötigt, die Protestaktivisten um Fairness gegenüber dem „Genossen Faymann“ zu bitten. Schilder mit „Werner, der Kurs stimmt!“ signalisierten indes Unterstützung für den Parteichef.

„Kritik muss man aushalten“

Trotz der lautstarken Unmutsbekundungen inklusive Rücktrittsaufforderungen denkt Faymann nicht an Rückzug. „Kritik muss man aushalten und ernst nehmen, aber der Kurs ist richtig“, sagte Faymann in einem Interview mit dem ORF am Sonntag.

Als Kanzler gehe es nicht darum, „es jedem Recht zu machen“, sondern aus Überzeugung zu handeln. Er vertrete in der Flüchtlingsfrage einen Standpunkt, „den viele nicht wollen“, und diese hätten eben ihren Unmut auch zum Ausdruck gebracht. Die Linie stimme aber. Teile seiner Partei sähen das anders - aber: „Das ist erlaubt.“ Die SPÖ sei schließlich eine Partei mit großer Breite.

Über Rücktritt will Faymann nicht nachdenken: „Ein Bundeskanzler, der sich von kritischen Diskussionen zurückdrängen lässt, hätte erst gar nicht Bundeskanzler werden sollen.“ Auch der schon wiederholt geforderten Vorverlegung des für November anberaumten Parteitags - hier hofft Faymann auf Bestätigung als SPÖ-Chef - will der Bundesvorsitzende nicht nachkommen. Überhaupt gelte es Meinungsverschiedenheiten auszudiskutieren. „Wir haben nichts davon, wenn wir das unter den Teppich kehren und das stattdessen in eine Personaldiskussion umwandeln.“ Denn „Abputzen, egal auf wen, ist keine Lösung“.

Die Strategiedebatte müsse allerdings respektvoll geführt werden. „Wenn man pfeift, kann man nicht zuhören“, richtete Faymann den lautstarken Kritikern aus. Außerdem habe er heute auch zahlreiche Unterstützungsbekundungen vernommen, versicherte der Kanzler. Am Ende werde eine Mehrheit Entscheidungen treffen, und an diese müsse sich dann auch die Minderheit halten, so Faymann. Was die Frage der Lockerung des Nein in Sachen Kooperation mit der FPÖ anbelangt, bekräftigte der SPÖ-Chef seine Ablehnung. Er sei gegen Rot-Blau, mit ihm werde es das nicht geben.

Häupl fordert inhaltliche Diskussion

Wiens Bürgermeister und Landesparteivorsitzender Michael Häupl betonte die Notwendigkeit einer inhaltlichen Diskussion statt „vordergründiger Personaldebatten“. Während Häupls Rede verstummten die Protestäußerungen. Einen Zwischenrufer fertige der Stadtchef mit den Worten „Hör mir zu und plärr net umadum“ ab.

Angesichts der Stärke der FPÖ müsse man sich auch die Frage stellen: „Wie halten wir’s denn mit dieser Freiheitlichen Partei?“ Wobei Häupl gleich klarstellte, dass es „unzählige Gründe gibt, keine Regierungszusammenarbeit mit dieser Freiheitlichen Partei zu machen“ - was dem Bürgermeister kräftigen Applaus einbrachte.

SPÖ Faymann Häupl Maiaufmarsch

APA/HANS PUNZ

Häupl äußerte zudem eine klare Wahlempfehlung für den grünen Präsidentschaftskandidaten Alexander Van der Bellen. Denn jemand, der „ein gestörtes Verhältnis“ zu Österreich habe, könne nicht gewählt werden: „Das ist mit den Werten der Sozialdemokratie unvereinbar.“

Pfiffe auch gegen ÖGB-Präsident

Mit Pfiffen sah sich kurzzeitig auch ÖGB-Präsident Erich Foglar konfrontiert. Er hatte jüngst angeregt, über das strikte Nein im Umgang mit den Blauen nachzudenken. Wobei Foglar ebenfalls seine Unterstützung für Van der Bellen kundtat. Zudem zeigte er sich kämpferisch hinsichtlich der Anliegen der Arbeiter, erteilte Kürzungs- und Deckelungsplänen der ÖVP in Sachen Mindestsicherung eine Absage und freute sich über die Anfang 2016 in Kraft getretene Steuerreform.

Finanzstadträtin und Wiener SPÖ-Frauen-Vorsitzende Renate Brauner sprach sich angesichts des dramatischen Wahlausgangs am vergangenen Sonntag ebenfalls für Profilschärfung und Strategiearbeit aus. Sie verwies zugleich auf die Wien-Wahl 2015, wo die Roten mit Haltung und gegen Hetze ein gutes Ergebnis erzielt hätten.

Was Gewalt gegen Frauen anbelangt, sagte Brauner: „Wir verurteilen alle Täter - egal, wer sie sind und woher sie kommen.“ Denn dieses Thema dürfe nicht missbraucht werden von „rassistischen Hetzern“ und „Heuchlern“, die sich jahrelang über Schutzmaßnahmen und Gesetze für Frauen lustig gemacht hätten und nun die Frauenrechtler mimten.

Pro und Contra „Werner“

Die rote Basis lieferte sich zuvor auf dem Rathausplatz bereits einen Schlagabtausch rund um die Kritik an Kanzler Faymann. Von der Rücktrittsaufforderung bis hin zur demonstrativen Unterstützung reichte die Palette. Kritische Botschaften hatte wie erwartet die Parteijugend im Gepäck, die SJ thematisierte etwa das Verhältnis Faymanns zur „Kronen Zeitung“.

Auch das vom Wiener Landesparteitag bekannte „Team Haltung“ trat auf und verteilte Flyer, auf denen der Rücktritt des Parteivorsitzenden und eine „inhaltliche und personelle Neuaufstellung der Partei“ gefordert wurde. „18 Niederlagen sind genug“, „Solidarität statt Zäune“ oder „Anstand statt Notstand“ richtete das rote Parteivolk seinem Chef auch aus. Die Sektion 8 im Alsergrund ließ auf Transparenten wissen: „Sektion 8 Rebellen wählen Van der Bellen“.

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Gleich daneben aber wurde die Flagge für Faymann hochgehalten. „Wien für Werner“ hieß die Devise. Wenig überraschend hatten auch Faymanns Parteifreunde aus dem 23. Wiener Gemeindebezirk diese Tafeln dabei. Mitten drin: Der Vorsitzende selbst, begleitet von Kanzleramtsminister Josef Ostermayer und Nationalratspräsidentin Doris Bures.

Das Motto der Kundgebung lautete heuer „Unsere Stärke: Sozialer Zusammenhalt!“. Seit dem Richtungsschwenk der Bundespartei in der Flüchtlingsfrage und noch mehr seit dem katastrophalen Abschneiden von Präsidentschaftskandidat Rudolf Hundstorfer rumort es in der SPÖ gewaltig - Personaldebatte inklusive - mehr dazu in Häupl stärkt Faymann den Rücken und SPÖ-Streit geht in die nächste Runde.

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