3.240 Euro Strafe für Betteln in U-Bahnstation

Ein 75-jähriger Bulgare wird belangt, weil er beim Betteln den Weg versperrt haben soll - 3.240 Euro muss er laut dem Netzwerk Bettel Lobby zahlen. Das Netzwerk und die Grünen üben Kritik an den Behörden und den Wiener Linien.

Der Mann, der seit mehreren Jahren in Wien bettelt, soll nun 3.240 Euro Strafe zahlen. Das berichtete gestern die Zeitung Kurier nach einer Meldung der Bettel Lobby, ein Netzwerk, das sich für die Rechte von bettelnden Menschen einsetzt. Am Dienstag war dem 75-Jährigen, nachdem ihn Mitarbeiter der Wiener Linien in ein Amtszimmer nahe der Station Währinger Straße begleiteten, ein Stapel mit Strafverfügungen ausgehändigt worden. Diese stammen zum Teil noch aus dem Jahr 2014. Sollte der Mann die Strafe nicht zahlen können, drohen ihm laut Bettel Lobby 23 Tage Haft.

Bettler mit seinen Strafverfügungen

Bettel Lobby

3.240 Euro soll der 75-Jährige zahlen

Birgit Hebein, Gemeinderätin und Sozialsprecherin der Wiener Grünen, gab sich empört. Bei einem Gespräch im Büro der zuständigen Stadträtin Ulli Sima (SPÖ) sei ihr seitens der Wiener Linien vor vier Wochen versichert worden, dass man das Hausrecht „toleranter“ auslegen werde, solange es keine Behinderungen gäbe. „Eine ‚Aktion Scharf‘ ist das Gegenteil dessen, was zugesichert wurde“, so Hebein.

Eisenbahngesetz von 1957

Wiener-Linien-Sprecher Dominik Gries bestätigte zwar, dass es ein Gespräch gegeben habe, bestreitet aber, dass derartiges zugesichert worden sei. „Die Hausordnung ist ziemlich eindeutig. Das kann man nicht einfach so toleranter auslegen“ so Gries. Außerdem seien Bettler das Beschwerdethema Nummer eins unter den Wiener-Linien-Kunden. Und Bettler seien für die Fahrgäste nicht nur ein Ärgernis, sondern auch ein Sicherheitsrisiko, etwa wenn sie Ausgänge versperren oder die Rolltreppenabgänge blockieren.

Eben das dürfte im Fall des Bulgaren auch zum Streitpunkt werden. Die Strafen, aus denen sich die 3.240 Euro ergeben, hat er nämlich nicht für Schwarzfahren, sondern für Delikte nach dem Eisenbahngesetz bekommen. Zum Beispiel für das Versperren der Wege trotz starkem Fahrgastandrang - wodurch „Sturzgefahr für die Fahrgäste bestand und wodurch im Falle einer Evakuierung der Station die Sicherheit der anderen Fahrgäste gefährdet wäre“, so der Text der Strafverfügung wörtlich.

Strafen teilweise noch aus 2014

Seitens der Bettel Lobby heißt es, der Mann habe sich den Fahrgästen nicht in den Weg gestellt. Er habe auch niemanden belästigt, sondern lediglich an der Wand gelehnt. Vor allem aber der zeitlichen Abstand, mit dem die Strafen - deren Höhe zwischen 80 und 560 Euro variiert - dem Betroffenen ausgehändigt wurden, wird kritisiert. „Nicht nachvollziehbar ist, dass wenn Herr D. ‚die Ordnung und Sicherheit des Betriebes der Eisenbahn stört‘, ihm nicht schon viel früher die Strafverfügungen ausgehändigt wurden, sondern erst bis zu zweieinhalb Jahre später“, so eine Sprecherin der Lobby. Dadurch sei dem Mann auch die Höhe der Geldbuße nicht klar gewesen.

Strafe für Bettler

Bettel Lobby

Strafe für Verwaltungsübertretung in Höhe von 560 Euro

Laut Wiener Linien gäbe es aber wenig Alternativen zu so einem Vorgehen. „Wenn Menschen keinen offiziellen Wohnsitz haben, wird es manchmal schwer. Da kann es schon sein, dass auf diese Menschen schon Strafen warten, wenn man sie antrifft“, so Sprecher Gries, der diesen konkreten Fall aber nicht kommentieren wollte. Es sei zwar nicht erfreulich, aber man könne nicht viel anderes tun. Er wies darauf hin, dass den Beteiligten klar wäre, dass ihr Handeln illegal sei. „Das macht die Leute nicht weniger arm“, fügte er hinzu. Für das Verhalten aber gestraft zu werden, dürfe niemanden wundern, meinte Gries weiter.

Kritik an „Aktion Scharf“

Sowohl Hebein als auch die Bettel Lobby kritisieren auch, dass sich die Kontrollen der Behörden immer um besondere Termine wie die Adventszeit - oder jetzt eben Ostern - häufen würden. Damit wolle man die Bettler für Touristen unsichtbar machen.

Seitens der Wiener Linien heißt es, die Kontrollen hätten „weniger mit der Jahreszeit“ zu tun. Es sei ein regelmäßiger Vorgang. In Zusammenarbeit mit der Polizei gäbe es immer wieder verschärfte Kontrollen. Die in den vergangenen Tagen sei einfach eine weitere gewesen.

Bei der Stadt Wien, deren Büro für Sofortmaßnahmen ebenfalls Kontrollen durchführt, war aufgrund der Ferien niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.

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