Multitalent Erwin Steinhauer wird 65

Er ist Kabarettist, Bühnendarsteller, Filmschauspieler und jedenfalls immer Publikumsliebling - Erwin Steinhauer. Zuletzt wurde er für seine Rolle als Kriegsreporter in „Thank You For Bombing“ ausgezeichnet, heute wird Steinhauer 65.

Auch rund um seinen 65. Geburtstag am kommenden Montag springt der Wiener zwischen Filmdreh und Bühne. Am Tag nach seinem Geburtstag wirkt Steinhauer beim Multimedia-Konzert „Defiant Requiem“ im Wiener Konzerthaus mit. Seit Beginn dieser Woche steht er für die ZDF/ORF-Koproduktion „Im Takt der Erinnerung“ in Wien vor der Kamera.

In der bittersüßen TV-Komödie unter der Regie von Nils Willbrandt spielt Steinhauer einen Mann, der für seine an Alzheimer erkrankte Frau (Gisela Schneeberger) das gemeinsame Umfeld in den Stil der 70er-Jahre verändert und so die Zeit zurückdreht. Erst in der vergangenen Josefstadt-Saison überzeugte Steinhauer selbst als „Vater“ in Florian Zellers gleichnamigem Stück, dem die Krankheit zunehmend den Boden unter den Füßen wegzieht.

Fixer Bestandteil der Fernsehlandschaft

Dass er „intensiv und nachhaltig“ das österreichische Kulturleben beeinflusst hat (wie es Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) formulierte), wird niemand ernsthaft bestreiten - schließlich hat er seit der Gründung der Kabarettgruppe „Keif“ 1974 die österreichische Kabarettszene mitgeprägt, hat vom Burgtheater abwärts an nahezu allen wichtigen heimischen Theaterbühnen gespielt und ist u.a. als eigenbrötlerischer Landgendarm Simon Polt zum fixen Bestandteil österreichischer Fernsehunterhaltung geworden.

Erwin Steinhauer wurde am 19. September 1951 in Wien geboren, wuchs am Alsergrund auf, maturierte mit 17, brach das auf Wunsch des Vaters begonnene Studium (statt Jus wurde es allerdings Lehramt für Deutsch und Geschichte) ab - und wurde Kabarettist. Nach Engagements u.a. am Wiener Kabarett Simpl und am Düsseldorfer Kom(m)ödchen brachte er 1982 mit „Entlassen!“ sein erstes Soloprogramm heraus, dem etliche weitere - darunter „Café Plem-Plem“ (1984) und „Auf der Schaufel“ (1989) - folgten.

Erwin Steinhauer

APA/Hans Klaus Techt

Erwin Steinhauer als „Andre“ in „Vater“ in den Kammerspielen der Josefstadt

Nicht nur „Qualitätsprodukte“ gemacht

Zwischen 1992 und 2001 legte er mit der Begründung „Wenn sich bei dem Kabarett, das man macht, außer dem Bankkonto nichts bewegt, dann hat das keinen Sinn“ eine Kleinkunst-Pause ein. Später hatte er u.a. mit dem Farkas/Grünbaum-Programm „Was lachen Sie?“ mit Heinz Marecek großen Erfolg. Zuletzt knüpfte er mit der „musikalischen Odyssee“ „Hand aufs Herz“ und dem aktuellen musikalischen Programm „Ich bin ein Durchschnitts-Wiener“ mit dem Duo klezmer reloaded an seine künstlerische Heimat an.

Steinhauer hat in mehr als 50 Hörspielen und über einhundert Film- und Fernseh-Produktionen mitgewirkt. Nicht alle waren Qualitätsprodukte, wie er in seiner 2007 erschienenen Biografie offen zugibt: „Auf meiner Filmliste ist Vieles darunter, das ich gemacht hab, um zu überleben. Nicht immer war ich relevant und oft nicht einmal besonders wichtig, sondern ich war einfach der, wegen dem die Leute gern lachen.“

Als Schauspieler und Regisseur tätig

Mit den Verfilmungen von Alfred Komareks „Polt“-Krimis durch Julian Pölsler, in den drei „Brüder“-Filmen von Wolfgang Murnberger, aber auch in der ORF-Krimiserie „Trautmann“ oder der TV-Satirereihe „Die 4 da“ hat er jedenfalls an vielen Produktionen mitgewirkt, die Bestand haben.

Als Regisseur inszenierte Steinhauer u.a. „Muttertag“ der Gruppe „Schlabarett“, aber auch Mitterers „Ein Jedermann“ oder Nestroys „Liebesgeschichten und Heiratssachen“ in der Josefstadt. Als Burgtheater-Ensemblemitglied (1982-88) spielte Steinhauer u.a. „Der Herr Karl“ und den Minister Flint in „Professor Bernhardi“, am Volkstheater den Fortunatus Wurzel im „Bauer als Millionär“, an der Volksoper und am Theater an der Wien den „Fledermaus“-Frosch, bei den Salzburger Festspielen den „Mammon“ im „Jedermann“, am Landestheater Niederösterreich den Bockerer und den Tartuffe.

Erwin Steinhauer

APA/Robert Jäger

Steinhauer ist auch sozial engagiert - hier beim „Langen Tag der Flucht“

Vielbeschäftigt im Jubiläumsjahr 2014

Am Theater in der Josefstadt war er u.a. als Oskar in „Geschichten aus dem Wiener Wald“, Bankier Natter in „Das weite Land“, Zwirn im „Lumpazivagabundus“, Patriarch Helge in „Das Fest“ und Pädophiler in David Harrowers Missbrauchsdrama „Blackbird“ zu sehen.

Im Gedenkjahr 2014 schien er besonders vielbeschäftigt: Gemeinsam mit Franz Schuh adaptierte er Karl Kraus’ apokalyptisches Drama „Die letzten Tage der Menschheit“ zu einem eindringlichen Destillat in der Josefstadt; das daraus entstandene Hörspiel wurde bei der ORF-Publikumswahl zum besten des Jahres gewählt. Mit seinem Sohn Matthias Franz Stein, der ebenfalls als Schauspieler arbeitet und in diesem Herbst sein erstes Kabarettprogramm vorstellt, stand er in Herbert Föttingers Inszenierung von „Die Schüsse von Sarajevo“ auf der Josefstadt-Bühne.

Enge Zusammenarbeit mit Regisseur Prochaska

Gab er hier den Untersuchungsrichter Leo Pfeffer, wechselte er für Andreas Prochaskas Verfilmung „Das Attentat - Sarajevo 1914“ in die Rolle des Gouverneurs von Bosnien-Herzegowina. Prochaska ist und bleibt Steinhauers präferierter Regisseur (im TV-Bereich): Zuletzt stand er für dessen historischen Dreiteiler „Maximilian - Das Spiel von Macht und Liebe“ vor der Kamera; auch im Kinohit „Das finstere Tal“ wirkte er mit.

Neben Sohn Matthias (geboren 1980) hat Steinhauer auch Tochter Iris (geb. 1978), die ebenso wie sein jüngstes Kind, Stanislaus (geb. 2000), mit getrennten Eltern aufgewachsen sind. „Das sind für Kinder keine optimalen Verhältnisse“, schreibt Steinhauer in seiner Biografie. „Familientechnisch gesehen“ sei er „glücklich ... gescheitert“. Vater sei er dennoch lieber als Großvater, verriet er 2014 in einem „Standard“-Interview: „Man hat zwar mehr Verantwortung, aber kann auch mehr bewirken.“