72 Vogelarten bleiben im Winter da

Amseln, Drosseln und Finken ziehen im Winter nicht alle in den warmen Süden, sondern verbringen ihn oft in städtischen Parks, berichten Wiener Forscher. Sie fanden dort in der kalten Jahreszeit über siebzig Vogelarten.

Die Tiere werden offensichtlich durch ein üppiges Nahrungsangebot und vorteilhaftes Mikroklima angezogen, erklärte Christian Schulze von der Universität Wien. Der Biologe vom Department für Tropenökologie und Biodiversität der Tiere der Uni Wien und seine Kollegin Claudia Schütz streifen mit Studenten seit sieben Jahren mehrere Wochen im Winter durch 65 städtische Parks in Wien und vermerken akribisch, welche Vögel dort anzutreffen sind.

Insgesamt konnten sie 72 Vogelarten nachweisen. Manche davon sind nur selten in diesen Parkanlagen zu beobachten, aber mindestens 30 Arten gehören wohl zu den regelmäßigen Winterbesuchern, so Schulze. „Die Zahl der Vögel, die im Winter da sind, bleibt konstant. Es zeigt sich aber eine Veränderung in der Zusammensetzung“, sagte Schulze gegenüber wien.ORF.at. So würden Hausrotschwanz und Gerlitz verstärkt dableiben, aber beispielsweise viele Saatkrähen aus Rußland gar nicht mehr soweit in den Süden fliegen.

Amsel

Lauermann/BirdLife Österreich

Amseln profitieren von Ziersträuchern, die auch im Winter Früchte tragen

Wiener Parks bieten viel mehr Nahrung

Die Vögel, die dableiben, finden in den städtischen Parks eine beeindruckende Vielfalt an Lebensräumen, sagte Schulze. Manche Anlagen werden von Wiesen dominiert, andere haben eher waldartigen Charakter und in vielen finden sich sogar Gewässer. Teilweise beherbergen sie natürlichere Mikro-Lebensräume als intensiv forst- und landwirtschaftlich genutzte Flächen, wo man in der Regel weniger große alte Bäume findet als etwa im Augarten mitten in Wien. Der Mittelspecht profitiert zum Beispiel sehr von diesen alten Riesen, erklärte er.

Vor allem aber bieten die Wiener Parks den Vögeln im Vergleich zu den Natur- und Kulturlandschaften außerhalb der Stadt viel mehr Nahrung. Allesfresser wie Krähen profitieren von Essensresten, zum Beispiel Wacholderdrosseln und Amseln (die ebenfalls zur Familie den Drosseln gehören) von Ziersträuchern, die auch im Winter Früchte tragen, und Körnerfresser von der massiven Winterfütterung durch die Bürger.

Auch Raubvögeln wie dem Sperber kommen die Futterhäuser gelegen. „Sie müssen nicht viel Zeit und Energie in Suchen und Ansitzen investieren, weil dort vorhersehbar immer wieder Singvögel auftauchen“, erklärte er. So kommt es, dass die Vogeldichte in den städtischen Parks im Winter deutlich größer ist, als im Umland.

Saatkrähen als „Müllverwerter“

Am häufigsten kämen in den Parkanlagen Vögel mit geringer Fluchtdistanz vor, die sich von der Nähe zu Menschen kaum beeindrucken lassen, so der Forscher. Dazu gehören die Straßentaube, der Haussperling sowie Kohl- und Blaumeisen. In den größeren Parks gebe es aber auch sehr scheue Vögel wie den Grünspecht.

Auch für die Menschen hätte der Besuch der gefiederten Wintergäste Vorteile, sagte Schulze: „Die Saatkrähen überwintern in enorm hohen Zahlen in Wien und konsumieren dabei Tag für Tag Unmengen an essbaren Müll.“ Würden sie das nicht tun, hätte die Stadt wahrscheinlich mehr Probleme mit Wanderratten und müsste den Unrat arbeitsintensiv selbst beseitigen. Wenn man in den Parks viele verschiedene Vögel sieht, sei das auch umweltpädagogisch wichtig, um Menschen, die kaum aus der Stadt herauskommen, für den Naturschutz zu interessieren, meint er.

Man dürfe sich aber nicht der Illusion hingeben, dass Parks naturnahe Gebiete im Umland ersetzen könnten. Für viele Arten sind sie vor allem in der Brutzeit zu klein für ein eigenes Territorium, andere brauchen wiederum sehr spezielle Nahrungs- und Umweltbedingungen oder mehr Ungestörtheit vor Menschen.

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