Acht Fäuste gegen Radikalisierung

Die Deradikalisierungsinitiative „Not in God’s name“ ist seit den Terroranschlägen in Paris aktiv. Derzeit halten die Kampfsport-Idole Vorträge an Wiener Schulen und zeigen, wie wenig sie von Bandenkämpfen und IS-Terror halten.

„Seit 15 Jahren bin ich in Österreich und ich habe nicht mal eine U-Bahn-Strafe. Kein einziges Mal habe ich irgendwo ein Problem gemacht. Als ich noch jung war und in Tschetschenien gelebt habe, haben wir jeden Tag gekämpft. Dann hab ich verstanden, dass ist nichts für mich“, sagte der Kampfsportler Mairbek Taisumov im „Wien heute“-Interview.

„Jeder weiß, dass man keine Menschen töten darf“

Wenn die muslimischen Kampfsportler von ihrem Leben und ihren Wegen zu Kampfsport-Champions erzählen, dann ist es in der Klasse der Polytechnischen Schule in der Burggasse in Neubau völlig still. Die Jugendlichen hören genau zu, was ihre Idole über Bandenkämpfe, die Terrormiliz IS und Terroranschläge zu sagen haben.

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APA/HERBERT PFARRHOFER

Die Kampfsportler beim Vortrag in der Schulklasse

„Man muss nur menschlich denken und dann weiß man, dass das nicht richtig sein kann. Es ist egal von welcher Religion man ist. Jeder weiß, das man keine Menschen töten darf“, sagte Karim Mabrouk.

Terror kein Thema mehr

Mit den Kampfsport-Idolen mitgekommen ist heute Mohammad. Er ist ein 17-jähriger Flüchtling aus Afghanistan, der vor einem Jahr ohne seine Eltern nach Wien geflohen ist. Als er schon in Wien war, haben Terroristen versucht, ihn per Smartphone zu überreden, in den Krieg zurückzukehren.

Er wendete sich damals an Kampfsportler Foad Sadeghi. Seither trainiert Mohammad in dessen Kampfsportzentrum in der Leopoldstadt. Der Profikämpfer ist selbst als Flüchtling aus dem Iran vor 30 Jahren nach Wien gekommen. Sadeghi trainiert und kümmert sich intensiv um den jungen Flüchtling. Heute ist das Thema Terror längst keines mehr.

Wichtige Vorbilder

Die Lehrerinnen und Lehrer der Polytechnischen Schule haben die Deradikalisierungsinitiatve „Not in God’s name“ bewusst in ihre Schule geholt. „Der Status quo ist, dass wir in sehr vielen Wiener Schulen einen sehr hohen Migrationshintergrund haben und das wir als Lehrer das nicht abbilden können. Wir brauchen sehr viele Vorbilder an den Schulen, die wir von außen reinholen und mit denen sich die Kinder auch identifizieren können“, sagt Lehrer Michael Fellner.

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Die Sportler dienen als wichtige Vorbilder für die Schüler

Und genau das ist beim Thema Kampfsport in der Community der Fall. „Mir hat am besten gefallen, dass sie über Ziele gesprochen haben. Jetzt ist mir auch wichtig, dass ich mir ein Ziel im Leben setze“, sagt die 14-jährige Schülerin Eliona. Ihr Klassenkollege Yassin stimmt ihr zu. „Mir hat alles gefallen, das waren super Sportler. Sie haben uns motiviert, keinen Blödsinn auf der Straße zu machen.“

Große Nachfrage

Die Anfragen an die Organisation nehmen zu. Rund 30 Schulen haben sich bei der Deradikalisierungsinitiative in den vergangenen Monaten bereits gemeldet. „Wir können leider nur einen Bruchteil wahrnehmen können, denn das Projekt basiert auf freiwilliger Teilnahme der Testimonials, die noch andere Jobs nebenbei haben“, so Gründer Alexander Karakas.

Offizielle finanzielle Unterstützung gibt es derzeit nur vom Bezirk Donaustadt, wo ab März mit den Idolen trainiert und gesprochen werden kann. Gleich 15 Jugendliche haben sich allein nach dem heutigen Vortrag dafür angemeldet. Als nächsten Schritt will die Initiative auch in die Jugendzentren der Stadt gehen.

Katharina Weinmann, wien.ORF.at

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