KHM-Chefin: Kein Gehör für Zukunftsvisionen

Die Entscheidung von Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ), ihren Vertrag nicht zu verlängern, „hat mich überrascht“, sagt KHM-Generaldirektorin Sabine Haag. Sie nimmt erstmals zu der viel diskutierten Personalie Stellung.

Energisch weist sie im APA-Interview zurück, keine Zukunftsvisionen gehabt zu haben. Gelegenheit, ihr Konzept dem Minister persönlich vorzustellen, habe sie jedoch keine bekommen. „Ich war verwundert, dass das nicht auf mehr Resonanz gestoßen ist“, sagt Haag. Im Laufe von 2019 wird Eike Schmidt die Stelle als KHM-Generaldirektor antreten - mehr dazu in Eike Schmidt übernimmt KHM.

Sabine Haag, Direktorin des Museum, stellt die Saliera in eine Vitrine

Kunsthistorisches Museum Wien

Sabine Haag plante eine Sanierung des Museums

Haag plante Funktionsstudie

Teil ihrer Bewerbung um eine weitere Amtsperiode sei nämlich eine große Raum- und Funktionsstudie gewesen, bei der sowohl eine Sanierung des Haupthauses als auch eine Weiterentwicklung des Maria-Theresien-Platzes (für den es seit langem ein Unterkellerungs-Projekt gibt, Anm.), seine Anbindung an den Heldenplatz und den Komplex der Neuen Burg sowie als besonderer Schwerpunkt die Modernisierung der Schatzkammer thematisiert wurden.

„Das Projekt hat natürlich ein größeres Kostenvolumen, aber davon darf man sich nicht abschrecken lassen“, betont die Generaldirektorin, die Wert darauf legt, seit ihrem Amtsantritt 2009 bei Kunstkammer, Depotneubau und Weltmuseum Wien nicht nur „Handschlagqualität“ bewiesen, sondern auch alle Projekte im Zeit-und Kostenrahmen abgewickelt zu haben.

KHM sollte nächste Ringbauten-Sanierung sein

Dass ihr dies seitens des Ministers lediglich als „solider Weg“ ausgelegt wurde, während Uffizien-Direktor Eike Schmidt als Gelegenheit präsentiert wurde, „um das Kunsthistorische Museum offensiv weiter zu denken“, möchte Haag nicht weiter kommentieren. Um bauliche Maßnahmen für das Haupthaus werde aber auch ihr Nachfolger nicht herumkommen. „Derzeit wird das Parlament saniert. Das nächste Gebäude an der Ringstraße, das saniert wird, muss natürlich das Kunsthistorische Museum sein.“

Dringend notwendig sei etwa eine Verbesserung der Möglichkeit für Sonderausstellungen. „Ich bin überzeugt, dass wir das brauchen.“ Haag schwebt dabei eine Lösung im zweiten Stock vor, der früher teilweise von der Sekundärgalerie (Haag: „Die geheime Galerie“) und momentan teilweise vom Münzkabinett genutzt werde.

Eike Schmidt

AFP/Alberto Pizzoli

Wann Schmidt sein Amt genau antritt, ist noch unklar

Planungen für 2019 abgeschlossen

Derzeit ist noch nicht klar, wann im Verlauf des Jahres 2019 Eike Schmidt von Florenz nach Wien wechseln kann. Haag ist bereit, über das Auslaufen ihres Vertrages mit Jahresende 2018 hinaus im Amt zu bleiben, um eine reibungslose Übergabe der Amtsgeschäfte zu ermöglichen. Dies nicht nur aus Begeisterung für ihren Job und großer Verbundenheit dem Haus gegenüber, sondern weil im Museumsbetrieb die Vorlaufszeiten immer länger würden.

„Unsere Planungen für 2019 sind mehr oder weniger abgeschlossen. Im Frühjahr 2019 zeigen wir Mark Rothko, im Herbst Caravaggio und Bernini. Ich habe gerade auch eine große Ausstellungskooperation mit Japan vereinbart.“

Noch kein Gespräch mit Schmidt

Mit ihrem designierten Nachfolger hat Haag noch kein Gespräch geführt, in einer wichtigen Personalentscheidung aber bereits auf ihn Rücksicht genommen. Nachdem klar war, dass Weltmuseum-Chef Steven Engelsman bald nach der Eröffnung wieder ausscheiden werde, habe man eine internationale Ausschreibung geplant. Um den neuen Generaldirektor jedoch nicht zu präjudizieren, hat man sich dazu entschlossen, Engelsmans Stellvertreter, den Ethnologen Christian Schicklgruber, ab Jahresbeginn 2018 für drei Jahre zum Direktor des Weltmuseums zu bestellen.

Dies sei keine interimistische Lösung, sondern nur eine verkürzte Vertragsdauer, um dem künftigen KHM-Generaldirektor etwa ein Jahr die Möglichkeit zu geben, sich selbst ein Urteil zu bilden und seine eigene Vorstellung für eine Wiederbestellung oder Neuausschreibung der Weltmuseums-Leitung zu entwickeln. „Christian Schicklgruber ist keine lokale Lösung. Er ist ein international renommierter, bestens vernetzter Experte, ein erstklassiger Museumsfachmann“, betont Haag.

Chance durch Haus der Geschichte

Schicklgruber sei gebeten worden, ein Programm für die kommenden drei Jahre vorzulegen, „mit allem, was dazugehört“. Er setze auf ein stark diskursives, dialogisches Programm, man hoffe auf eine „neue Dynamik“, die durch die Wiedereröffnung des Weltmuseums in dem Bereich entstehen könne und auch für die Bespielung der Sonderausstellungsflächen im Corps de Logis neue Möglichkeiten eröffne.

Eine weitere Chance ergebe sich dort, wenn das Haus der Geschichte tatsächlich wieder aus der Neuen Burg ausziehen werde und auch die burggartenseitigen, ursprünglich für den „Korridor des Staunens“ des Weltmuseums vorgesehenen Räume frei würden. „Wir sanieren die Räume, die weiterhin dem KHM-Museumsverband gehören, derzeit für eine temporäre Bespielung durch das ‚Haus der Geschichte‘. Mittel- oder langfristig hoffen wir, dort das ‚Heroon von Trysa‘ (ein großes lykisches Fries aus dem Bestand des Ephesos Museums, Anm.) zeigen zu können. Aber das ist Zukunftsmusik.“

Geht mit „Feuerwerk an Ausstellungen“

Haag zeigt sich im Gespräch mehr kämpferisch als amtsmüde und freut sich nicht nur auf die kommende Eröffnung des Weltmuseum Wien am 25. Oktober. „Ich werde stolz und hoch erhobenen Hauptes und mit einem Feuerwerk an Ausstellungen das Haus verlassen. Die Rubens-Ausstellung, die wir kommende Woche eröffnen, wird fulminant. Dass die Gemäldegalerie der Akademie für drei Jahre in das (vom Theatermuseum bespielte, Anm.) Palais Lobkowitz einziehen wird, eröffnet neue, spannende Synergien. Und unsere nächstjährige Ausstellung zu Pieter Bruegel dem Älteren wird eine Jahrhundertschau, die erneut zeigen wird: Wir zählen zu den Besten der Besten.“

Kultursektionschef weist Kritik zurück

Die Haag-Kritik wies Kultursektionschef Jürgen Meindl gegenüber der APA entschieden zurück. „Das stimmt schlichtweg nicht. Es hatte jeder die Gelegenheit dazu“, so Meindl. Der seit Sommer amtierende Sektionschef war auch Vorsitzender der Findungskommission für den KHM-Chefposten.

Die Entscheidung der Kommission und damit Empfehlung an Kulturminister Thomas Drozda (SPÖ) sei „ziemlich klar und eindeutig“ ausgefallen, betonte Meindl. „Deshalb ist auch die Empfehlung so ergangen.“ Drozda hatte Anfang September den derzeitigen Leiter der Uffizien in Florenz, Eike Schmidt, als künftigen KHM-Generaldirektor präsentiert.

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