Kunst mit zerknüllten Eisbechern
Jorg Hartig wurde 1932 in Tschechien geboren und studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien. In seinen Werken spielen früh Licht, Schatten und optische Effekte eine wichtige Rolle. Er malt Neonleuchten oder den abendlichen Donaukanal - zunächst in Öl.
Kunst mit Leuchtkraft
1966 wendet er sich der Acryltechnik zu. Da die Farbe schneller trocknet, kann sie rascher verarbeitet werden. Und: „Die Bilder haben eine Leuchtkraft, die mit Ölfarbe nicht zu machen ist“, wie der Künstler erläuterte. Auch seine Kollegen seien von dem neuen Material angetan gewesen - zumindest anfangs, wie Hartig berichtete: „Sie haben gesagt: super.“ Doch die Euphorie legte sich rasch. Laut Hartig haben manche ihre Leinwände zunächst weiterhin mit Ölgrund behandelt: „Das ist dann, wie auf Glas zu malen. Die Farbe verbindet sich nicht mit dem Untergrund.“
MUSA
Papp-Eisbecher verewigt
Jorg Hartig, dem die Eigenheiten des Materials bekannt waren, lässt sich davon nicht beirren. Und er bleibt dem Alltag treu. Er malt Ausschnitte von Straßen samt Markierungen genauso wie - sich durch das Tempo auflösende - Motorräder oder Sportler. So fasziniert ihn nach einem USA-Aufenthalt American Football, dem er eine Reihe von Arbeiten widmet.
Ausstellungshinweis:
Jorg Hartig. Realpop. Eine Retrospektive, bis 19. August 2017, MUSA Museum Startgalerie Artothek, Felderstraße 6-8, 1010 Wien
Ein wiederkehrendes Motiv sind zerknüllte Papp-Eisbecher. Das erste entsprechende Bild entsteht bereits 1966 - wobei Alltagserfahrung hier ebenfalls einfließt: Die Wohnung Hartigs - sie ist gleichzeitig Atelier - befindet sich auf der Dominikanerbastei.
Die unmittelbare Umgebung ist im Sommer bis heute von Menschen bevölkert, die sich zuvor am Schwedenplatz Gefrorenes gekauft haben. So manche Becher finden dabei nicht den Weg in die Mistkübel. Diese Relikte werden von Hartig monumental auf bis zu zwei Meter breiten Leinwänden verewigt.
MUSA
Meditations- und Soldatenbilder
Anfang der 1980er-Jahre rückt die reale Welt in den Hintergrund. Es entstehen flächige „Meditationsbilder“ und geometrische Arbeiten. Die Farbe Blau dominiert in dieser Zeit. Bewegung und Dynamik werden erst ein Jahrzehnt später wieder spürbar, etwa in den sogenannten Soldatenbildern. Zuletzt hat der Künstler Streifen als neues Element für sich entdeckt. Insgesamt sind im MUSA Arbeiten aus sechs Jahrzehnten ausgestellt.
MUSA
2010 vermachte Jorg Hartig sein Werk der städtischen Sammlung, die nun einen kleinen Teil davon im Museum beim Rathaus präsentiert. „Ich glaube, es ist eine echte Wiederentdeckung“, freute sich MUSA-Chef Berthold Ecker. Die Schau ist bis 19. August bei freiem Eintritt zu sehen.