Amateurfunk: Rauschfrei und unabhängig

Wenn überall die Lichter ausgehen und die Handys keinen Empfang mehr haben, senden Funkamateure Nachrichten bis zum Mond. In Wien funken derzeit rund 1.500 Menschen - im Katastrophenfall kann das Hobby Leben retten.

Durch das Internet, den Mobilfunk und das Telefon ist die Welt von heute gut vernetzt. Doch diese Systeme sind fragiler, als man glaubt. Ein beschädigter Sendemast, ein Großereignis oder eine Lawine und das Netz ist überlastet. Bei einem großflächigen Stromausfall bricht es ganz in sich zusammen. Nur wer über ein Funkgerät verfügt und damit umzugehen weiß, ist dann noch erreichbar. Der Österreichische Versuchssenderverband (ÖVSV) ist ein Verein für solche Funk-Amateure. In Wien gibt es derzeit rund 1.500 Funkamateure.

Amateurfunker

ÖVSV

Auch mit kleinen Geräten lassen sich entlegene Gebiete erreichen

Funken bis zum Mond und darüber hinaus

Nur etwa ein Drittel der 1.500 Funker sind regelmäßig aktiv, doch sie alle eint die Faszination für globale Kommunikationsmöglichkeiten - unabhängig von Internet, Handy und Telefon. Michael Kastelic, Vizepräsident des ÖVSV, spricht von weltweiten Freundschaften und Fremdsprachenkenntnissen, die er durch den Amateurfunk pflegen kann. Darüber hinaus können Funkamateure in Katastrophenfällen Hilfe rufen, Kontakt zu Angehörigen herstellen und vieles mehr.

Nicht nur die soziale, auch die „technische Mannigfaltigkeit“ reizt Kastelic. So kann man beispielsweise den Mond als Reflektor für die Funkwelle benutzen und eine sogenannte Erde-Mond-Erde-Funkverbindung herstellen. Oder man kann die ISS, die internationale Raumstation, direkt anfunken und mit dem Astronauten plaudern. Diese Art der Funkverbindung ist selten und unter Hobbyfunkern daher heiß begehrt. Auch Verbindungen zu Ländern mit wenigen Funkamateuren werden gerne gesammelt.

Funkstelle

ÖVSV

Amateurfunkstationen können mitunter sehr ausgeklügelt sein

Amateurfunkgeräte sind oft selbst gebaut

Dieses Sammeln und Jagen von weit entfernten Funkverbindungen nennt man „DXen“. Erfolgreich hergestellte Funkverbindungen werden auf so genannten „QSL-Karten“ verzeichnet. Die Buchstabenkombination „QSL“ stammt aus der Morsetelegrafie und steht für die Bestätigung einer erfolgreich hergestellten Funkverbindung. Das Erlernen von Morsecodes ist jedoch seit 2003 nicht mehr Voraussetzung für die Lizenzvergabe als anerkannter Amateurfunker.

Viele Funkgeräte sind selbst gebaut. So lässt sich das Gerät am Besten auf die persönlichen Bedürfnisse des Funkers anpassen. Ob möglichst rauschfrei, große Reichweiten um die halbe Welt und darüber hinaus oder mobile Stationen für den Einsatz auf Reisen und unabhängig vom Stromnetz, alles ist möglich. Umso länger man sich mit dem Amateurfunk beschäftigt, desto größer das technische Know-How und die Neugier nach erweiterten Kommunikationsmöglichkeiten, sind die Funker überzeugt.

Auto mit Funkantenne

ÖVSV

Hier wurde ein Auto in eine mobile Funkstation umgewandelt

Bei Katastrophen einziger Kontakt zur Außenwelt

Diese Neugier und technische Versiertheit macht sich in Katastrophenfällen bezahlt: Während der Lawinenkatastrophe von Galtür im Jahr 1999 stellte die Kurzwellen-Funkverbindung zwischen dem österreichischen Roten Kreuz und dem Gemeindearzt und Funkamateur Walter Köck die einzige Verbindung zur Außenwelt für das Bergdorf dar. Auch während der Jugoslawienkriege konnten dank Funkamateuren Verbindungen zwischen Menschen im Kriegsgebiet und deren Familien in Österreich hergestellt werden.

Als 2004 ein Seebeben der Stärke 9,1 vor der indonesischen Insel Sumatra mehrere Tsunamis auslöste, war neben Indonesien auch Indien von den schweren Überschwemmungen betroffen. Die Zerstörung war verheerend. Sämtliche Kommunikationsverbindungen waren für mehrere Tage unterbrochen. Nur mit Hilfe der Amateurfunkstation VU4RBI konnte in Indien ein Notfunkbetrieb eingerichtet und damit Rettungsaktionen koordiniert werden.

Non-Profit-Organisation erforscht Amateurfunk

Mit der Relevanz von Amateurfunk beschäftigt sich die Wiener Organisation DokuFunk. Dabei handelt es sich um die weltweit größte Einrichtung zur Erforschung der Geschichte des Funkwesens, mit den Schwerpunkten Rundfunk und Amateurfunk. Nach dem Motto: „Keine Zukunft ohne Herkunft“ werden über neun Millionen Objekte archivarisch und dokumentarisch betreut. Der gemeinnützige Verein sammelt und forscht seit über 30 Jahren in Zusammenarbeit mit Mitgliedern auf der ganzen Welt.

Um eine Lizenz als Amateurfunker in Österreich zu bekommen, muss man eine Prüfung beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) ablegen. Auch wenn Morsecodes nun nicht mehr zum Curriculum gehören, so muss doch einiges gelernt werden. Das Amateurfunkgesetz, der sachgemäße Betrieb eines Funkgeräts sowie technische Grundlagen seines Aufbaus werden vom BMVIT geprüft.

Frau mit Funkgerät

ÖVSV

Der ÖVSV möchte mehr Frauen für das Amateurfunken begeistern

Traditionell männliches Hobby

Besteht man den Test bekommt man ein Rufzeichen, eine individuelle Buchstaben- und Zahlenkombination, mit der man unter Amateurfunkern erkennbar und erreichbar ist. In Österreich beginnt dieses Rufzeichen immer mit „OE“. Danach folgt eine Zahl von eins bis neun für das jeweilige Bundesland.

Amateurfunken ist derzeit noch ein traditionell männliches Hobby. Der ÖVSV spricht von einem 80 bis 90 prozentigen Männeranteil. „Wir versuchen aber auch die Damen dafür zu begeistern“, verspricht Michael Kastelic.

Theresa Loibl, wien.ORF.at

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