Stadt braucht Krisenpflegemütter

Wenn Eltern sich aus verschiedensten Gründen nicht selbst um ihre kleinen Kinder kümmern können, springen Krisenpflegemütter ein. Derzeit gibt es in Wien 42 Frauen, notwendig wären aber doppelt so viele Personen.

Krisenpflegemütter geben akut gefährdeten Babys und Kleinkindern kurzfristig und vor allem oft sehr spontan ein Zuhause: „Ich bekomme einen Anruf und dann weiß ich, ich muss sofort entscheiden - kann noch ein Kind zu mir kommen oder nicht? Und meistens ist das Kind binnen einer halben Stunde da“, erzählt Christine Baidinger.

Überforderung, Gewalt und Drogen

Sie ist seit 22 Jahren Krisenpflegemutter. In dieser Zeit habe sie bereits 65 Kinder bei sich aufgenommen, ihnen die ersten Worte beigebracht. Aktuell hat Baidinger den kleinen Eby (Name von der Redaktion geändert) bei sich.

Krisen-Pflegemütter dringend gesucht

Immer öfter müssen Kinder wegen akuter Krisen-Situationen zeitlich befristet in Pflegefamilien. In Wien werden nun dringend mehr Krisen-Pflegemütter gesucht.

Warum genau der Zwei-Jährige nicht bei seinen Eltern bleiben konnte, will die Krisenpflegemutter gar nicht wissen, um beim Aufeinandertreffen vorurteilslos zu bleiben. Denn oft habe es schlicht mit der Überforderung der Eltern zu tun. Oft seien aber auch Gewalt und Drogen im Spiel. Das Jugendamt sucht dann für Neugeborene und Kleinkinder bis drei Jahre ein kurzfristiges Zuhause.

Der Bedarf an Krisenmüttern steigt stetig an. „Familien sind mehr in Not geraten oder haben weniger Ressourcen zur Verfügung als früher und die Kinder sind auch schlechter beisammen“, sagt Martina Reichl-Roßbacher, Sozialarbeiterin im städtischen Referat für Pflegekinder.

Krisenmamas auch für Kindergartenkinder

Das Jugendamt möchte idealerweise auch Kindergartenkinder auf diese Weise versorgen. Denn sind die Kinder älter als drei Jahre, „kommen sie ins Krisenzentrum, was an sich natürlich eine gute Unterbringung ist, aber für so junge Kinder ist es manchmal schwierig, weil sie dort mit vielen anderen Kindern zusammen sind“, sagt Reichl-Roßbacher.

Die fokussierte Zuwendung einer Krisenmama ist im Gegenzug dazu wesentlich intensiver, was sich freilich auch auf deren Bindung auswirke, sagt Baidinger. Sie hat zwei erwachsene leibliche Kinder und zwei Pflegekinder im Teenageralter. Das Kommen und Gehen der Kinder habe auch Einfluss auf das Familienleben. Die Entscheidung Krisenpflegemutter zu werden, sei eine gemeinsame gewesen, der Rückhalt der Familie sei ihr gewiss, sagt Baidinger.

Maximal acht Wochen bei Krisenpflegemutter

Trennungsschmerzen gebe es aber trotzdem und vor allem dann, wenn Kinder viel länger als geplant bei ihr seien. Denn eigentlich sollte die Zeit bei der Krisenpflegemutter maximal acht Wochen dauern. Doch die Situationen der Kinder ließen sich oft nicht schnell lösen. Könnten die Kinder nicht zurück zu den leiblichen Eltern, müssten erst Pflegeltern gefunden werden, die sie eventuell für immer bei sich aufnehmen könnten.

Ende 2006 waren in Wien 1.160 Pflegekinder bei 454 Pflegefamilien untergebracht. Mit Ende 2013 waren es bereits 1.470 Kinder bei 510 Familien. Im Vojahr zählte die zuständige Magistratsabteilung am Jahresende 1.567 Kinder bei 629 Familien. Die Vergütung für eine Krisenpflegemutter beträgt 1.000 Euro im Monat pro Kind.

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