Primärversorgungszentrum voll ausgelastet

Das erste Primärversorgungszentrum (Primary Health Care, PHC) gibt es als Pilotprojekt schon seit zwei Jahren in Wien. Es scheint zu funktionieren: Das Zentrum ist so voll, dass seit Monaten keine neuen Patienten mehr angenommen werden können.

Die PHC-Zentren sollen mit ihren längeren Öffnungszeiten vor allem Spitalsambulanzen entlasten. Während auf Bundesebene das entsprechende Gesetz noch immer auf sich warten lässt, gibt es beim Pilotprojekt auf der Mariahilfer Straße seit sechs Monaten einen Aufnahmestopp.

Primärversorgungszentrum

ORF

PHC-Leiter Mückstein

Obwohl der Empfang dreifach besetzt sei, werden seit November keine neuen Patienten mehr angenommen, sagte Leiter Wolfgang Mückstein: „Wir sind innerhalb von eineinhalb Jahren um fünfzig Prozent gewachsen. Es zeigt, dass solche Modelle als Ergänzung zum derzeitigen Hausarztsystem dringend erforderlich sind.“

Weiteres PHC öffnet im Herbst

Diesem Bedarf will man bei Stadt und Wiener Gebietskrankenkasse nachkommen. Nach vielen Verzögerungen ist der Eröffnungstermin für das zweite Zentrum beim SMZ Ost jetzt fix. Ab 1. September werden dort ebenfalls Patienten betreut.

TV-Hinweis

„Wien heute“, 31.5.2017, 19.00 Uhr, ORF2 und danach online unter tvthek.ORF.at.

Im Mariahilfer Zentrum arbeiten zusätzlich eine Psychotherapeutin und eine Diätologin. Geöffnet ist täglich bis 19.00 Uhr. Die neueste Patientenbefragung zeigt: Ohne das PHC-Zentrum wäre jeder fünfte Patient hier in eine Spitalsambulanz oder zum Facharzt gegangen, heißt es.

Primärversorgungszentrum

ORF

Das PHC in Mariahilf hat seine Kapazitätsgrenze erreicht

Attraktiver Arbeitsplatz

Vorteile kann die Arbeit in einem PHC auch für Ärztinnen und Ärzte haben - Stichwort Work-Life-Balance. „Eine Partnerin von uns hat zwei kleine Kinder und wohnt nicht in Wien. Wenn einmal Not am Mann oder der Frau ist, dann kann man sich vertreten lassen. Ich glaube, dass hier vor allem jüngere Ärztinnen und Ärzte ein Modell sehen, das durchaus attraktiver ist als in der Einzelordination“, so Mückstein im „Wien heute“-Interview. Gibt es eine Einigung auf Bundesebene, könnten dem Probelauf in Mariahilf bald mehrere weitere Standorte in Wien folgen.

Ärztekammer will mit Resolution bremsen

Gesundheitsministerin Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) möchte ihr Gesetz zu den Primärversorgungszentren noch vor der Nationalratswahl unter Dach und Fach bringen. Derzeit laufen die Gespräche, hieß es am Mittwoch im Ministerium. Die Wiener Ärztekammer versucht unterdessen mit einer Resolution zu bremsen.

Man sollte das Gesetz „in Anbetracht der aktuell schwierigen innenpolitischen Situation ... auf keinen Fall im Schnellverfahren durchpeitschen“, appellierten die Ärztevertreter an die Bundesregierung. Die Wiener Kammer bietet an, bis 2021 ohne „Primary Health Care“-Gesetz weitere Primärversorgungsprojekte in einer „Reformpartnerschaft“ umzusetzen.

Denn im Entwurf seien noch viele Fragen offen. So wäre den Ärzten eine Obergrenze für PHC-Einheiten ein Anliegen oder ein Verbot der finanziellen Besserstellung von Ambulatorien gegenüber Ärzten. Im Gesundheitsministerium wird darauf verwiesen, dass die Ärztekammer mit am Verhandlungstisch sitze. Über die Resolution ist man verwundert, sei die Kammer dem Projekt zu Beginn der Begutachtung sehr positiv gegenübergestanden.

Links: