Regenbogenparade mit prominenten Rednern

Die 22. Ausgabe der Regenbogenparade ist am Samstag um den Ring gezogen. Die Veranstalter schätzen die Teilnehmeranzahl auf 185.000. Zur Abschlusskundgebung sprach unter anderem Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ).

Angeführt von zwei Straßenbahngarnituren in Regenbogenfarben und einer Gruppe hupender Motorradfahrer bewegte sich die Demonstration am Samstagnachmittag gegen die Fahrtrichtung über die Wiener Prachtstraße. Gleich dahinter durchschritten die Veranstalter in Begleitung von Aktivisten und Politikern den bunten Startbogen.

Ihnen folgten Zehntausende zu Fuß, auf Sattelschleppern, Kleintransportern und anderen Gefährten. Hermes Phettberg, früher bei dieser Gelegenheit im Fiaker, war diesmal im Pkw unterwegs, dafür gab es später noch einen von Menschen gezogenen Römischen Streitwagen - mehr dazu in Regenbogenparade als neuntägiges Festival.

Party mit Schweigeminute

Mit Luftballons, exzentrischen Kostümen und lauter Musik soll die Parade allerdings nicht nur eine Feier, sondern auch eine politische Demonstration für die Gleichberechtigung sexueller Minderheiten sein. Um 17.00 Uhr stoppte der gesamte Zug für eine Schweigeminute im Gedenken an jene, die an der Immunschwächekrankheit Aids verstorben sind oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder Geschlechtsidentität Opfer eines Gewaltverbrechens wurden.

22. Regenbogen-Parade

Für Gleichstellung von Homosexuellen und Trangender-Personen sind Tausende wieder andersrum um den Ring marschiert.

Politikerreden bei Abschlussparty

Im Anschluss an die Parade versammelten sich Tausende Menschen am Abend auf dem Wiener Rathausplatz zur Abschlusskundgebung. Neben Musik- und Unterhaltungsprogramm gab es Redebeiträge von Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der Grünen Spitzenkandidatin Ulrike Lunacek, von Neos-Chef Matthias Strolz und dem Wiener Stadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ).

Lunacek erinnerte sich in ihrem Redebeitrag an die erste Regenbogenparade 1996 und machte auf rechtliche Fortschritte seither aufmerksam. Kern, der zum zweiten Mal als Regierungschef auftrat, betonte den Fortschritt in der gesellschaftlichen Integration: „Das macht mir eine diebische Freude, dass ihr in der Mitte der Gesellschaft steht und das repräsentiert, was Österreich ausmacht: Buntheit, Vielfalt und Offenheit.“

Regenbogenparade

APA / Herbert Neubauer

HOSI: Zunehmende Politisierung

Im Anschluss an die sehr kurz gehaltenen Redebeiträge traten Musik- und Tanzgruppen auf, darunter Nathan Trent, der diesjährige Vertreter Österreichs beim Eurovision Song Contest. Christian Högl von der Homosexuellen Initiative (HOSI) Wien zeigte sich mit der heurigen Parade zufrieden. Die Veranstalter schätzen die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer bei der heurigen Parade auf 185.000. Die Polizei veröffentlichte keine Zahlen.

Högl beobachtet seit den Anschlägen auf einen Schwulenclub in Orlando 2016 eine zunehmende Politisierung. Einerseits sei heutzutage in der Mehrheitsgesellschaft Solidarität mit Homosexuellen spürbar, andererseits sei noch viel zu tun: „Dadurch, dass rechtlich fast alles erreicht ist, beginnt unsere Arbeit erst.“ Denn die rechtliche Gleichstellung sei die Basis für gesellschaftliche Veränderungen.

Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen

Wegen der Veranstaltung kam es zu geänderten Linienführungen der Öffis auf der bzw. rund um die Ringstraße. Die Straßenbahnlinien 1, 2, 31, 71, D und die Buslinie 74A wurden umgeleitet bzw. kurzgeführt. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden im Vergleich zu den Vorjahren verstärkt, so Högl. „Entsprechend der geänderten Sicherheitslage haben wir in Absprache mit den Behörden zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen.“

Marsch gegen „Gender-Wahn“

Am Albertinaplatz versammelte sich parallel zur Regenbogenparade eine Gruppe von circa 100 Gegnern der Parade zum „Marsch für die Familie“. Der ehemalige PEGIDA-Sprecher Georg Immanuel Nagel wollte die Demonstration „nicht in erster Linie als Gegenveranstaltung“ verstanden haben, räumte jedoch ein, dass es kein unabhängiger Anlass sei. Viele Leute fühlten sich gestört von „Gender-Wahn“ und der „Zwangssexualisierung in Kindergarten und Schulen“.

Außerdem demonstrierten die Teilnehmer gegen die Öffnung der Ehe und des Adoptionsrechts für Homosexuelle, sowie gegen das Recht auf Abtreibung. Man müsse, so einer der Redner, die Institution der Familie „gegen die Angriffe eines abartigen Sexualhedonismus verteidigen“ und sei „gegen die Benachteiligung der Familie durch Gleichstellung mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften“. Der Nationalratsabgeordnete Marcus Franz (parteilos) verortete in der Politik der Bundesregierung „ein gigantisches linksideologisches Projekt, die Familie zu zerstören“.

„Marsch für die Familie“

In der Innenstadt haben am Samstag rund 150 Teilnehmer eine Gegendemonstration zur Regenbogen-Parade abgehalten.

Eine Festnahme

Hinter einer weiteren Absperrung demonstrierten etwa 50 Aktivisten der Sozialistischen Linkspartei (SLP) mit Sprechchören und Trommeln gegen den „Marsch der Familie“. Bundessprecherin Sonja Grusch erklärte, die SLP sei solidarisch mit der Vienna Pride. Der Grund für die eigene Veranstaltung sei, dass man eine Versammlung „gefährlicher Reaktionäre“ nicht unkommentiert lassen wollte.

Etwa 30 teils vermummte Linksaktivisten versuchten laut Polizeiaussendung den „Marsch für die Familie“ im Bereich Josefsplatz durch eine Blockade zu stören. Die Blockade wurde aufgelöst und die Aktivisten angezeigt. Eine Person wurde festgenommen. Die Regenbogenparade ging bis zum Abend ohne nennenswerte polizeiliche Vorfälle über die Bühne.

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