Neuer Glanz in rotem Plüsch: 105 Jahre Burg Kino

Es ist eines der ältesten Kinos der Welt: Zum 105-jährigen Geburtstag hat sich das Wiener Burg Kino schick gemacht und etwa in neue Sessel investiert. Ein beträchtlicher Aufwand in Zeiten knapper Kinobudgets und Förderungen.

Neue Böden in beiden Sälen und neue Sessel sind es geworden - wobei man es in Sachen neuer Look nicht gleich übertreiben wollte. Daher wurde mit Quinnette-Gallay jene französische Firma beauftragt, die auch schon vor 30 Jahren die charakteristisch roten Burg-Kino-Sessel angefertigt hat. Auch an der Aufteilung im Saal hat sich nichts geändert. Ein Sesseltausch war mal wieder überfällig, sagt Besitzer Kurt Schramek im wien.ORF.at-Interview: „Das war nicht mehr bequem und nicht mehr schön.“ Mehrfache Wassereinbrüche gaben den Sälen dann noch den letzten Rest.

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Das Burg Kino ist eines der ältesten noch betriebenen Kinos der Welt

Dabei hat das Burg Kino, glaubt man Schramek, ohnehin ein deutlich umsichtigeres Publikum als der durchschnittliche Blockbuster-Megaplex. „Wir haben glücklicherweise ein Publikum, das sorgsam mit der Einrichtung umgeht und auch zum Beispiel seinen Müll wieder mitnimmt“. erzählt er. Deshalb hätten die Sessel auch vergleichsweise lang gehalten. Circa 150.000 Euro hat Schramek in die neue Ausstattung investiert - gar nicht so wenig für ein Kino, das sich abseits von Mainstream und großen Ketten bewegt. 1912 eröffnet, ist das Burg Kino eines der ältesten Kinos weltweit, die noch bespielt werden.

Das Burg Kino als Familienbetrieb

Für die Umstellung auf digitalen Film hat man vor circa fünf Jahren schon einmal viel Geld in die Hand nehmen müssen. „Praktisch von heute auf morgen“ waren keine 35-Millimeter-Filme mehr im Programm der Verleiher. Damals gab es allerdings eigene Förderungen und einen Beitrag der Verleiher selbst - bei Renovierungsarbeiten fällt das weg. Sie müssen aus dem ohnehin knappen Budget gestemmt werden.

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Rosa Valentina Martino

Im Sommer hat man unter anderem in eine neue Bestuhlung investiert

„Wir kommen zurecht“, sagt Kurt Schramek, der das Burg Kino 1980 übernommen und immer als Familienbetrieb aufgefasst hat. Sohn Stefan steht bereits in den Startlöchern und gemeinsam arbeite man daran, den Kopf über Wasser zu halten. „Wenn man da nicht selbst einen großen Teil der Arbeit macht, dann würde es sich nicht ausgehen.“ Zumindest die Besucherzahlen seien stabil, in den vergangenen Jahren sei es vielleicht „eine Spur“ weniger geworden.

Sparen bei der Technik, Ausgaben im Marketing

Hier hilft die Digitalisierung: Die Personalkosten sind geringer geworden und die Arbeitsprozesse haben sich vereinfacht. Dafür warten neue Herausforderungen wie etwa Soziale Medien: „So viel man bei der Technik und der Vorführung einsparen kann, so viel mehr zu tun gibt es bei der Information der Öffentlichkeit.“ Die digitalen Festplatten fordern auch heraus - gerade was den Programmmix angeht.

Das Jahr 2016 war für das Burg Kino dennoch kein einfaches - alles steht und fällt mit dem Filmangebot. „Für uns sind einfach andere Filme wichtig als Blockbuster“, erklärt Schramek. Hier spezialisiert man sich neben den zur Tradition gewordenen Aufführungen des „Dritten Manns“ eher auf Arthouse-Kino. Und das ist nicht immer erfolgreich an den Kassen. „Von den erfolgreichsten 20 Filmen der vergangenen Jahre haben wir vielleicht drei gezeigt“, so Schramek. Wobei immer wieder doch ein Hollywood-Film am Programm steht.

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Im Burg Kino setzt man mehr auf Arthouse- als auf Blockbuster-Filme

Kritik an intransparenten Bundesförderungen

Dennoch: „Das Kinosterben von vor einigen Jahren ist vorbei“, sagt er. Verursacht wurde es damals durch den Einzug der Riesen-Multiplexe, im Gegenzug gibt es seitdem Unterstützung von Seiten der Stadt. 12.000 Euro jährlich macht die Förderung aus. Das ersetzt zwar nicht alle Besucher, die zu den Ketten abgewandert sind - laut Schramek gab es Einbrüche bis zu 50 Prozent - , hilft aber. Die Projektförderung der Stadt sei früher zwar teils großzügiger ausgefallen, aber zumindest noch vorhanden und transparent.

Re-Opening Night

27. Juli 2017, 20.30 Uhr
Burg Kino, Opernring 19

Nicht so die Förderungen des Bundes, kritisiert der Kinobetreiber. Hier würden meist dieselben Kinos bedacht - ohne Kriterienkatalog oder Evaluierung. Das Burg Kino geht in dieser Schiene seit Jahren leer aus. „Wir haben trotzdem auch heuer wieder eingereicht“, so Schramek. Diesmal mit Erfolg: 8.000 Euro Förderung gibt es vom Bundeskanzleramt, bei dem die Kulturagenden jetzt residieren.

„Wiedereröffnung“ mit Kurzfilm-Debut

Jetzt steht aber erst einmal der Jubel im Vordergrund: Die Sanierung wird am Donnerstag mit einer „Wiedereröffnung“ feierlich begangen. Am Programm stehen die beiden Filmstarts „Dunkirk“ und „Baby Driver“, danach wird zum ersten Mal im deutschen Sprachraum „Chacun son cinema“ gezeigt, eine Zusammenstellung von 33 Kurzfilmen der bedeutendsten Regisseure der Gegenwart, u.a. David Lynch oder Wim Wenders, die anlässlich des 60-Jahr-Jubiläums der Filmfestspiele in Cannes gedreht wurden. Um Mitternacht gibt es noch einen Überraschungsfilm aus den 80ern. Eintrittskarten für einen der Hauptfilme gelten für den ganzen Abend.

Barbara Wakolbinger, wien.ORF.at