Pflegeregress-Aus: Andrang auf Heimplätze

Durch die Abschaffung des Pflegeregresses ist auch in Wien die Nachfrage nach Pflegeplätzen stark gestiegen. Der Fonds Soziales Wien verzeichnet um ein Viertel mehr Anmeldungen. Wien fordert vom Bund einen Kostenersatz.

„Das ist natürlich eine riesige Zahl“, sagte Peter Hacker, Geschäftsführer des Fonds Soziales Wien, zum Anstieg bei den Anmeldungen. Zusätzlich gebe es 600 Anträge, private Pflegeplätze in öffentlich geförderte umzuwandeln. Bisher hätten Menschen ihre Pflegeheimkosten zum Teil selbst bezahlt, um ihr Vermögen nicht offenlegen zu müssen, erklärte Hacker im „Wien heute“-Interview: „Jetzt haben diese keinen Grund mehr dafür, nicht eine Förderung in Anspruch zu nehmen.“

Pflegerin mit Patientin in Rollstuhl

APA/Barbara Gindl

Der Fonds Soziales Wien rechnet mit Mehrkosten bis zu 130 Mio. Euro pro Jahr

Der Fonds Soziales Wien rechnet für Wien durch die Abschaffung des Pflegeregresses mit 100 bis 130 Millionen Euro Mehrkosten pro Jahr. Die will man natürlich vom Bund zurückhaben - die Kostenexplosion sei nämlich absehbar gewesen, so Hacker: „Umso verwunderlicher ist es, dass jetzt schon fast Mitte Februar ist, und es noch immer keine Gesprächseinladungen gibt.“

Ende des Regresses: Mehr Pflegeanträge

Bis zu 130 Mio. Euro Mehrkosten soll das Ende des Pflegeregresses für Wien bedeuten. Denn die Zahl der Pflegeanträge ist sprunghaft gestiegen.

Noch genug Heimplätze in Wien

Der Pflegeregress wurde bundesweit mit Jahresbeginn 2018 abgeschafft. Das Vermögen von Menschen in Pflegeheimen wird nun nicht mehr angetastet, um die Kosten zu decken. Pflegeplätze in der Stadt gibt es übrigens trotz der gestiegenen Nachfrage noch genug. Man werde die Entwicklung heuer abwarten, so Hacker. Dann könne man auch sehen, ob es eventuell auch Neubauten im Pflegebereich brauche.

Frauenberger fordert rasche Verhandlungen

Ebenso wie der Gemeindebund forderte am Montag auch die Wiener Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) den Bund auf, rasch in Verhandlungen über einen finanziellen Ausgleich für die Abschaffung des Pflegeregresses einzutreten. Alleine für Wien bezifferte sie die Mehrkosten mit rund 100 Millionen Euro pro Jahr.

Bereits bei Beschluss des Parlaments mit den Stimmen der ÖVP sei klargestellt worden, dass die daraus entstehenden Kosten der Länder vom Bund abgegolten werden müssen. „Der Bund kann nicht Beschlüsse fassen und sich um die finanziellen Auswirkungen nicht mehr kümmern wollen“, so Frauenberger in einer Aussendung.

NEOS: „Wahlzuckerl-Scherben“

Frauenberger erinnerte auch an eine Resolution des Wiener Landtages, in der der Bund zur sofortigen Aufnahme von Verhandlungen über die vollständige Kompensation der Einnahmenentfälle aufgefordert wurde. Diese Resolution wurde auch von ÖVP und FPÖ unterstützt. Damals waren sowohl der jetzige Kanzleramtsminister Gernot Blümel (ÖVP) wie auch der nunmehrige Chef des FPÖ-Parlamentsklubs Johann Gudenus Mitglieder des Wiener Landtages.

Nach Ansicht von NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker stehen ÖVP und FPÖ vor den „Scherben ihres Wahlzuckerls“, das sie gemeinsam mit SPÖ und Grünen beschlossen haben. Die Abschaffung des Pflegeregresses habe die Nachfrage nach Heimplätzen massiv erhöht und untergrabe damit das eigentliche Ziel, dass Menschen möglichst lange zu Hause betreut werden. Kein Verständnis hat Loacker auch für die jetzigen Proteste von Bürgermeistern, die damals im Parlament für die Abschaffung gestimmt haben.

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