Mordversuchsprozess nach 20 Jahren

Wegen versuchten Mordes ist in Wien am Dienstag ein lange Zeit untergetauchter Verdächtiger vor Gericht gestanden. Er soll versucht haben, eine Frau zu erschießen. Es sei nur der Versuch misslungen, absichtlich daneben zu schießen.

„Diese Person hat mein Leben vernichtet. Gesundheitlich, psychisch, überhaupt“, gab die mittlerweile 49-Jährige zu Protokoll. Immer wieder brach sie in Tränen aus, schluchzte und musste von einer Prozessbegleiterin beruhigt werden. Die Frau hatte ausdrücklich Wert darauf gelegt, in Anwesenheit des Mannes auszusagen. Sie habe zwar Aufmerksamkeit und finanzielle Zuwendungen des Mannes akzeptiert, aber nicht einmal seinen richtigen Namen gekannt.

Sie hätte zwar zwei Mal nach Partys mit dem Mann geschlafen. Mehr sei aber nicht gewesen. Dies habe sie auch deutlich zum Ausdruck gebracht, sagte sie vor Gericht. Doch der Mann habe dies nicht wahrhaben wollen, sie bedroht und schließlich angekündigt, dass sie sterben würde, wenn sie ihn abwimmle.

Angeklagter wollte „nicht einmal verletzen“

Er habe die Frau geliebt, sei mit ihr ein Jahr zusammen gewesen, habe ihr alle Wünsche erfüllt. Dann habe er am Tag der Tat erfahren, dass sie mit einem anderen Mann zusammenlebt, sagte der Angeklagte vor Gericht. Er habe die Frau nur erschrecken wollen, absichtlich vorbei zu schießen sei seine Absicht gewesen, habe dann aber „irrtümlich getroffen“. Der erste Schuss ging in den Ellenbogen, der zweite in den Bauch.

Dieser zweite Schuss habe sich unabsichtlich gelöst, als er über die Theke klettern wollte, um zu schauen, ob er die Frau mit dem ersten Schuss getroffen habe. Dabei sei er zu Sturz gekommen, gemeinsam mit der Frau. Als beide am Boden lagen, habe sich der zweite Schuss gelöst. Der Verteidiger sprach von einem „verzweifelten Versuch“, die Frau zu halten. Das Verhalten nach der Tat bezeichnete aber selbst er als „unschön“.

Lebensgefährlich verletzte Frau in Wohnung gezerrt

Zu der Tat kam es im Februar 1997, als der Mann die Frau aus dem Lokal, in dem sie arbeitete, abholen wollte. Als sie sich weigerte, mit ihm zu gehen, zog er eine Waffe und schoss. „Ich habe nur Blitze gesehen“, schilderte die Frau vor Gericht. An den Haaren zerrte der Täter die lebensgefährlich verletzte Frau in sein Auto und in seine Wohnung. Sie sei davon ausgegangen, dass sie sterben werde.

In der Wohnung des Mannes überzeugte ihn dessen Vater, dass die Frau in ein Spital gehöre. Er legte die stark blutende Frau im Gang ab. Sie schaffte es noch, an einer Tür zu klopfen. Die Bewohner alarmierten die Rettung. Eine Notoperation rettete der Frau das Leben, allerdings erholte sie sich nicht wieder von den Folgen. Sie wurde insgesamt 18 Mal operiert, kann nicht mehr arbeiten.

Prozess gegen fünffachen Vater vertagt

Der mutmaßliche Täter, ein Albaner, setzte sich in seine Heimat ab, tauchte unter und gründete eine Familie. Der heute 45-Jährige ist Vater von fünf Kindern. Anfang des heurigen Jahres kam man ihm auf die Spur, nahm ihn fest und lieferte ihn nach Österreich aus. In der Anklage wird unerwiderte Liebe als Motiv für die Tat genannt. Der Mann wollte den Angaben zufolge eine rein platonische Liebe nicht akzeptieren und bedrängte die Frau immer wieder, mit ihm eine intime Beziehung einzugehen.

Der Prozess um versuchten Mord wurde auf 21. Dezember vertagt. Das Gericht entschloss sich, ein ballistisches gutachten einzuholen. Zudem soll auch Gerichtsmediziner Christian Reiter zu Wort kommen.