Aufruhr um Josefstadt-Glaspalast

Ein internationales Verkaufsverfahren für Harry Glücks „Glaspalast“ an der Zweierlinie in der Rathausstraße 1 ist gestartet. Ein neues Büro- und Geschäftshaus soll entstehen. Der Bezirk Josefstadt ist über die Pläne empört.

„Verkauft würde im Falle eines Zuschlags an einen Interessenten entweder das Baurecht oder die zur WSE (Wiener Standortentwicklung GmbH) gehörende Projektgesellschaft, die das Baurecht innehat“, versicherte Wien Holding-Geschäftsführerin Sigrid Oblak. Die WSE steht im Eigentum der städtischen Wien-Holding. Die Stadt Wien soll jedenfalls auch weiterhin Eigentümerin der Liegenschaft bleiben.

„Wir haben seit Mitte Juni einen rechtsgültigen Baubescheid auf Basis des internationalen Architekturwettbewerbs vorliegen. Damit können wir jetzt konkret mit der Verwertung des Projektes beginnen“, so WSE-Geschäftsführer Stephan Barasits. Aufgrund der Marktlage habe man sich zu einem Verkaufsverfahren entschieden - und nicht dazu, das Vorhaben selbst zu realisieren: „Wir nehmen ein verstärktes Interesse von Nutzern und Investoren wahr, die das Projekt selbst entwickeln und umsetzen wollen.“

Ehemaliges Rechenzentrum der Stadt Wien

APA/Helmut Fohringer

Abriss seit 2014 verzögert

Ursprünglich war der Abriss für 2014 geplant. Dass dieser noch nicht erfolgt ist, hatte zwei Gründe: Die Vermietungsquote des künftigen Gebäudes müsse mindestens 75 Prozent betragen, lautete damals die Bedingung der WSE. Bevor dieser Wert nicht erreicht ist, wollte man nicht bauen. Bisher wurde laut WSE kein einziger Mietvertrag abgeschlossen.

Der zweite Grund für die Verzögerung lag im Baubescheid: Denn um diesen für das neue Bürohaus inklusive der unterirdischen Parkplätze zu erlangen, waren geringfügige Änderungen in der Flächenwidmung notwendig. Und für diese brauchte es die Zustimmung der beiden betroffenen Bezirke Innere Stadt und Josefstadt. Von letzterem gab es letztlich eine Zustimmung, als die Forderung hinsichtlich des freien Blicks von der Josefstädter Straße auf den Stephansdom erfüllt wurde - mehr dazu in „Glaspalast“: Steffl-Blick bleibt frei.

Glaspalast-Nachfolgegebäude NEUE Visualisierung

APA/SCHUBERT UND SCHUBERTH ZT-KG

Alle Behördenwege erledigt

Seit Juni liegt nun der Baubescheid für ein fertig geplantes Projekt vor. Die WSE geht davon aus, dass der Investor das Projekt so umsetzen wird. Schließlich seien alle erforderlichen Behördenwege erledigt: „Es liegen alle Genehmigungen vor, man kann sofort anfangen.“ Zur Umsetzung verpflichtet ist der neue Eigentümer, der bis Jahresende gefunden werden soll, allerdings nicht. In so einem Fall müsste er das Genehmigungsprozedere aber von Neuem durchlaufen.

Bezirk wirft Stadt „Planlosigkeit“ vor

Der Verkauf des Baurechts stößt nun aber im Bezirk Josefstadt auf wenig Gegenliebe. „Ich bin wirklich empört, wie planlos und unverantwortlich mit einer wichtigen Liegenschaft der Stadt Wien umgegangen wird,“ kritisierte Bezirksvorsteherin Veronika Mickel-Göttfert (ÖVP). Sie mutmaßte, dass aufgrund „unrealistischer Preise“ offensichtlich kein Mieter gefunden werden konnte. Nun habe sich die Wien Holding entschlossen, das Projekt Rathausstraße 1 zu verkaufen.

Das Projekt sei von Anfang an von Fehlplanungen begleitet gewesen, ärgerte sich die Bezirksvorsteherin. Die geplante Nachnutzung sollte im Interesse der Bürger erfolgen, beispielsweise im Kultur- oder Bildungsbereich - mehr dazu in „Glaspalast“: Josefstadt für Neubau. Eine Forderung, die sie nun wiederholte: „Wir haben uns auch stark für eine Nachnutzung eingesetzt, da uns klar war, dass das Projekt in jetziger Form wirtschaftlich nicht tragbar ist.“

Mickel-Göttfert will daher „zurück an den Start“ und forderte eine Neubehandlung durch den Gemeinderat: „Denn wie kann es sein, dass ein Vertrag, der zwischen der Stadt Wien und der Wien Holding geschlossen wurde, ohne jede weitere Beratung einfach weitergegeben wird?“ Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) solle das Vorkaufsrecht der Stadt wahrnehmen.

Jahrelanges Tauziehen um Abriss

Im Dezember 2013 wurde erstmals vermeldet, dass das ehemalige städtische Rechenzentrum das Ende seiner Lebenszeit erreicht habe - mehr dazu in „Glaspalast“ wird abgerissen. Es wurde vermeldet, dass der Glaspalast 2015 abgerissen wird - mehr dazu in „Glaspalast“: Abriss startet Anfang 2015, dann wieder doch erst 2016 - mehr dazu in „Glaspalast“-Abriss erst 2016.