Dachbegrünung gegen die Erderwärmung

„Wie kühlen wir die Stadt der Zukunft?“ - diese Frage beschäftigt auch Wien. Besonders stark verbaute Gebiete sind von der Hitze betroffen. Experten sehen vor allem eine Lösung: Es braucht mehr Grün, etwa auf Gebäuden.

Ein Baum hat den gleichen Kühlungseffekt wie zehn Klimaanlagen, zeigen Studien - und absorbiert nebenbei die CO2-Emissionen von 10.000 Autokilometern. Um der Erderwärmung entgegenzuwirken, die besonders in Stadtgebieten spürbar sein wird, muss deshalb mehr begrünt werden, erklären Experten. Die Stadt Wien tut bereits einiges im Bereich der Bauplanung von neuen Stadtgebieten, sagt der Projektleiter der Magistratsabteilung für Umweltschutz (MA 22), Jürgen Preiss: „In der Aspern Seestadt beispielsweise haben wir darauf geschaut, dass in Zukunft alle Straßen mit Baumreihen ausgestattet sind.“

Die Stadt: Herausforderung und Chance zugleich

In älteren Teilen der Stadt ist eine derartige Planung nicht umsetzbar. Die Möglichkeiten bei bereits bebauten Flächen sind sehr begrenzt. Das größte Potenzial stellen hier aber die Gebäude selbst dar: Wien hat Dachflächen im Ausmaß von 60 Millionen Quadratmetern und weitere 120 Millionen Quadratmeter Fassadenfläche. Und fast jede zweite Dachfläche in Wien ist laut Preiss begrünbar. Aktuell begrünt sind jedoch nur zwei bis drei Prozent.

„Wien heute“: Mehr Grün kühlt die Stadt

Es wird heißer in Wien, daher sind Maßnahmen zur Kühlung des dicht bebauten Gebiets notwendig. Mehr Grün kühlt die Stadt und wird jetzt forciert.

Wären alle Dächer Wiens bepflanzt, könnte man, laut Maja Zuvela-Aloise, Meteorologin und Klimaforscherin bei der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG), die Erwärmung der Stadt Wien ausgleichen. Zumindest was die Prognose bis 2100 betrifft: Die Temperaturen sollen bis dahin um zwei bis fünf Grad ansteigen. Beim Thema Dach- und Fassadenbegrünung appelliert der Magistrat für Umweltschutz deshalb allen voran an Hausbesitzer. Denn der Großteil der Gebäude in Wien, stolze 70 Prozent, befindet sich in Privatbesitz.

vertical garden Fassaden Begrünung Hängegarten MA48

Richard Schmögner

Natürliche Klimaanlage: Fassadenbegrünung der MA 48

Asphalt in der Stadt bis zu 80 Grad

In der Stadt sind aber nicht allein Grünflächen ausschlaggebend, sondern unzählige andere Faktoren, wie zum Beispiel die Bausubstanz und ihre Beschaffenheit. Messungen der MA 22 haben diesbezüglich bis zu 50 Grad Unterschied ergeben: Asphaltierte Flächen erreichen an Sommertagen mit 30 Grad durchwegs 80 Grad, wohingegen Grünflächen nie eine höhere Temperatur als die umgebende Luft haben.

Materialien wie Asphalt, Beton und auch Stein werden aber nicht nur heißer - sie speichern diese Wärme auch länger und geben diese dann nachts wieder ab. Und genau diese warmen nächtlichen Temperaturen sind gesundheitsschädigend: Der Körper befindet sich nachts in der Ruhephase und braucht Temperaturen unter 25 Grad, um sich entsprechend erholen zu können.

Kleine Maßnahmen, große Wirkung

In alten, dicht bebauten Wohngebieten sei es deshalb umso entscheidender, verfügbare Freiräume möglichst sinnvoll zu nutzen. Der Landschaftsplaner Erik Meinharter betont, dass die Summe kleiner Leistungen eine große Verbesserung bewirken kann, auch was das Freizeitverhalten angeht. Wer etwa seinen Balkon oder einen Teils des Innenhofs begrünt, genießt freie Stunden dann eher dort als mit dem Auto weite Strecken bis ins nächste Grün zu fahren.

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