Neuer „Eiserner Vorhang“ in Staatsoper

Eine Reifeprüfung auf 176 Quadratmetern: So präsentiert sich der eiserne Vorhang der Staatsoper in der Saison 2017/18. Der US-amerikanische Konzept- und Medienkünstler John Baldessari hat das Foto einer Abschlussklasse übermalt.

Der 86-Jährige ist für die 20. künstlerische Umgestaltung der Trennung zwischen Zuschauerraum und Bühne verantwortlich. Unter dem Titel „Graduation“ geht der mehrfache documenta- und Biennale-Teilnehmer Baldessari von dem Schwarz-Weiß-Foto einer universitären Gruppe aus. Fünf Mitglieder der Formation sind von Baldessari in Folge in bunten Farben übermalt worden, werden so aus der Monotonie der Gruppe enthoben und zugleich selbst anonymisiert - ein Wechselspiel aus Enthüllen und Verbergen.

Staatsopern-Direktor Dominique Meyer am Mittwoch, 18. Oktober 2017, im Rahmen der Präsentation des neuen Eisernen Vorhangs in der Staatsoper in Wien

APA/Hochmuth

Staatsopern-Direktor Dominique Meyer vor dem umgestalteten Eisernen Vorhang

„Größter Rahmen der Welt für die Kunst“

„Heute ist ein schöner Tag“, freute sich Staatsopern-Direktor Dominique Meyer über das neue Projekt: „Das ist der größte Rahmen der Welt für die Kunst.“ Ausgewählt wurde der Künstler durch die Kuratoren Daniel Birnbaum und Hans-Ulrich Obrist. Die Baldessari-Arbeit stellt dabei das 20-Jahr-Jubiläum der vom museum in progress konzipierten Reihe „Eiserner Vorhang“ dar. „Es ist eine Präsentation der Avantgarde mitten im Musentempel der klassischen Kunst“, freute sich Kathrin Messner als Gründerin von museum in progress über die Installation „in der Hochburg bürgerlicher Kultur“.

Diese wird seit 1998 in Kooperation mit der Wiener Staatsoper und der Bundestheater-Holding realisiert. Dabei werden wechselnde Arbeiten zeitgenössischer Künstler mittels Magneten auf dem 60 Tonnen schweren Feuerschutz befestigt, darunter Konzeptionen von Maria Lassnig, Jeff Koons und Franz West.

Der originale eiserne Vorhang aus 1955 stammt von Rudolf Eisenmenger (1902 - 1994), der wegen seiner Leitungstätigkeit im Wiener Künstlerhaus zur Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft umstritten ist, und zeigt ein „Orpheus und Eurydike“-Motiv.

Ausstellung im Marmorsaal der Staatsoper

Das 20-Jahr-Jubiläum feiert man dabei nicht nur mit einem neuen Vorhang. So ist im Marmorsaal der Staatsoper eine Ausstellung unter dem sprechenden Titel „Curtain - Vorhang“ mit den im Kleinformat von der Decke hängenden eisernen Vorhängen der vergangenen beiden Jahrzehnte installiert.

Im Sommer kommenden Jahres wird die Schau in den Bregenzer Bildraum weiterwandern. Überdies ist aus Anlass des Jubiläums auch eine umfassende Publikation des Gesamtprojekts veröffentlicht worden. Ebenfalls unter dem Titel „Curtain - Vorhang“ hat Kaspar Mühlemann Hartl den Rundblick über das Projekt gestaltet.

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