Politikexperte warnt vor „grünem Knittelfeld“

Die Grünen müssten aufpassen, dass sich der Streit über das Heumarkt-Projekt nicht „zu einer Art grünem Knittelfeld“ entwickle, sagt Politikexperte Thomas Hofer. In der Nacht auf Dienstag fand eine Krisensitzung statt.

„In Wahrheit muss man aufpassen, dass sich die Geschichte um den Heumarkt nicht zu einer Art grünem Knittelfeld entwickelt", sagte Hofer im Ö1-Interview. "Denn mit Basisdemokratie haben auch andere Parteien ihre Erfahrungen gemacht wie auch die FPÖ damals in der Regierung Schwarz-Blau.“ Er spielt damit auf die als „Knittelfelder Putsch“ bekanntgewordene FPÖ-Versammlung im Jahr 2002 an. Damals kam es zu einem Machtwechsel in der FPÖ und schließlich zu vorgezogenen Neuwahlen, die mit einem Debakel endeten.

Vassilakou

APA/Georg Hochmuth

Vassilakou muss eine Entscheidung treffen

Vassilakou: „Wie sie es macht, macht sie es falsch“

Die grüne Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou sei derzeit in einer "Lose-Lose-Situation, denn wie sie es macht, macht sie es falsch“, sagte Hofer. Aus seiner Sicht habe sie jetzt zwei Möglichkeiten: entweder eine „Delegation auf die nächste Ebene“ durch eine Volksbefragung über das Projekt, was natürlich nicht im Sinn der SPÖ sei, oder „eine eher lächerliche Lösung, indem sie sagt: Es gibt jetzt das freie Mandat plötzlich doch.“

Vassilakou entschied sich am Dienstagvormittag für letztere Option: Die grünen Gemeinderäte sollen nach eigenem Gutdünken über die entsprechende Flächenwidmung abstimmen. Damit setzt sie die rot-grüne Mehrheit trotz Koalition aufs Spiel - mehr dazu in Vassilakou setzt rot-grüne Mehrheit aufs Spiel.

„Große“ Sprengkraft für Koalition

Die Sprengkraft für die rot-grüne Koalition in Wien sei „groß“. Die SPÖ habe jedoch aufgrund ihrer aktuellen Situation „kein wirklich großes Verlangen nach Neuwahlen in Wien“, sagte Hofer. Die Debatte schade Vassilakou auch persönlich sehr, so Hofer, es gebe in der Partei natürlich Leute, die an ihrem Sessel sägen würden.

Der Politikexperte sieht auch mögliche Auswirkungen über Wien hinaus: „Wenn man jetzt in Wien den Touch der Regierungsfähigkeit verspielt, dass einem das auch von anderen politischen Parteien zugetraut wird, dann ist das schon ein echtes Problem.“ In einer Zeit, wo sich die Grünen an der Bundesregierung abarbeiten und für die nächste Nationalratswahl positionieren müssten, seien sie mit Interna beschäftigt.

Vassilakou schließt Rücktritt aus

Vor Beginn der Krisensitzung hatte Vassilakou vor Journalisten betont, sie wolle „Klarheit schaffen“. Es gehe nicht um ihre „persönliche Zukunft, sondern um ein Projekt, an dem viele Menschen in den vergangenen fünf Jahren gearbeitet haben“. Einen Rücktritt hatte sie bereits vor der Sitzung ausgeschlossen. Sie wolle „mindestens die Nacht nutzen, um mir alles durch den Kopf gehen zu lassen“, so Vassilakou.

Noch vor der Sitzung hatte der grüne Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger Kritik an der Urabstimmung geübt - und die grünen Gemeinderäte aufgefordert, sich auf das freie Mandat zu entsinnen und dem Projekt trotz des Votums der Basis zuzustimmen - mehr dazu in Heumarkt: Blimlinger erinnert an freies Mandat.

Investor lehnt Änderung ab

Vassilakou und die grüne Parteispitze - stets Befürworter der Umbaupläne - sind nach dem Nein der Basis zum Heumarkt-Projekt in Bedrängnis. Bei einer Urabstimmung hatte sich eine knappe Mehrheit gegen das Hochhausprojekt auf dem Heumarkt entschieden - mehr dazu in Grüne lehnen Heumarkt-Projekt ab.

Durch die projektierte Turmhöhe des Hochhausturms am Heumarkt droht die UNESCO mit der Aberkennung des Weltkulturerbes für die Wiener Innenstadt. Seitens des Investors hatte es am Montag geheißen, dass die in einem langwierigen Prozess erzielten Planungsergebnisse „nicht zur Diskussion“ stünden - mehr dazu in Heumarkt: Investor lehnt Änderung ab.

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