Kindergartenbetrug: Abdullah P. vor Gericht

Der mutmaßliche Chef eines auf Förderbetrug ausgerichteten kriminellen Netzwerkes ist am Dienstag zum ersten Mal vor Gericht gestanden. In dem Prozess ging es jedoch nicht um die Subventionen der MA 10, da noch Ermittlungen laufen.

Der 32-Jährige musste sich vielmehr gemeinsam mit einer mutmaßlichen Komplizin wegen jahrelanger Mietbetrügereien vor Gericht verantworten. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zum Betrug rund um die Anstoßförderungen und Vollförderungen des Magistrats sind nämlich noch nicht abgeschlossen.

Demnach soll Abdullah P. nach der Gründung eines islamischen Bildungszentrums in der Romanogasse in Wien-Brigittenau ein Netzwerk an Vereinen aufgezogen haben, die sich allesamt als Betreiber von Kindergärten bzw. Bildungseinrichtungen auswiesen. An der Spitze der Vereine standen oft Strohmänner, die ihre Subventionsansuchen an die Wiener Kindergärten (MA 10) richteten und über Jahre hinweg recht großzügig bewilligt bekamen.

Investitionszuschüsse herausgelockt

Prozessgegenständlich war am Dienstag mehrere Objekte in verschiedenen Wiener Bezirken, die P. und die mitangeklagte mutmaßliche Komplizin - eine 45-jährige Pädagogin - seit 2010 im Namen von Kindergartenvereinen angemietet haben sollen. Darunter befanden sich u.a. das Haus in der Romanogasse und zwei große Büros in den Gasometern in Wien-Landstraße. Die vereinbarten Mieten sollen die beiden Angeklagten allerdings größtenteils schuldig geblieben sein.

Dafür wurden von den Vermietern zum Teil Investitionszuschüsse herausgelockt, indem die beiden laut Staatsanwaltschaft vortäuschten, das die diversen Vereine angemessene Umsätze machten und öffentliche Fördermittel bereit stehen würden. So soll die Zweitangeklagte zur Untermauerung der Zahlungsfähigkeit einen gefälschten Fördervertrag des AMS bzw. bfi präsentiert habe.

Zwei Wohnungen untervermietet

Zwei dieser Wohnungen wurden sogar verbotenerweise untervermietet. Während der 32-Jährige dem Wohnungsbesitzer die Miete schuldig blieb, kassierte er den Zins von den Untermietern. Als die Causa aufflog, blieben die Untermieter dann auch noch auf den Kautionskosten von rund 2.100 bzw. 2.500 Euro sitzen.

Dass die Mitzahlungen bereits nach kurzer Zeit ausblieben, ist wenig verwunderlich, da die Barreserven bei Abdullah P. offenbar knapp waren. Laut Anklage sammelte er zwischen September 2003 und November 2015 nicht weniger als 54 Exekutionsvormerkungen mit einem Gesamtbetrag von 222.000 Euro an. Beide Angeklagten bekannten sich nicht schuldig.

Leerstehendes Haus in Brigittenau als Start

Der 32-Jährige, der zwischendurch auch als Motivations-Coach Kurse abhielt, machte 2008 einen Gratiskurs in einer Immobilienfirma. „Da habe ich gelernt, wie man Wohnungen vermittelt“, sagte Abdullah P., der bisher keine Berufsausbildung hatte. Als das Unternehmen in Konkurs ging und er in den Medien hörte, dass die Stadt Wien mehr Kindergärten bräuchte, kam ihm die Idee, eine solche Betreuungsstätte zu gründen. „Ich habe keine Chance gehabt, ich musste die Familie ernähren. Und so hätte ich einen fixen Job gehabt“, erzählte der vierfache Vater dem Schöffensenatsvorsitzenden Robert Palmstingl.

Beim Spazierengehen mit seinem Sohn kam er in Wien-Brigittenau an einem leer stehenden Haus vorbei, der ideale Platz für seinen Kindergarten. „Ich habe Freunde gefragt, ob sie mir helfen. Ich habe ja kein eigenes Geld gehabt.“ Im Oktober 2010 traf er sich mit dem Hausbesitzer, soll diesem aber mitgeteilt haben, „ich habe Interesse, aber kein Geld“, meinte der 32-Jährige. Also gründete P. den Verein KIBIZ (Kinder Bildungs-und Integrationszentrum) und mietete das gesamte Haus, nachdem ihm der Besitzer versicherte, sich um den Umbau und die Einrichtung finanziell zu kümmern. In dem Objekt sollte dann nicht nur ein Kindergarten, sondern auch ein islamisches Bildungszentrum samt Hort und Schule entstehen.

Mietschulden in Höhe von über 1,7 Millionen Euro

Es sei mit dem Besitzer vereinbart gewesen, dass die Miete erst ab der Genehmigung des Bildungszentrums, also drei Jahre später im Jahr 2013, fällig sein würde. Unterschrieben hatte P. jedoch den Vertrag für den Mietzins in der Höhe von 28.770 Euro im August 2010. Somit häuften sich die Mietschulden in den Jahren auf einen Wert von über 1,7 Millionen Euro an, wie die Staatsanwältin ausführte. „Damit kommt man ins Guinness Buch der Rekorde“, meinte der Verteidiger von P., Klaus Ainedter. „Warum schaut der Vermieter jahrelang zu, wenn keine Mieten bezahlt werden.“ Zudem seien durchaus 200.000 Euro Mietzins an den Hausbesitzer geflossen, was allerdings in der Anklage nicht erwähnt werde, sagte der Rechtsanwalt.

Der Prozess ist für drei Tage anberaumt. Am ersten Verhandlungstag kamen lediglich die Angeklagten zu Wort, an den beiden anderen Tagen sollen die zahlreich geladenen Zeugen zu Wort kommen. Ob am dritten Tag bereits ein Urteil gefällt wird, ist fraglich. Ainedter und der Verteidiger der 45-Jährigen, Rudolf Mayer, haben weitere Zeugen beantragt.

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