Museum geht auf „Pop-Tour“ durch Wien

Von Danzer über Chuzpe zu Bilderbuch: Das Wien-Museum widmet sich in seiner aktuellen Schau „Ganz Wien - eine Pop-Tour“ der heimischen Musikszene. Die Ausstellung dokumentiert Musiker und legendäre Auftrittsorte.

Der Titel bezieht sich auf einen Song von - nein, nicht Falco - Georg Danzer. „Ganz Wien träumt vom Kokain. Da gaunze Wiener Untergrund ist leider völlig aufn Hund“, heißt es in dem Song aus dem Jahr 1978. Das Lied darf als beispielhaft gelten, denn Subversivität war nach Ansicht der Kuratoren Michaela Lindinger, Walter Gröbchen und Thomas Mießgang ein maßgebliches Kennzeichen der nicht rein kommerziell orientierten Szene.

Vom „Star Club Wien“ bis zum „rhiz“

Die Verwendung von Dialekt, politische Botschaften und nicht zuletzt eine oft beachtliche Lautstärke - dies alles führte dazu, dass die heimische Popmusik sich anfangs mit Anfeindungen, Kritik und Widerständen herumschlagen musste. Schon allein die diversen Auftrittsorte hatten oft ein denkbar schlechtes Image. Diese Brennpunkte sind zentraler Bestandteil der Ausstellung, sie können dank Konzertmitschnitten virtuell besucht werden.

Begonnen hat es noch relativ harmlos. Der „Strohkoffer“ in der Kärntner Straße beherbergte Künstler und Literaten, wobei auch Musik - vor allem Jazz - bereits eine Rolle spielte. Der „Star Club Wien“ lud bereits Beat-Bands ein, Besucher mussten trotzdem noch Krawatte tragen. Doch dann kam der Underground, also das „Voom Voom“ in der Josefstadt, der „Camera Club“ in der Neubaugasse, das „U4“ oder das erste „Flex“, das mit Punk und Hardcore die Szene begeisterte und die Anrainer auf die Barrikaden brachte. Jüngere Szenetreffs wie das „rhiz“ sind ebenfalls mit dabei.

Innovation in der Sprache statt in der Musik

Die künstlerische Innovation fand weniger in der Musik, sondern vor allem in der Sprache statt, wie Kurator Thomas Mießgang ausführte. Ab den 1970er Jahren wurde in der Popmusik erstmals Dialekt verwendet. Die Worried Men Skiffle Group spielte hier mit „Glaubst I bin bled“ eine Vorreiterrolle. Austro-Popper wie Wolfgang Ambros folgten. Doch es gab auch immer wieder Gegenbewegungen zur Wortlastigkeit - etwa die weltweit beachtete Wiener Elektronikszene der 1990er Jahre.

In der Schau werden viele Protagonisten der vergangenen Jahrzehnte erwähnt, also zum Beispiel Drahdiwaberl, Gustav, die Bambis, die Schmetterlinge, Chuzpe, Minisex, Kruder&Dorfmeister, Hansi Lang, Supermax, der Nino aus Wien, Wanda, Kreisky, Andre Heller, Voodoo Jürgens oder Novak’s Kapelle. Ein Weltstar wie Falco darf ebenfalls nicht fehlen.

Wiener Pop-Geschichte im Museum

60 Jahre Wiener Pop-Geschichte sind jetzt im Wien-Museum zu sehen. „Ganz Wien“ präsentiert Raritäten für Augen und Ohren.

Goldener Anzug von Maurice Ernst zu sehen

Dass die aktuelle Supergroup Bilderbuch nicht in Wien, sondern in Oberösterreich gegründet wurde, ändert nichts daran, dass sie in der musealen Tour trotzdem eine wichtige Rolle spielen darf. In einer Ausstellung über Pop und Wien gehe es eben auch um die Rolle der Stadt als „Zentrifugalzentrum“ der heimischen Szene, wurde heute betont. Die Künstler müssten dabei nicht notwendig aus Wien stammen.

Bilderbuch-Sänger Maurice Ernst hat dem Wien-Museum sogar einen goldenen Anzug geliehen. Auch Marco Michael Wanda hat Kleidung gespendet - eine seiner eindeutig schon länger getragenen Lederjacken. Insgesamt sind mehr als 300 Objekte zu sehen, neben Bühnenoutfits werden auch Instrumente, Plattencover oder Plakate gezeigt. Mehr als 40 Hörstationen bieten außerdem Soundbeispiele.

Den Abschluss des Rundgangs bildet ein selbstreflektiv-subversiver Akt. „Subkultur als Subventionsspektakel?“ heißt es in jenem Teil der Schau, in dem das Popfest thematisiert wird. Das alljährlich von der Stadt Wien veranstaltete Gratis-Festival findet großteils vor dem Wien-Museum am Karlsplatz - zum Teil sogar im Museum selbst - statt. Wobei: Die sogenannte Gratiskultur ist schon weit länger Teil des lokalen Musikgeschehens. Denn auch für das weitaus größte Festival des Landes, das Wiener Donauinselfest, wird kein Eintritt verlangt. In der Ausstellung spielt das Mega-Event allerdings keine Rolle.

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