Plagiatsjäger: „Ghostwriting auf Vormarsch“

Der Plagiatssachverständige Stefan Weber ortet einen Vormarsch des Ghostwriting (Verfassen von Arbeiten für andere) an den Universitäten. Seminararbeiten seien um wenige hundert Euro zu bekommen.

„Der Trend, dass immer mehr auf Englisch publiziert wird, führt nach meiner Beobachtung dazu, dass immer mehr Leute die Texte nicht mehr selbst schreiben“, so Weber am Donnerstagabend bei einer Podiumsdiskussion in Wien.

Bachelorarbeit um 2.000 Euro

„Die Branche läuft auf Websites wie freelancer.com. Ich habe das selbst ausprobiert und einen Mann aus Pakistan gefunden, der mir um 250 Euro innerhalb von 48 Stunden eine Seminararbeit geschrieben hat“, schilderte Weber seinen Selbstversuch. Die Qualität sei hoch gewesen. „Wenn ich die Arbeit an einer österreichischen Uni einreiche, bin ich mir sicher, dass ich ein Sehr gut oder Gut bekomme.“

Außerdem sei da noch „Luft nach oben“, vermutete Weber. Begüterte Studierende könnten sich auch Toparbeiten um 800 Euro kaufen. Wenn man den Aufwand hochrechne, kriege man eine Bachelorarbeit um rund 2.000 Euro, meinte Weber. „Die Arbeiten sind genuin neu geschrieben und plagiatsgeprüft. Ich kann das nur jedem empfehlen, der schnell zu einem Abschluss kommen will“, fügte er hinzu.

„Live-Essays“ als Lösungsansatz

Seit 2006 gebe es die Problematik des Ghostwriting in größerem Ausmaß, erklärt Weber. Doch es gibt auch Möglichkeiten, um die Wahrscheinlichkeit von Ghostwriting zu verringern. Weber führt als Lektor dazu „Live-Essays“ durch. Dabei schreiben die Studierenden während der Lehrveranstaltung einen Text zu einem Thema, das ihnen vorab nicht bekannt war, der Lektor kann die Studierenden dabei beobachten.

Damit wäre es beinahe unmöglich für Ghostwriter, ihre Arbeit zu machen. Für größere wissenschaftliche Arbeiten, wie Bachelorarbeit und Masterthesis, könnte man dann die in Live-Essays verfassten Texte verwenden, um durch Text-Fingerprinting - also eine Analyse bestimmter Schreibcharakteristika - Ghostwriting-Versuche zu enttarnen.

„Gibt genügend, die das Angebot nützen“

Die Auswertung kann entweder manuell passieren, indem man die Texte selbst vergleicht. Mittlerweile gibt es aber auch schon einige Programme, die das automatisch machen. In jedem Fall ist eine solche Überprüfung allerdings mit Aufwand verbunden.

Statistiken, wie viele Studierende tatsächlich schon die Dienste von Ghostwritern in Anspruch genommen haben, gibt es nicht. In Anspielung auf seinen Selbstversuch, geht Weber allerdings davon aus: „Wenn mein Ghostwriter 607 positive Rezensionen bekommen hat, dann hat er die nicht alle selber geschrieben und dann gibt es genügend, die das Angebot auch nützen.“