„Alt Wien“: Standortübernahmen im Gespräch

Die Stadt Wien stellt die Förderungen für den Kindergartenbetreiber „Alt-Wien“ ein. Nun könnten private Betreiber manche Standorte von Alt-Wien übernehmen. Erste Gespräche dazu gibt es bereits.

Nach der gescheiterten Lösung für die „Alt-Wien“-Kindergärten will man sich in der zuständigen MA 10 für eventuell ähnliche Fälle in der Zukunft besser rüsten. „Wir werden das nächste Mal sicher schneller Daten verlangen und schneller auf schriftliche als auf mündliche Zusagen pochen“, sagte Abteilungsleiterin Daniela Cochlar am Freitag - mehr dazu in „Alt-Wien“: Rettung gescheitert.

„Waren vielleicht zu leichtgläubig“

„Wir waren vielleicht ein bisschen zu gutgläubig und haben Herrn (Vereinsverantwortlichen Richard, Anm.) Wenzel und seinen Rechtsvertretern zu sehr vertraut“, räumte Cochlar ein. Den Vorwurf der Opposition, man habe beim Krisenmanagement versagt, weist Cochlar aber zurück: „Ich kann versichern, dass wir sofort aktiv geworden sind, als klar wurde, dass es hier Probleme geben könnte.“

Sie selbst habe mit privaten Kindergartenträgern Kontakt aufgenommen zwecks freier Plätze und danach habe man Eltern und Medien informiert. Bis dahin habe es so ausgesehen, als werde man mit Wenzel bzw. dem Verein jedenfalls zu einer Lösung kommen.

Im Studio: MA10 Leiterin Daniela Cochlar

Daniela Cochlar ist die Leiterin der MA10. Im Studiogespräch mit Chefredakteur Paul Tesarek erklärt sie, wie es nun weitergehen soll.

Wiewohl die Causa „Alt-Wien“ ein besonderer Fall gewesen sei. „Normalerweise warten wir nicht so lange zu“, so die MA 10-Chefin. Wenn beispielsweise eine Jahresabrechnung - im „Alt-Wien“-Fall jene aus 2015 - fehlt, gebe es klare Vorgangsweisen, der recht bald zu einem Förderstopp führe. Hier sei man allerdings aufgrund der Größe des Trägers vor der „Gratwanderung zwischen ‚Bin ich jetzt überstreng‘ und ‚Oh Gott, hier geht es um 2.300 Kinder und 300 Mitarbeiter‘“. Diese Dimensionen seien auch für die MA 10 Neuland gewesen.

Opposition erneuert Kritik

Die Opposition erneuerte ihre Kritik am Freitag dennoch: FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache forderte von Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) die Einberufung eines Rundes Tisches für nächste Woche. Sein eigenes Personal, u.a. die für Kindergärten zuständigen SPÖ-Stadträtinnen Sandra Frauenberger und Sonja Wehsely, sei unfähig, deshalb müsse die Angelegenheit zur Chefsache erklärt werden, meinte er per Aussendung.

ÖVP-Chef Gernot Blümel bekräftigte, die Stadt habe die Situation „fahrlässig mitverursacht“, indem man jahrelang Millionenbeträge ohne Kontrolle an „Alt-Wien“ ausbezahlt habe. SPÖ-Landesparteisekretärin Sybille Straubinger sah das freilich anders: „Ohne die von der MA 10 eingesetzten Kontrollinstanzen wären die widmungswidrig eingesetzten Gelder der Alt-Wien-Kindergärten gar nicht erst aufgeflogen.“

Private Träger wollen Standorte übernehmen

Was die Zukunft der 33 Kindergärten anbelangt, hatte Wenzel angekündigt, im Fall eines Förderstopps zusperren zu wollen. Das wäre Ende August der Fall. Wenzel war am Freitag nicht erreichbar.

Infohotline der Stadt

Betroffene Eltern können sich an das Infotelefon (01 277 55 55) oder direkt an die zuständigen Servicestellen der MA 10 wenden.

Cochlar berichtete indes, dass sich bereits einige private Träger gemeldet hätten, um einzelne Standorte zu übernehmen. Hier brauche es allerdings eine Einigung mit „Alt-Wien“, weil einige Immobilien im Besitz der Familie Wenzel seien bzw. der Betreiber aufrechte Verträge mit externen Vermietern habe. Das sei juristisch nicht so einfach: „Wir vermitteln aber gerne.“

Die Stadt selber werde keine Standorte übernehmen, denn für öffentliche Kindergärten gebe es extrem strenge Auflagen etwa hinsichtlich Personal. „Wir könnten eine bisherige Leiterin wahrscheinlich gar nicht übernehmen“, Private seien hier viel wendiger und schneller.

Eltern wünschen sich Handlungsleitfaden

Von einem Aus der „Alt-Wien“-Kindergärten wären jedenfalls 2.276 Kinder betroffen, die dadurch ihre Betreuungsplätze verlieren. „Viele Eltern wissen nicht, was sie tun sollen. Ihr Kind abmelden und dann einen neuen Kindergartenplatz suchen oder zuerst suchen und dann abmelden oder noch zuwarten“, sagte Thomas Frizberg, ein betroffener Vater und Initiator der Eltern-Kundgebung vor dem Rathaus vergangene Woche, am Freitag. Daher würde man sich wünschen, dass die MA 10 einen Leitfaden veröffentlicht, um zu wissen, wie man am Besten vorgehen soll.

Was die Stimmung unter den Eltern anbelangt, so konstatierte Frizberg: „Mittlerweile ist der Status als ‚Verzweiflung‘ zu bezeichnen.“ Er persönlich verstehe den Umgang der Stadt mit Wenzel. Weniger Verständnis zeigte er allerdings hinsichtlich der Kommunikation der Stadt mit den Eltern - nämlich konkret, dass man diesen nicht mehr Sicherheit gebe: „Auch wenn es nur Worte sind.“

Gewerkschaft rät Mitarbeitern zur Ruhe

Von der gescheiterten Lösung für die 33 „Alt-Wien“-Kindergärten sind nicht nur Eltern betroffen, die für den Nachwuchs wohl neue Betreuungsplätze suchen müssen, sondern auch rund 300 Mitarbeiter. Die Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA-djp) berichtete am Freitag, dass es diesbezüglich bereits viele Anrufe bei der Beratungs-Hotline gegeben habe.

Vorrangig würden „Alt-Wien“-Mitarbeiter wissen wollen, wie sie sich verhalten sollen, erzählte ein Gewerkschaftssprecher. Die Interessensvertretung rät diesen, vorerst Ruhe zu bewahren: „Die Situation ist derzeit so vertrackt. Die Leute sollen nicht mit einem Schnellschuss reagieren, sondern abwarten, bis die Situation klarer ist.“ Die Nummer der Hotline lautet: 05 03 01 - 21 000.

In einer Aussendung sicherte die Gewerkschaft den betroffenen Mitarbeitern außerdem ihre Unterstützung zu. „Gemeinsam mit dem Betriebsrat setzen wir uns nun dafür ein, die Situation der Beschäftigten so rasch wie möglich zu klären“, versprach Regionalgeschäftsführerin Barbara Teiber in dieser. Schon vergangene Woche, kurz nach Bekanntwerden der Causa, wurde eine Info-Veranstaltung organisiert.

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