Seisenbacher: Haftverhandlung ohne Übersetzer

Die Entlassung des zweifachen Judo-Olympiasiegers Peter Seisenbacher in Kiew aus der Auslieferungshaft hat in Wien für Erstaunen gesorgt. Nun steht fest, dass bei der Haftverhandlung in Kiew kein Dolmetscher anwesend war.

„Entscheidend war, dass kein Dolmetscher anwesend war und die Verhandlung abberaumt worden ist“, so Christian Pilnacek, der Strafrechtssektionschef im Justizministerium, gegenüber der ZIB1. Auch eine 40-Tage-Frist sei abgelaufen.

Seisenbachers Anwalt Bernhard Lehofer sagt, der Doppelolympiasieger sei in ukrainischer Haft gut behandelt worden. Er werde mit den Behörden in Kiew kooperieren: „Er steht den ukrainischen Behören zur Verfügung.“

Seisenbacher aus U-Haft entlassen

Die heimische Justiz ist sehr verwundert über das Verhalten der ukrainischen Kollegen: Sie haben Peter Seisenbacher aus der Haft entlassen.

Doppelolympiasieger in Kiew verhaftet

Seisenbacher wurde am Freitag überraschend aus der Auslieferungshaft in der Ukraine entlassen. Seisenbacher ist in Österreich wegen sexuellen Missbrauchs zweier Mädchen angeklagt. Vor dem Prozess setzte sich der Doppelolympiasieger ins Ausland ab. Anfang August wurde Seisenbacher - für den die Unschuldsvermutung gilt - in Kiew verhaftet.

Peter Seisenbacher

APA/Helmut Fohringer

Peter Seisenbacher

Das Justizministerium erwartet sich noch im September eine Entscheidung der ukrainischen Behörden. „Wir haben aus den Medien erfahren, dass Seisenbacher auf freiem Fuß ist“, sagt Britta Tichy-Martin, Sprecherin des Justizministeriums im Ö1-Mittagsjournal. „Die Enthaftung hat die österreichische Justiz überrascht. Aus welchen Gründen Herr Seisenbacher enthaftet wurde, entzieht sich derzeit noch unserer Kenntnis“, so die Sprecherin - mehr dazu in oe1.ORF.at.

Seisenbacher habe seinen Reisepass abgeben müssen, eine Kaution habe er nicht bezahlt, sagt sein Anwalt Bernhard Lehofer. „Aus meiner Sicht ist das in keiner Weise eigenartig“, so der Verteidiger.

Seisenbacher aus U-Haft entlassen

Die heimische Justiz ist sehr verwundert über das Verhalten der ukrainischen Kollegen im Fall Seisenbacher.

„Alle notwendigen Unterlagen“ eingereicht

Dass die österreichischen Behörden eine Frist versäumt oder Dokumente nicht rechtzeitig geliefert haben, schließt Justizsprecherin Tichy-Martin aus. „Wir haben sofort, nachdem die Verhaftung bekanntwurde, um Auslieferung ersucht. Von unserer Seite sind alle notwendigen Unterlagen und das entsprechende Ersuchen in der Ukraine eingelangt.“

Inoffiziellen Quellen zufolge soll Seisenbacher aber deshalb auf freiem Fuß gesetzt worden sein, weil das in Österreich angeklagte Delikt - schwerer Missbrauch Minderjähriger - in der Ukraine bereits als verjährt gilt. Im Justizministerium kann man das noch nicht bestätigen, sagt Sprecherin Tichy-Martin. „Uns liegt noch keine Information vor“, so die Sprecherin. Man warte noch auf ein Meldung der ukrainischen Behörden.

Sollte das Delikt in der Ukraine tatsächlich als verjährt gelten, dürfte die Chance auf Auslieferung eher gering sein. „Diese Entscheidung, ob die Auslieferung zulässig ist oder nicht, ist aus unserer Sicht noch nicht getroffen bzw. haben wir noch keine Information darüber erhalten. Wir können nur abwarten“, so Tichy-Martin. Eine Frist für diese Entscheidung gibt es in der Ukraine nämlich nicht.

Nie öffentlich zu Vorwürfen geäußert

Nach dem Ende seiner aktiven Karriere war Seisenbacher als Trainer dem Judo-Sport treu geblieben. In seinem Wiener Judo-Verein soll er - so die Vorwürfe der Staatsanwaltschaft Wien - zwischen 1997 und 2004 zwei im Tatzeitraum jeweils unmündige Mädchen missbraucht haben.

Seisenbacher hat sich zu den wider ihn erhobenen Anschuldigungen nie öffentlich geäußert und war seiner Hauptverhandlung, die am 19. Dezember 2016 starten hätte sollen, ferngeblieben - mehr dazu in Seisenbacher erschien nicht zu Prozess. Er hatte sich über Georgien in die Ukraine abgesetzt und war untergetaucht. Dort wurde er schließlich am 1. August verhaftet - mehr dazu in Peter Seisenbacher: Ermittlungen seit 2013. Am Freitag wurde er dann in Kiew aus der Auslieferungshaft entlassen - mehr dazu in Seisenbacher wieder auf freiem Fuß (news.ORF.at).