„Staatsverweigerer“-Treffen in Wien

Auf 800 Personen schätzt der Verfassungsschutz die Zahl der Staatsverweigerer bzw. „Reichsbürger“ in Österreich. Eine Gruppierung nennt sich „Staatenbund Österreich“ und traf sich diese Woche mit rund 60 Teilnehmern in Wien.

Monika Unger nennt sich die selbsternannte Präsidentin des Staatenbunds Österreich. Stolz zeigt sie rund 60 Anhängern und Interessierten in einer Pizzeria ihr selbst angefertigtes Wunschkennzeichen „Staat 1“ und ein Foto von einem Staatenbund-Polizeiauto. Es ist rosa. Alles nur ein Faschingsscherz? Am 11.11.2015 hat Unger den Staatenbund ausgerufen. Bei der Versammlung in Wien sagt sie: „Wir schießen mit Herzen“. Lautes Gelächter in dem kleinen aber vollbesetzten Saal.

Lebendmeldungen um zehn Euro

Jedenfalls muss mindestens ein Herzerl drauf sein auf Dokumenten des selbsternannten Staatenbundes. Sogenannte Lebendmeldungen gibt es um zehn Euro, Gewerbescheine und Authentizitätskarten um 50 Euro. Eine Abzocke? „Keiner bereichert sich“, sagt Monika Unger. „Wieviel der Aufbau eines Staates kostet, könne sich ja keiner vorstellen.“

Außerdem soll es bald eine neue Währung und ein ordentliches Grundeinkommen geben. „Es dürfen die Frauen wieder bei ihren Kindern zuhause bleiben. Wenn jeder ein bedingungsloses Grundauskommen bekommt von 2.000 ‚Österreicher‘, dann tut sich das keine Frau mehr an.“

Staatsverweigerer-Treffen

ORF

60 „Staatenbund Österreich“-Anhänger und Interessierte in einer Pizzeria

„Österreicher“ als Währung

Ein Österreicher - die angeblich künftige Währung. Laut ihrer Homepage hat der Verfassungsschutz wegen Hochverrats ermittelt gegen Monika Unger. Und die Sympathisanten nehmen die meisten ihrer Aussagen durchaus ernst. Laut Unger liegen für jeden Menschen bei der Geburt zehn Milliarden Dollar auf einem Treuhandkonto. Aber die Republik Österreich als Treuhänder missbrauche das Geld, die Menschen seien versklavt. „Ois was da ist mit der Republik Österreich, das ist alles auf Illusion und Täuschung aufgebaut“, so Unger.

Die bestehenden Staaten seien Firmen, von Banken kontrolliert erklärt ein Unterstützer: „Wir haben alle die Möglichkeit, aus diesem kranken Dreieckssystem Vatikan, City of London, Washington auszusteigen.“ Als der Kellner Eiernockerln bringt, ruft einer: „Die zahlen wir vom Zehn-Milliarden-Treuhandkonto.“ Im Laufe des Abends wird deutlich, dass manche der teils schon älteren Männer und Frauen hier Probleme mit fällig-gestellten Krediten oder einer Sachwalterschaft haben. Die Taktik: Alles verweigern. Beamte - auch Polizeibeamte seien gar keine Beamten, die tun nur so.

Polizei wird nicht anerkannt

„Und dann sag ich immer: hörts auf einmal zum Arbeiten, tuts einmal ein Monat lang nichts, Ihr werdet sehen, wie schnell die da oben ein Problem haben“, so Unger. Aber zugleich der Aufruf: „Friedlich bleiben, Wahrheit, Licht und Liebe aber net mehr mitspielen, sag i, Ihr könnts mi gern haben.“ Bei Zwischenrufen zeigt sich: Nicht alle Anhänger sind zurückhaltend eingestellt.

Der Kellner kritisiert: „Was ich nicht verstehe ist diese Nicht-Anerkennung der Polizei. Da haben zuerst welche diskutiert und gesagt, das ist ein Schutzgeld, was wir der Polizei zahlen. Und ich glaub, es kann keine Gesellschaft ohne Polizei existieren. Und wir müssen froh sein, dass das bei uns in einer westlichen Demokratie so human abläuft und nicht wie in Diktaturen.“

Gemeinde-Gründungen geplant

Die meisten Zuhörer in der Pizzeria glauben an die frühere Human-Energetikerin Monika Unger. Als nächsten Schritt plant die selbsternannte Präsidentin Gemeinde-Gründungen. Die Anhänger sollen zu ihrem Bürgermeister gehen. „Teilt ihm mit, dass er jetzt das zu tun hat, was Ihr ihm sagt“, so Unger.

Frage an den Kellner: Hält er die Staatenbündler für gefährlich? „Noch nicht. Aber wenns zu viele werden, könnts zu Tumulten, zu Unruhen möglicherweise kommen, weil es werden sich die, die brav Steuern zahlen, ihre Strafen zahlen, es nicht gefallen lassen, wenn andere nichts zahlen.“ Von massivem Polizeibesuch bei Anhängern erzählt Monika Unger auch während ihres Vortrags - offenbar werden die selbstgefertigten Dokumente samt Herzen selten anerkannt.

Bernt Koschuh, für wien.ORF.at

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