„Kopulierende iPhones“ im MAK zu sehen

Soziale Verflechtungen und der Einfluss von Technik auf Individuum: Im MAK - Museum für angewandte Kunst zeigt der deutsche Künstler Thomas Bayrle (79) unter anderem eine Installation von „kopulierenden iPhones“.

„Wenn etwas zu lang ist - mach es länger“ nennt sich die Schau des gelernten Webers und Musterzeichners, die den Besuchern bereits beim Betreten der Säulenhalle in Empfang nimmt: Die raumfüllende, behegbare Bodeninstallation „iPhone meets Japan“ taucht das Atrium in helles Blau, ihre Wirkung entfaltet sie freilich erst, wenn man von der Galerie auf sie hinab blickt.

Dann löst sich aus den vielen Formen ein japanisches Shunga von Nishikawa Sukenobu aus dem frühen 18. Jahrhundert. Massenkonsum trifft Körperlichkeit, Fortschritt trifft Tradition.

„Sex ohne Maschinen nicht mehr denkbar“

In seiner Explizitheit findet sich der hier aus stilisierten iPhones bestehende sexuelle Akt auch im Untergeschoß wieder, wo die Kuratoren Bärbel Vischer und Kunsthallen-Chef Nicolaus Schafhausen im MAK Design Labor frühere Arbeiten des Künstlers zeigen. Darunter auch „Blumen des Bösen“ (1989) und das daraus entstandene „Fuck Canon“ (1990), wo Bayrle Ausschnitte aus einem Pornoheft zu einer Collage verarbeitete, die sich in der zweiten Arbeit auf einer höheren (medienkritischen Ebene) aus hunderten Canon-Kameras zusammensetzt.

„Sex ist ohne Maschinen nicht mehr denkbar, das war schon damals so“, erklärte der Künstler. „Die bildliche Reproduktion macht die Hälfte der Fantasie aus“, spielt er auf die Porno-Industrie an, die in den 1980ern auch von der Entwicklung im Kamera-Sektor profitierte.

Zwei Perspektiven

Auch bei „Fuck Canon“ braucht der Ausstellungsbesucher zumindest zwei Blicke auf das Werk: jenen aus der Ferne, um die aus dem Bild hervortretenden Sujets zu erfassen und jenen aus der Nähe, um die in Serie gesetzten Details zu entdecken, aus denen das Werk zusammengesetzt ist. Das sind in anderen Werken etwa Äpfel, weitere iPhones, Kreuze, sportelnde Businessmen oder Computerbildschirme.

Veranstaltungshinweis:

Ausstellung „Thomas Bayrle: Wenn etwas zu lang ist - mach es länger“ im MAK, bis 2. April 2018

Bayrles berufliche Ausbildung als Weber und Musterzeichner wird aber auch in anderen Arbeiten deutlich, etwa in den verschlungenen Autobahnen, die in seinen Reliefbildern Währungssymbole formen oder religiöse Symbole, die im dritten Teil der Schau (in der MAK-Schausammlung Gegenwartskunst) die Arbeiten dominieren. So findet sich dort auch die speziell für die Ausstellung angefertigte Tapisserie „iPhone Pieta“. Andere Werke tragen klingende Titel wie „Gotischer Schinken“ (1980) oder „Himmelfahrt“ (1980).

Besonderes Erlebnis für Gastkurator

Das Politische in Bayrles Arbeiten ist allgegenwärtig, drängt sich jedoch selten in den Vordergrund. In Papierarbeiten aus den 1960er- und 1970er-Jahren widmete er sich etwa der Verfremdung von Börsenberichten oder - in der Arbeit „Kartoffelzähler“ - dem kommunistischen China zur Zeit des Diktators Mao Zedong.

Für Gastkurator Schafhausen war die Arbeit im MAK ein besonderes Erlebnis, da Museen eben nicht jener „leere Raum“ seien, mit dem er es in der Kunsthalle zu tun habe. „Es gibt Künstler, um die schleicht man lange herum und sucht nach einem passenden Kontext“, so der Direktor der Kunsthalle Wien. Diesen habe er nun im MAK gefunden.

„Bayrle kann mit einer Tasse ebenso umgehen wie mit archaischen christlichen Symbolen“, schwärmte Kuratorin Vischer. Für Bayrle war das MAK schließlich „eine tolle Fundgrube“, in der sich Ornamente in vielfältigster Form finden. Am Schluss zeigte er sich auch politisch: „Es ist nicht der Moment, wo wir uns als Künstler zurückziehen sollten. Wir sollten rausgehen und uns selbst hinterfragen.“

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