Entwicklung der Punktetechnik in der Albertina

Georges Seurat und Paul Signac revolutionierten die Malerei mit ihrer konzeptuellen Punktetechnik. Die Ausstellung „Wege des Pointillismus“ in der Albertina verfolgt derzeit die Entwicklung des Punktes bis zu Van Gogh, Mondrian und Picasso.

Als Maler haben sie „die Welt im Punkt zum Stillstand gebracht“: Georges Seurat und Paul Signac, die Begründer des „Pointillismus“ werden in der großen Herbstausstellung der Wiener Albertina gewürdigt. Mit einer „Ästhetik der Zeitlosigkeit und Entwirklichung“, wie Direktor Klaus-Albrecht Schröder bei einer Presseführung betonte, wurde der farbige Punkt zur Revolution.

Vom Punkt zur Fläche

Seinen Weg verfolgt die hochkarätig bestückte Ausstellung, die ab Freitag geöffnet ist, in der Propter Homines Halle vom Punkt, zum Farbtupfer, zum kurzen Strich, zum Mosaikplättchen, zum Farbfleck und schließlich zur Fläche. Denn dem Pointillismus, der den Impressionismus in den späten 1980er Jahren ergänzte und zeitweilig ablöste, verfielen auch noch die Meister der Moderne: Van Gogh mischte die Punktetechnik in seinen Werkzeugkasten, Matisse gab ihr die Bewegung zurück, Picasso verarbeitete sie zu einem Konfettiregen, Klee und Mondrian zitierten sie als logischen Vorfahren ihrer Abstraktionskonzepte.

Dass sie einem höchst rigiden Konzept entspringen, sieht man den dekorativen, harmonischen und farbintensiven Bildern gar nicht gleich an. Eine strikte Lehre von der Trennung der Farben, die nicht gemischt, sondern nur dicht nebeneinander auf die Leinwand zu setzen waren sowie die später fallen gelassene Vorgabe, in richtungslosen Punkten zu verharren, keinen Strich und keine Richtung zu dulden, liegt den Arbeiten der Gründer Seurat und Signac zugrunde. Die Impressionisten stießen sie damit zunächst vor den Kopf, doch nicht wenige, etwa der Doyen Pissarro schlossen sich ihnen - zumindest zeitweilig - an.

Wände werfen das Echo der Farbigkeit zurück

„In den 1890ern kamen allerdings viele wieder davon ab“, erklärte Kurator Heinz Widauer. „Die Technik war ihnen einfach zu mühsam.“ Die Schöpfung eines pointillistischen Gemäldes war keine Frage der großen Geste, sondern „ganz Gehirn und Auge“, wie die Begründer selbst betonten. Punkt um Punkt, Farbtube um Farbtube. Das Echo der so geplanten und gesetzten Farbigkeit - eigenwillig und kraftvoll - werfen die Wände des Museums zurück: Etwas gewöhnungsbedürftig präsentieren sie sich in passgenauem Zuckerlrosa und -lila.

Die zahlreichen bedeutenden Leihgaben verdanken sich nicht zuletzt der Kooperation mit dem Kröller-Müller Museum im niederländischen Otterlo. Denn für Schröder war die Frage wichtig: „Wohin führt das?“ Geradewegs in die Moderne führt es. Nach Seurats überraschendem Tod mit 31 Jahren wurden die strengen Regeln aufgeweicht. Die Punkte wurden größer, geleiteten die Motive damit direkt in die Abstraktion, wandelten sich zu Mosaiken und schließlich zu monochromen Flächen. Van Gogh bediente sich der Technik, statt ihr zu huldigen, Picasso nutzte sie noch einige Jahre später für ein Manifest der stilistischen Freiheit. Eine punktgenaue Lektion in Kunstgeschichte in 100 prächtigen Bildern.

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