Mord in Ottakring: U-Haft verhängt

Über den 21-Jährigen, der am Brunnenmarkt eine Frau mit einer Eisenstange erschlagen haben soll, ist nun U-Haft verhängt worden. Die Volksanwaltschaft prüft indes die Polizei und ist sicher, der Mord hätte verhindert werden können.

Die Polizei hat ihre Ermittlungen abgeschlossen und den Verdächtigen der Justiz übergeben. Nun wurde über den 21-jährigen Kenianer U-Haft verhängt. Er befindet sich bereits in der Justizanstalt Josefstadt. Offenbar geht man derzeit nicht davon aus, dass es sein psychischer Zustand erforderlich macht, ihn im Otto-Wagner-Spital (OSW) unterzubringen, wo psychotische Verdächtige vorläufig angehalten werden können.

Die Entscheidung des Haft- und Rechtschutzrichters, U-Haft zu verhängen, sei insofern nicht überraschend, als bei Mordverdacht die bedingt obligatorische U-Haft vorgesehen ist. „Überdies wird in diesem Fall auch von Tatbegehungsgefahr auszugehen sein“, sagte die Sprecherin des Wiener Straflandesgerichts, Christina Salzborn. Die U-Haft ist vorerst bis 20. Mai rechtswirksam.

Psychiatrisches Gutachten wird eingeholt

Der 21-Jährige zeigte sich bei seiner ersten justiziellen Befragung grundsätzlich „einvernahmefähig“, bemerkte die Gerichtssprecherin: „Er bestreitet aber nach wie vor, am Tatort gewesen zu sein.“ Der Verdächtige wird sowohl von Spuren als auch Augenzeugen des blutigen Geschehens belastet.

Klar ist allerdings, dass ein psychiatrisches Gutachten zur Klärung der Frage eingeholt werden muss, inwieweit der Mann zum Tatzeitpunkt zurechnungsfähig war. Der Kenianer war kein Unbekannter. Er ist wegen mehrerer Delikte, darunter auch Körperverletzung, angezeigt worden - mehr dazu in Frau mit Eisenstange erschlagen: Motiv unklar und in Mord mit Eisenstange: Verdächtiger schweigt.

Laut Staatsanwaltschaft waren die Vergehen vor dem Mord aber nicht schwer genug, um eine Untersuchungshaft zu rechtfertigen. Jetzt ist allerdings aus psychologischer Sicht auch die Frage aufgetaucht, ob der Gesundheitszustand des Mannes nicht schon früher untersucht werden hätte müssen - mehr dazu in Brunnenmarkt-Mord: Volksanwaltschaft prüft (oe1.ORF.at).

„Stammkunde“ in Polizeiinspektion Brunnengasse

Nach dem Mord am Brunnenmarkt wurde bekannt, dass der 21-Jährige am Brunnenmarkt seit längerem als Unruhestifter bekannt bzw. gefürchtet war. Er lebte dort als Obdachloser und soll mit gewalttätigem Verhalten und als Cannabis-Straßenverkäufer eine Art „Stammkunde“ der Polizeiinspektion Brunnengasse gewesen sein.

Nach zwei gerichtlichen Verurteilungen - zuletzt hatte er 2013 acht Monate teilbedingt kassiert, wovon er zwei Monate absitzen musste - attackierte er im Vorjahr erstmals einen Mann mit einer Eisenstange. Dabei blieb es jedoch bei einer leichten Körperverletzung. „Zudem ist der Vorfall erst drei Wochen nach der Tat angezeigt worden“, berichtete Staatsanwaltschafts-Sprecherin Nina Bussek. Daher habe es aus damaliger Sicht keinen Grund gegeben, den 21-Jährigen in Haft zu nehmen: „Es hat sich um ein bezirksgerichtliches Delikt gehandelt.“

Für die Justiz war der 21-Jährige mangels einer Meldeadresse nicht mehr greifbar, behördliche Post konnte ihm nicht zugestellt werden. Er war daher zur Aufenthaltsermittlung ausgeschrieben. Dass er keineswegs untergetaucht war, sondern am Brunnenmarkt regelmäßig als Störenfried in Erscheinung trat, sprach sich offenbar nicht bis zur Justiz durch. Die Polizei teilte ihm bei Kontrollen zwar mit, dass er von der Staatsanwaltschaft gesucht wird. Das dürfte den 21-Jährigen aber nicht interessiert haben.

Volksanwalt leitet Prüfverfahren ein

Der Mord hätte verhindert werden können, gibt sich hingegen Volksanwalt Peter Fichtenbauer überzeugt. Er kritisierte am Freitag, dass die zuständigen Stellen zu lange zugesehen haben: „Der Mann ist laut Medienberichten wegen zahlreicher Delikte vorbestraft. Da Visa nur sehr kurze Zeit gelten, gehe ich davon aus, dass der mutmaßliche Täter seit fast acht (!) Jahren unrechtmäßig in Österreich aufhältig ist“, so der Volksanwalt.

Dass der Mann zuletzt nicht auffindbar gewesen sein soll, ist für Fichtenbauer nicht nachvollziehbar, war er doch immer wieder wegen verschiedener Delikte in Kontakt mit der Polizei. „Was die Polizei in all den Jahren sowohl in kriminalpolizeilicher als auch in fremdenpolizeilicher Hinsicht unternommen hat, ist unklar und wird untersucht“, kündigte Fichtenbauer an.

Für den Volksanwalt ist klar, dass die Behörden einen jahrelangen unrechtmäßigen Aufenthalt in Österreich, der noch dazu mit zahlreichen Straffälligkeiten einherging, nicht akzeptieren dürfen: „Gibt es kein Rücknahmeabkommen mit Kenia, so hat sich das Bundesministerium für Inneres dafür einzusetzen“, so Fichtenbauer.

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