Martin Kusej übernimmt Burgtheater
Schon einmal war der gebürtige Kärntner Martin Kusej nahe daran, Burgtheater-Chef zu werden. Er galt einst als aussichtsreichster Nachfolger von Klaus Bachler, hatte aber das Nachsehen gegenüber Matthias Hartmann. Nun wird er mit September 2019 sein Amt als Direktor des Burgtheaters und die Nachfolge von Karin Bergmann antreten.
Seine Bestellung stößt auf große Begeisterung. Kultur-Stadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SPÖ) wartet mit Ungeduld auf große Bühnenereignisse, Literatur-Nobelpreisträgerin Elfriede Jelinek bezeichnete Kusej als „Mann mit Feuer“ - mehr dazu in Große Begeisterung für Kusej.
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Mitte der 1980er-Jahre schloss der am 14. Mai 1961 geborene Kusej sein Studium an der Grazer Hochschule für Musik und darstellende Kunst mit einer Diplomarbeit über Robert Wilson und eine Inszenierung namens „Ultramarin“ ab. Die weiten Bühnenräume des texanischen Individualisten hatten es dem jungen Kärntner Talent besonders angetan. Bis heute entwickelt er seine Inszenierungen auf der Basis eines Raumbildes, das immer von seinem Freund und Bühnenbildner Martin Zehetgruber stammt.
Von Österreich nach Stuttgart
Zu seinen frühen Inszenierungen zählen etwa Heiner Müllers „Verkommenes Ufer/Medeamaterial/Landschaft mit Argonauten“ am Experimentellen Theater EG Glej Ljubljana (1987), Horvaths „Glaube Liebe Hoffnung“ am Slowenischen Nationaltheater (1990), Grillparzers „Der Traum ein Leben“ am Schauspielhaus Graz (1992) oder Schillers „Kabale und Liebe“ am Stadttheater Klagenfurt (1993). In der Folge wurde Stuttgart zu einem schicksalhaften Ort für Kusej: Friedrich Schirmer, damals designierter Intendant des Staatstheaters Stuttgart, vertraute ihm 1993 mit Grabbes „Herzog Theodor von Gotland“ die Eröffnungspremiere an.
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Auch Kusejs Karriere als Opernregisseur begann in Stuttgart. Damals lud ihn Klaus Zehetlein ein, Purcells „King Arthur“ (1996) zu inszenieren. Seither war das Doppel Kusej/Zehetgruber an mehreren deutschen Häusern zu Gast. Einen ihrer größten Erfolge landeten die beiden mit Horvaths „Geschichten aus dem Wienerwald“ 1998 im Hamburger Thalia Theater, die 2000 auch zu den Wiener Festwochen eingeladen waren.
Salzburg, München und doch wieder Wien
Mit Nikolaus Harnoncourt verzeichnete er große Erfolge mit den gemeinsamen Salzburger-Festspiel-Produktionen des „Don Giovanni“ und des „Titus“, die Zürcher „Zauberflöte“ jedoch wurde mit Buhrufen vom Publikum bedacht. Für „Höllenangst“ von Johann Nestroy erhielt er 2006 den „Nestroy“. Ab 2007 begann dann die Hinwendung nach München: Seine Inszenierung von Georg Büchners „Woyzeck“ am Residenztheater wurde zu einem vollen Erfolg.
Kusej verlängerte erst 2015 seinen Vertrag am Residenztheater bis 2021. „Ich bin hier auf keinen Fall fertig“, wurde der Intendant zitiert. Nun wird es doch ein vorzeitiger Abgang.
Ganz aus Wien wegzudenken war Kusej in den vergangenen Jahren dennoch nicht: Gemeinsam mit Harnoncourt brachte er 2008 etwa Igor Strawinskis „The Rake’s Progress“ im Theater an der Wien zur Aufführung. Seine Intendanz in München eröffnete Kusej mit kräftiger heimischer Unterstützung: Unter den mehr als 50 Ensemblemitgliedern befanden sich mit Birgit Minichmayr, Nicholas Ofczarek, Markus Hering, Andrea Wenzl, Tobias Moretti, Norman Hacker, Werner Wölbern, Paul Wolff-Plottegg oder August Zirner auch zahlreiche Österreicher bzw. aus österreichischen Theatern bekannte Darsteller.
Martin Kusej wird Burgtheaterdirektor
Die Pressekonferenz, bei der der neue Burgtheaterdirektor vorgestellt wurde.
Als Matthias Hartmann 2014 aus dem Burgtheater entlassen wurde, kursierte sogleich Kusejs Name in den Feuilletons. Der winkte jedoch ab: „Mein Vertrag hier geht bis zum 31. August 2016 und ich sehe keinen Grund, diese erfolgreiche und aufregende Arbeit vorzeitig zu beenden“, sagte er damals. Sein neuer Vertrag am Burgtheater läuft ab Herbst 2019.
Königstorfer bleibt kaufmännischer Geschäftsführer
Parallel zum neuen künstlerischen Leiter als Nachfolger der derzeit amtierenden Karin Bergmann ab der Saison 2019/2020 wurde auch über die kaufmännische Geschäftsführung entschieden. Als Favorit auf seine eigene Nachfolge ab 1. September 2018 galt dabei der seit 2013 im Amt befindliche Thomas Königstorfer - mehr dazu in Burgtheater: Sechs kaufmännische Bewerber. Er wurde in seiner Funktion bestätigt - mehr dazu in Königstorfer bleibt kaumännischer Leiter.
Finanzskandal weiter Thema
Nach wie vor beschäftigt ein Finanzskandal das größte Theater Österreichs. Das Ermittlungsverfahren gegen die ehemalige Leitung des Burgtheaters wurde beendet. Es geht um Untreue und Bilanzfälschung. Ob eine Anklage folgt, entscheidet nun die Staatsanwaltschaft - mehr dazu in Burgtheater-Ermittlungen beendet.
Am Programm steht in der kommenden Saison ein Österreich-Schwerpunkt. „Der war gar nicht geplant, hat sich aber automatisch eingestellt“, erklärte Karin Bergmann zum Österreich-Schwerpunkt. Neue Stücke von Ferdinand Schmalz, Josef Winkler, Ewald Palmetshofer und Wolfgang Bauer sind dabei, dazu Thomas Köck und Joseph Roth: Elf der 21 derzeit weitgehend fix geplanten Premieren sind Ur- oder Erstaufführungen - mehr dazu in Österreich-Schwerpunkt im Burgtheater
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- Martin Kusej wird Burgtheater-Direktor (news.ORF.at)
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