Studie: Airbnb entzieht Wohnungen dauerhaft

Durch die Plattform Airbnb werden Wiens Wohnungsmarkt derzeit 2.000 Wohnungen dauerhaft entzogen, zeigt eine Studie der TU Wien. Betroffen ist vor allem die Innenstadt. Für die Vermieter ist es ein lukratives Geschäft.

Rund 8.600 Airbnb-Unterkünfte gibt es mittlerweile in Wien, mehr als sechsmal so viele wie vor drei Jahren. Rund 2.000 der Wohnungen werden dabei nicht nur kurzzeitig, sondern ständig an Touristen vermietet, analysiert das Department für Raumplanung der Technischen Universität Wien in einer nun veröffentlichten Studie. Damit gingen die Wohnungen für den klassischen Wohnungsmarkt verloren.

Grafik Hotspots in Wien

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In den violetten Bereichen ist die Dichte der Airbnb-Unterkünfte besonders hoch

Betroffen seien zudem Gegenden, in denen der Wohnungsmarkt ohnehin bereits sehr angespannt sei, sagte Studienleiter Roman Seidl. Die Airbnb-Unterkünfte würden sich in Wien vor allem auf drei Grätzel in den innerstädtischen Bezirken konzentrieren: das Karmeliterviertel, den Spittelberg und die Gegend um den Naschmarkt. „Da ist anzunehmen, dass das die Wohnungspreise noch weiter steigern wird“, so Seidl.

Einnahmen um bis zu 75 Prozent höher

Das kurzfristige Vermieten über Airbnb an Touristen sei inzwischen sogar eine Investitionsform: „Es gibt mittlerweile Leute, die Eigentumswohnungen verkaufen und gleich versuchen, das als Service mit anzubieten, dass sie sie auf Airbnb verwerten.“ Rund 1.500 Euro monatlich könne ein Airbnb-Vermieter im Schnitt verdienen - deutlich mehr als bei einer klassischen langfristigen Vermietung.

Roman Seidl

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Studienleiter Roman Seidl plädiert für mehr Kontrolle des Marktes

Die größte Differenz gibt es in Favoriten, hier sind laut dem Department für Raumplanung um 75 Prozent höhere Mehreinnahmen möglich, Schlusslicht ist Währing mit immer noch 36 Prozent. In der Leopoldstadt, wo sich auch das Karmeliterviertel befindet, kann man um rund 64 Prozent mehr verdienen.

Wenige große Anbieter dominieren

Insgesamt betragen die Einnahmen in Wien laut der Studie 81 Millionen Euro jährlich. Das entspricht rund zehn Prozent des gesamten Wiener Nächtigungsumsatzes. Analysiert wurde auch die Größe der Vermieter. Das Ergebnis: Es gebe zwar grundsätzlich viele kleine Anbieter, der Markt werde jedoch von einigen wenigen großen dominiert: „80 Prozent der Einnahmen gehen an 20 Prozent der Anbieter“, so Seidl. Die Vermietung des eigenen Zuhauses übers Wochenende oder im eigenen Urlaub, wie es Airbnb gerne bewerbe, sei also „nicht der Standardfall einer Airbnb-Vermietung in Wien“.

Airbnb in Wien

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In allen Bezirken können Vermieter über Airbnb mehr verdienen

Seidl plädiert für mehr Kontrolle des Marktes und vor allem der großen Anbieter. Eine Möglichkeit seien etwa Beschränkungen, wie viele Tage man eine private Wohnung an Touristen vermieten könne - oder die Einführung einer Lizenz. Damit könne man in belasteten Gebieten die Vermietung einschränken. In Städten wie Berlin und Amsterdam wurden ähnliche Maßnahmen bereits getroffen, um den Wohnungsmarkt zu schützen.

Stadt sieht keinen Handlungsbedarf

Die Stadt Wien sieht derzeit keinen Handlungsbedarf. „Wir reden von 2.000 Wohnungen, die dem Wohnungsmarkt entzogen werden, von 900.000 Wohnungen, die wir insgesamt haben. Das heißt, wir sprechen über zwei Promille der Wohnungen in Wien“, sagte Klemens Himpele, Leiter der städtischen Statistikabteilung (MA 23).

Karmeliterviertel

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Das Karmeliterviertel ist nur ein „Hotspot“ in Wien

Maßnahmen wie jene zur Einhebung der Ortstaxe auch bei Airbnb-Vermietungen seien derzeit ausreichend, so Himpele - mehr dazu in Keine Daten: Wien verhandelt mit Airbnb und in Onlinevermieter: Wien bereitet Strafen vor. Man werde die Situation aber natürlich weiter beobachten, betonte der Leiter der MA 23.

Airbnb wird in Wien wohl weiter wachsen, glauben die Autoren der TU-Studie, auch in recht neuen Gegenden: Attraktiv seien etwa verkehrstechnisch gut angebundene Lagen in Simmering und Favoriten, beispielsweise rund um den Hauptbahnhof, so Seidl. Denn dort könne man mit klassischen Mieten derzeit noch vergleichsweise wenig verdienen.

Airbnb weist Kritik zurück

In einer schriftlichen Stellungnahme wehrte sich Airbnb gegenüber den Vorwürfen der TU-Studie. Diese würde auf falschen Daten basieren und eine fehlerhafte Methodik nutzen. Das führe zu einer falschen Schlussfolgerung. „Wohnungen, die auf Airbnb angeboten werden, machen weniger als ein Prozent des Wiener Wohnungsmarktes aus, und der typische Home-Sharer vermietet sein Zuhause weniger als einen Tag die Woche“, so Airbnb.

Man wolle zudem mit der Stadt Wien an gemeinsamen Regeln arbeiten. „Daher haben wir bereits letztes Jahr im April angeboten, die Ortstaxe automatisiert über die Plattform einzuheben, und befinden uns aktuell in konstruktiven Gesprächen zu einer solchen Vereinbarung“, heißt es in der Airbnb-Aussendung.

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