Scheinfirmen: Erste Klage der Arbeiterkammer

Das Gesetz zur Bekämpfung von Sozialbetrug soll unter anderem helfen, Scheinfirmen aufzudecken. Mittlerweile sind rund 90 Adressen bekannt, darunter viele Bauunternehmen. Nun klagt die Arbeiterkammer erstmals eine Wiener Firma.

An der Firmenadresse der Barna Elektronik Service GesmbH in Ottakring gibt es nur ein leerstehendes Geschäftslokal. Der Geschäftsführer hat einen ungarischen Namen, er könnte ein Strohmann sein. Telefonisch ist er jedenfalls nicht zu erreichen. Das Finanzministerium erklärte die Wiener Firma zur Scheinfirma, mittlerweile ist sie in Konkurs. Die Juristin der Arbeiterkammer, Andrea Ebner-Pfeifer, vermutet gegenüber Ö1, dass andere Firmen diese Scheinfirma genutzt haben, um selbst weniger Sozialabgaben, Steuern und Löhne zahlen müssen - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Arbeiter waren bei Scheinfirma angemeldet

Die Firma beschäftigte acht Arbeiter aus Rumänien: „Die Arbeitnehmer waren immer der Meinung, sie arbeiten für die Firma BIT. Im Zuge der Prüfung der Unterlagen stellte sich aber heraus, dass sie während ihres Dienstverhältnisses auf eine andere Firma umgemeldet wurden - die Firma Barna“, so Ebner-Pfeifer im Ö1-Interview. Die Firma dürfte für die Arbeiter allerdings weder Sozialversicherungsbeiträge noch Lohnsteuer oder Löhne gezahlt haben.

Baustelle

ORF.at/Christian Öser

Die Arbeiterkammer klagt erstmals mutmaßliche Nutznießer von Scheinfirmen

Gezahlt habe nur der Chef der Firma BIT-Brandschutz-Isoliertechnik, schilderte ein Arbeiter. Über mehrere Monate sei es gerade genug gewesen, um nicht zu verhungern: „Ich habe 800 Euro bekommen. Die Arbeiterkammer sagt, ich hätte 5.300 Euro bekommen müssen. Wir mussten unterschreiben, dass wir achteinhalb Stunden am Tag gearbeitet haben. Aber wir haben zehn Stunden gearbeitet und am Samstag ohnehin zehn Stunden gratis.“ Das sei eine Vereinbarung mit der Firma BIT gewesen.

Eigentümer weist Vorwürfe zurück

Deren Eigentümer weist die Vorwürfe zurück: Die Firma Barna kenne er gar nicht. Im Februar habe er einzelne Arbeiter abgemeldet, weil er keine Arbeit mehr für sie gehabt habe. Eine Ummeldung auf die Scheinfirma habe es jedenfalls nicht gegeben. Er will die Arbeiter aufgrund der Vorwürfe gegen ihn klagen. Tatsächlich gibt es laut Experten Fälle, bei denen sich Arbeiter bewusst bei einer Scheinfirma anmelden lassen, ohne zu arbeiten - um krankenversichert zu sein oder auf andere Art vom Sozialsystem zu profitieren.

In diesem Fall trifft das laut Ebner-Pfeifer von der Arbeiterkammer aber nicht zu: „Für unsere Arbeitnehmer kann ich sicher sagen, dass das nicht der Fall war. Sie haben uns die Baustellenausweise gezeigt, wo sie für namhafte große Generalunternehmen tätig waren.“

Erste Klage gegen mögliche Nutznießer

Die Arbeiterkammer klagt nun die Löhne für die acht Arbeiter von der Subfirma BIT ein. Ein bisher einzigartiger Schritt gegen den möglichen Nutznießer einer Scheinfirmenkonstruktion. Sonst müsste womöglich der Insolvenzentgeltfonds die Löhne zahlen - und somit die Allgemeinheit.

Insgesamt dürften laut Arbeiterkammer im Jänner und Februar mehr als hundert Rumänen als Mitarbeiter der Scheinfirma Barna bei der Gebietskrankenkasse angemeldet worden sein. Die Firma BIT dürfte also nicht der einzige mutmaßliche Profiteur dieser Scheinfirmenkonstruktion sein. Die Finanzpolizei ermittelt, über die Ergebnisse gibt es aber noch keine Auskunft.

Eine Liste der ab 1. Jänner 2016 rechtskräftig festgestellten Scheinunternehmen ist auf der Homepage des Finanzministeriums veröffentlicht und zählt mittlerweile über 90 Einträge. Beauftragen Unternehmen offensichtliche Scheinfirmen, werden sie haftbar und müssen für Ansprüche aufkommen.

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