Keine Kreditkarte für 86-Jährige

Eine 86-jährige Wienerin mit ausreichender Bonität ist mit dem Wunsch, ihre Kreditkarte zu erneuern, abgeblitzt. Ihre Bank bestreitet, Kreditkarten älteren Menschen grundsätzlich zu verweigern. Doch es ist kein Einzelfall.

Die 86-Jährige ist nach eigenen Angaben seit mehr als 40 Jahren Kundin der BAWAG PSK. Als sie ihre Kreditkarte erneuern wollte, habe der Schalterbeamte nach ihrem Alter gefragt und ihr dann zu erkennen gegeben, dass er ihr keine neue Kreditkarte ausstellen könne, so die Frau gegenüber dem ORF. Obwohl die Frau über ausreichend Bonität verfügt, wurde ihr Antrag abgelehnt. Mit 86 Jahren zu alt für eine Kreditkarte?

Auch beim Österreichischen Pensionistenverband häufen sich derartige Beschwerden älterer Bankkunden, denen trotz guter Bonität und jahrelanger Treue erklärt werde, dass die Kreditkarte nicht verlängert werden könne. Auch bei Kreditvergaben gebe es immer wieder Diskriminierungen. Der Pensionistenverband habe daher Gespräche mit den Banken begonnen, um auf die Diskriminierung aufmerksam zu machen.

Altersbegründung für VKI nicht nachvollziehbar

Bernd Lausegger, Finanzexperte des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), versteht das Vorgehen der Bank nicht. Da Kreditkartenrechnungen in der Regel innerhalb von 30 Tagen beglichen würden, bliebe das Ausfallsrisiko überschaubar: „Auch wenn das Ding Kreditkarte heißt, wird ja nicht wirklich ein Kredit vergeben, sondern es wird ein Zahlungsziel eingeräumt. Insofern kann man diese Altersbegründung nicht nachvollziehen. Gerade ältere Kunden haben ja schon langjährig bewiesen, dass sie mit ihrem Geld umgehen können.“

Kreditkarten

dpa/Boris Roessler

Bank entscheidet über Vergabe.

Die Pressestelle der BAWAG PSK bestreitet auf Anfrage, dass man älteren Menschen die Kreditkarte grundsätzlich verweigert, räumt aber ein: „Im Sinne einer ordnungsgemäßen und verantwortungsvollen Geschäftsbeziehung kann es dazu kommen, dass insbesondere bei der Neuvergabe von Krediten Überziehungsrahmen und auch Kreditkarten nicht mehr der jeweilige Kundebetreuer direkt das betreffende Produkt mit dem Kunden abschließen kann.“

Man sei bemüht, mit jedem Kunden ein geeignetes Produkt für seine jeweilige Lebenssituation zu finden. Besonders die Prepaid-Karte sei für jedermann geeignet.

Prepaid-Karten kein vollwertiger Ersatz

Prepaid-Karten sind Kreditkarten, die man mit einem bestimmten Betrag aufladen kann. Sie werden gerne Jugendlichen angeboten, die noch nicht geschäftsfähig sind. Allerdings gilt: Ist der auf die Karte aufgeladene Betrag verbraucht, kann sie nicht mehr verwendet werden. Das ist zwar für Zahlungen im Internet praktisch, ein vollwertiger Ersatz für die klassische Kreditkarte sei die Prepaid-Karte aber kaum, so Lausegger: „Natürlich gibt es Prepaid-Karten, die ich telefonisch oder online von meiner Bank aus befüllen kann. Aber das ist etwas, was mühsam sein kann.“

Der Österreichische Kreditkartenanbieter Card Complete erklärte auf Anfrage von help, dass an sich jeder Kunde ein lebenslanges Anrecht auf Kreditkarten habe - entsprechende Bonität vorausgesetzt. Card Complete verweist aber darauf, dass letztlich die Bank entscheidet, mit welchen Kunden sie Kreditkartenverträge abschließt und mit welchen nicht.

Bankwechsel ins Auge fassen

VKI-Experte Lausegger meint daher: „Wenn ich langjähriger Kunde bin, muss ich mir dann überlegen, bin ich doch bei der richtigen Bank oder ist nicht eine andere Bank dann vielleicht dankbar, wenn ich dann insgesamt zu ihr gehe und dort meine Kreditkarte hole.“

Konsumenten würden oft davor zurückschrecken, eine langjährige Bankverbindung zu beenden. Zu Unrecht, so Lausegger. In Österreich funktioniere das fast so einfach wie der Wechsel des Mobilfunkanbieters: „Es gibt ein Übereinkommen zwischen den Banken, dass sämtliche Daten zur Verfügung gestellt werden. Die neue Bank fragt bei der alten Bank an, dann werden alle Daueraufträge überspielt.“

Ein Wechsel der Bank sei in Österreich im internationalen Vergleich sehr unkompliziert, werde nur viel zu wenig genutzt, so Lausegger. Es sei auch ein Appell an die Verbraucher, hier ihre wirtschaftliche Macht einzusetzen und zu sagen: „Wenn ihr Anbieter mich unfair behandelt, es gibt andere, die mich fair behandeln, und dann gehe ich dort hin.“

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