Haftbefehl gegen Hochegger beantragt

Die Staatsanwaltschaft hat die Festnahme von Lobbyist Peter Hochegger beantragt. Hochegger war nicht vor Gericht erschienen. Sein Anwalt sagte, er halte sich in der Schweiz auf, sei psychisch belastet und krank.

Die zuständige Staatsanwältin Martina Semper begründete den Antrag mit Fluchtgefahr. Sie sprach sich für die Erlassung eines inländischen, europäischen und internationalen Haftbefehls aus. Richter Wolfgang Etl behielt sich die Entscheidung darüber vor. Der Beschluss ergehe schriftlich, gab er bekannt. Wie dazu am Dienstagnachmittag aus dem Landesgericht verlautete, soll die Entscheidung „in den nächsten Tagen“, vermutlich noch in dieser Woche, fallen.

Anwalt: „Unter schweren Psychopharmaka in Basel“

„Er will sich nicht der Verhandlung entziehen. Es ist ihm auf ausdrücklichen Befehl der Ärzte nicht möglich, heute zu kommen“: Mit diesen Worten entschuldigte Hocheggers Anwalt Karl Schön das Fernbleiben. Laut Schön wollte sich sein Mandant ursprünglich in der Schweiz einer Augenoperation unterziehen, bevor es zu einem psychischen Zusammenbruch kam. „Er muss unter schweren Psychopharmaka in Basel bleiben“, sagte Schön mit Verweis auf dessen Suizidgefährdung gegenüber Ö1 - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Anwalt Karl Schön am Dienstag, 9. August 2016, vor Beginn eines Prozesses gegen Ex-Lobbyist Peter Hochegger (nicht im Bild) in der Telekom-Affäre im Straflandesgericht Wien

APA/Neubauer

Hochegger-Anwalt Karl Schön vor Beginn des Prozesses am Straflandesgericht

Schön machte dafür den zunehmenden Druck angesichts des Wiener Gerichtstermins in der Telekom-Austria-Affäre verantwortlich. Aus einem mit Anfang Juli datierten, inzwischen der Justiz vorgelegten Gutachten gehe deutlich hervor, dass der frühere Lobbyist psychisch erkrankt sei. Hochegger sei für den 10., 11. und 15. August zu Behandlungsterminen an der Universitätsklinik Basel bestellt worden, so Schön.

„Sind ihm die österreichischen Einrichtungen nicht gut genug?“, fragte sich Richter Etl. Dieser wunderte sich auch, weshalb Hochegger just am Tag seiner Gerichtsverhandlung im Grauen Haus in der Schweiz einen Psychiater konsultierte. Wie sein Anwalt dazu erläuterte, soll Hochegger bei Bedarf immer wieder ambulante Hilfe in Anspruch nehmen. Eine stationäre Behandlung sei Hochegger „nicht möglich, weil er sich das nicht leisten kann“.

Verhandlung auf 23. August vertagt

Am Ende vertagte Etl die Verhandlung gegen Hochegger auf den 23. August. Bis dahin sollte sich geklärt haben, inwieweit der frühere Lobbyist prozesstauglich ist.

Um 13.30 Uhr hätte im Landesgericht die Verhandlung mit Hochegger beginnen sollen. Ein Schöffensenat unter Vorsitz von Etl sollte eigentlich nur noch entscheiden, ob es bei den zweieinhalb Jahren unbedingter Haft bleibt, zu denen der Ex-Lobbyist im September 2013 in Zusammenhang mit Zahlungsflüssen der Telekom Austria (TA) an das BZÖ verurteilt wurde. Die Verhandlung war auf 30 Minuten anberaumt worden. Ohne den Angeklagten war eine Strafbemessung allerdings nicht möglich.

Gericht: Mittelsmann für Schmiergeldzahlungen

Vor knapp drei Jahren hatte ein Schöffensenat festgestellt, dass Hochegger als Mittelsmann für Schmiergeldzahlungen von insgesamt 960.000 Euro fungierte, die auf Basis von Scheinrechnungen über zwei Werbeagenturen ans BZÖ gingen, das im Tatzeitraum als „Juniorpartner“ der ÖVP an der Bundesregierung beteiligt war.

Die von Hochegger vermittelten Telekom-Austria-Zahlungen - der Lobbyist hatte 2004 einen Rahmenvertrag mit der Telekom Austria abgeschlossen und wollte in dieser Funktion für diese eine Änderung der Universaldienstverordnung bewirken - dienten dem BZÖ zur Finanzierung des Nationalratswahlkampfs 2006.

OGH hatte Schuldspruch bestätigt

Obwohl Hochegger stets eine Beteiligung an den Schmiergeldzahlungen bestritten hatte, bestätigte der Oberste Gerichtshof (OGH) im November 2015 den erstinstanzlichen Schuldspruch. Einen untergeordneten Anklagepunkt - eine angebliche Falschaussage im parlamentarischen Korruptions-U-Ausschuss - hoben die Höchstrichter aber auf, was aus formalen Gründen eine Aufhebung der für sämtliche angeklagten Delikte verhängten Strafe zur Folge hatte.

Damit müsste nun neuerlich über Hocheggers Auftritt im U-Ausschuss verhandelt und dann unter Berücksichtigung der erwiesenen Untreue eine Gesamtstrafe verhängt werden. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile allerdings von der weiteren Verfolgung der angeblichen Falschaussage Abstand genommen und die entsprechende Anklage zurückgezogen.

Wie Behördensprecherin Nina Bussek auf APA-Anfrage erläuterte, kommt der Falschaussage bei einer Gesamtbetrachtung eine vergleichsweise untergeordnete Bedeutung zu: „Es ist nicht davon auszugehen, dass eine Verurteilung erhebliche Auswirkungen auf die Strafe hätte.“ Aus prozessökonomischen Gründen wurde deshalb auf eine Neudurchführung des Verfahrens verzichtet.

Anwalt: „Längere Erholungsphase geboten“

Hocheggers Verteidiger geht davon aus, dass der Ex-Lobbyist am Ende „eine deutliche geringere Strafe bekommt“. Er rechne „mit einer bedingten, zumindest teilbedingten“, teilte Schön den zahlreichen Journalisten im Landesgericht mit. Hochegger sei Ersttäter, außerdem hätten sich mit Jahreswechsel die Wertgrenzen bei Vermögensdelikten geändert und sei die lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Auf die abschließende Frage der Medienvertreter, wann sein Mandant wieder fit sei, verwies Schön zunächst darauf, er sei kein Arzt. Es sei nach seinem Dafürhalten „schon eine längere Erholungsphase geboten“.

Prominenter Angeklagter in BUWOG-Verfahren

Eine solche gönnt die Justiz dem 67-Jährigen dagegen nicht. Hochegger ist neben Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser, Walter Meischberger und Ernst Karl Plech einer der prominentesten Angeklagten im BUWOG-Verfahren, in dem die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) Ende Juli eine nicht rechtskräftige, über 800 Seiten starke Anklageschrift vorgelegt hat.

Dessen ungeachtet hatte sich Hochegger bis zuletzt frei bewegen können. 2014 lebte er beispielsweise monatelang als Aussteiger in einem brasilianischen Fischerdorf, obwohl ihm angesichts der nicht rechtskräftigen Telekom-Verurteilung der Vollzug einer längeren Freiheitsstrafe drohte. Es gab allerdings keine Anzeichen, dass er sich dem Verfahren entziehen könnte, so dass eine allfällige U-Haft kein Thema war. Hochegger musste daher auch seinen Reisepass nicht abgeben, weil für die Justiz keine Haftgründe vorlagen.

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