Preiswürdiger Pfusch im mumok

„Ich baue Sachen“, sagt Julian Turner über sich selbst. Das mumok widmet dem Hamburger „Pfuscher“ eine Personale. Weniger Pfusch gibt es in der zweiten neuen Ausstellung, die die Sammlung von Wolfgang Hahn zeigt.

Der gebürtige Hamburger, Jahrgang 1985, hat derzeit eine Personale im mumok: ein Teil des Kapsch Contemporary Art Prize, den er für 2017 gewonnen hat. „In Wien würde man ‚Pfusch‘ dazu sagen“, erklärte Kuratorin Marianne Dobner. Oder, etwas weniger charmant: fake. Denn Julian Turner kleistert seine Materialien nicht nur ziemlich handmade zusammen, er gibt sie dabei augenzwinkernd gern als etwas anderes aus.

Mehr schlechte als rechte Imitationen

Seine Tableaus geben - mehr schlecht als recht - vor, eine portugiesische Fisch- oder eine japanische Maki-Auslage zu sein. Seine Filme wollen auf „Exkursion“ nach Venedig entführen, stellen sich aber schnell als Kameraschwenk durch ein aus Kartonage, Pflanzen, Zuckerwürfel und Matchboxautos erbautes Miniaturmodell heraus.

Ausstellungshinweis:

„Julian Turner: warum nicht“, bis 11. März 2018, mumok Ebene -2

Mit viel Humor stellt Turner die Norm des Displays, des Fertigen und Präsentierenswerten infrage. Er lässt in einer kleinen Kammer - mit einer schiefen Rollo nur notdürftig verschlossen - auch seine Werkzeuge und Utensilien zwischen Klebeband, Fixierschaum und Bierflasche Teil der Ausstellung sein und betitelt das Unterfangen mit einer Antwort, die die Frage ebenso frech wie stilsicher vorwegnimmt: „warum nicht“.

Der im Vorjahr ins Leben gerufene Kapsch Contemporary Art Prize ist mit 5.000 Euro, einer mumok-Personale sowie einer Publikation dotiert, eine Jury wählte aus 19 durch Nominatoren eingeladenen Bewerbungen aus. Den ersten Preis im Vorjahr erhielt Anne-Sophie Berger. In der Jurybegründung lobt man Turners „lockeren wie souveränen Umgang mit den institutionellen Konventionen des Kunstbetriebs.“

Weniger Pfusch: Wolfgang Hahns Kunstsammlung

Besucher des mumoks können sich außerdem über die Kunstsammlung von Wolfgang Hahn freuen. Ein Ausstellungsstück hatte eine besondere Entstehungsgeschichte. Hahn lädt seine Freunde etwa zum Abendessen ein. Jeder soll sein eigenes Geschirr mitbringen. Man isst, raucht, plaudert. Die daraus entstandene Skulptur von Daniel Spoerri ist ebenso im mumok zu sehen, wie große weitere Teile der Kunstsammlung Hahns. Der Restaurator, aber auch Zeitgenosse von Kunst, hat eine Kollektion als „Brennglas der 60er“ zusammengetragen.

Ausstellungshinweis:

„Kunst ins Leben! Der Sammler Wolfgang Hahn und die 60er Jahre“, bis 24. Juni 2018

Bereits 1978 wurde sie vom mumok gekauft, später weiter ergänzt. Hahn war eine Fixgröße der Kölner und Rheinländischen Kunstszene seiner Zeit, war auch als Restaurator im Dunstkreis der Familie Ludwig tätig, mit vielen Künstlern befreundet, immer der erste in den Galerien und fleißiger Käufer jener Strömungen, für die Köln als Kunststadt steht: Fluxus, Pop und Konzeptkunst, auch der im nahen Paris erblühende Nouveau Realisme. „Er ist und bleibt Zeitgenosse“, so Kuratorin Barbara Neuburger.

Einst Rebellion, heute Nostalgie

Auf schlicht und luftig zusammengebauten Schwerlastregalen haben die Ausstellungsmacher die Objekte inthronisiert, denen einst wilde Rebellion innewohnte - und heute ein Hauch Nostalgie. Nam June Paik und sein massakriertes „Klavier integral“, George Segals anachronistische, lebensgroße Gipsfiguren, Yayoi Kusamas Phallus-Schuhe - oder eben Daniel Spoerris „Hahns Abendessen“: eine verlassene Tafel samt Speiseresten, gut gefüllten Aschenbechern und schmutzigem Geschirr, festgehalten als lebensgroße, um 90 Grad geneigte Skulptur.

Die Ausstellung mit dem Titel „Kunst ins Leben!“, die nach der 2005 erfolgten Schenkung der Bibliothek Hahns durch seine Witwe nun erstmals in vollem Umfang die Sammlung präsentiert, wurde gemeinsam mit dem Schwestermuseum Ludwig in Köln produziert, wo sie über den Sommer zu sehen war.

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