Weltmuseum sagt Stück über Flüchtlinge ab

Das Weltmuseum hat am Freitag die Aufführung des Theaterstücks „Welt in Bewegung“ abgesagt, nachdem Kritik aufgekommen ist. Mit dem Stück will das Innenministerium Schüler über das Thema Flucht aufklären.

„Nach genauer Sichtung der nun vorliegenden Unterlagen ist der Programmbeirat zur Erkenntnis gelangt, dass das Stück ‚Welt in Bewegung‘ nicht zum Programmkonzept von ‚Bühne frei!‘ passt. Es ist uns ganz wichtig nochmal zu betonen, dass wir ein Treffpunkt für Menschen und Kulturen sind, wo die Wertschätzung von und die Begeisterung für kulturelle Vielfalt vermittelt werden“, hieß es in einem ersten Statement des Weltmuseums. Bereits gekaufte Tickets würden zurückerstattet.

Museumsdirektor Christian Schicklgruber ergänzte dann am Nachmittag: „Das Weltmuseum Wien hatte nicht die Absicht das Theaterstück ‚Welt in Bewegung‘ vorzuverurteilen. (...) Aufgrund des großen öffentlichen Interesses und offensichtlich vieler offener Fragen würden wir gegebenenfalls gerne in naher Zukunft das Theaterstück zeigen, aber in Verbindung mit einer Diskussionsrunde, wo auch die unterschiedlichen Stimmen und Meinungen ausgedrückt werden können.“

„Es wird gespielt, was Innenministerium will“

Geschrieben hat das Stück „Welt in Bewegung“ Regisseur und Schauspiellehrer Edmund Emge. Das Zielpublikum sind Elf- bis 17-jährige Schüler. Den Auftrag für das Stück hat er mit seiner Firma Acting Power 2017 vom Innenministerium, damals unter der Führung von Wolfgang Sobotka (ÖVP), bekommen. An der Entwicklung des Stücks waren neben dem Innenministerium auch das International Centre for Migration Policy Development (ICMPD) und die Pädagogische Hochschule Niederösterreich beteiligt.

In dem Stück kommen zwei Flüchtlinge nach Österreich. Nadim, syrischer Kriegsflüchtling, der sich gleich zu Beginn um einen verletzten österreichischen Reporter kümmert, und Mojo, der pauschal aus „Afrika“ stammt und sich von Schleppern das Blaue vom Himmel versprechen lässt. In Europa bekomme man Geld, ein Auto, ein Haus. Während der eine als geduldig, freundlich, dankbar und fleißig porträtiert wird, Deutschkurse besucht und einen positiven Asylbescheid erhält, gerät Mojo, der Wirtschaftsflüchtling, nach abgewiesenem Asylgesuch in die Fänge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).

An dem Stück wurde zuletzt Kritik laut. Die Regisseurin Tina Leisch nennt es plumpe Propaganda. Gerhard Ruiss von der IG Autorinnen und Autoren sieht in dem Stück „eine Agenturleistung und sonst nichts. Das Innenministerium hat bestellt, die Agentur hat geliefert. Es wird also gespielt, was das Innenministerium will“ - mehr dazu in fm4.ORF.at.

Autor: „Geht nicht in rassistische Richtung“

Der Autor Emge versteht die Kritik und auch die Absage des Weltmuseums nicht. „Alle, die Kritik üben, haben das Stück selbst noch nicht gesehen. Es geht nicht in eine rassistische Richtung. Im Ensemble sind auch afrikanische und arabische Jugendliche, die den Inhalt bestätigen“, sagt Emge gegenüber wien.ORF.at.

Jedes Theaterstück müsse zudem „plakativ“ sein. Es würden „Vorurteile gezeigt und thematisiert. Auch um den Menschen einen Spiegel vorzuhalten.“ Und dass es Schleppervideos mit Versprechungen an Flüchtlinge gebe, sei Realität. Außerdem dürfe man nicht vergessen, dass für ein junges Publikum gespielt werde, das „zum Teil gar nicht Deutsch als Muttersprache hat“, so Emge.

Das Stück wurde bereits mehr als 70-mal kostenlos an Schulen gezeigt. Laut Emge haben bisher rund 10.000 Schülerinnen und Schüler und 350 bis 4.000 Lehrerinnen und Lehrer das Stück gesehen. „Das Feedback von fast allen war positiv. Aber das Stück wird ständig überarbeitet. Wir nehmen die Anregung des Publikums sehr ernst“, so Emge. Im April stehen laut dem Autor Aufführungen an Schulen in Wien, Nieder- und Oberösterreich auf dem Spielplan.

Ministerium verteidigt Stück

In Nebenrollen treten ebenfalls durchwegs stereotype Charaktere auf: ausländerfeindliche ältere Damen, ein quotenhungriger Journalist, die Karikatur einer naiven Vertreterin der „Willkommenskultur“. „Natürlich müssen wir Dinge vereinfachen und herunterbrechen“, so auch Alexander Marakovits, Sprecher des Innenministeriums, gegenüber Ö1 - mehr dazu in oe1.ORF.at. Die Idee stamme vom früheren Innenminister und aktuellen Nationalratspräsidenten Sobotka, der Kinder und Jugendliche damit gezielt mit dem Thema konfrontieren wollte.

Bei den Vorstellungen sind jeweils Vertreter des Innenministeriums anwesend, die im Anschluss für Diskussionen zur Verfügung stehen. Das habe mit Propaganda nichts zu tun, so Marakovits. Es handle sich um „Informationsvermittlung“ in „kreativer Art und Weise“, so Marakovits. Entstanden sei die Initiative außerdem in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule St. Pölten.

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