Terrorprozess: „Keine Anstiftung zum Mord“

Der 19-Jährige bekannte sich zu den Punkten terroristische Vereinigung und kriminelle Organisation schuldig. Er bestritt aber, einen Zwölfjährigen zu einem Selbstmordanschlag auf einen Weihnachtsmarkt angestiftet zu haben.

Er stellte auch in Abrede, gemeinsam mit seiner Ehefrau ein Attentat auf die Militäreinrichtung der US-Streitkräfte im deutschen Ramstein geplant zu jaben. „Er hat ihn als Mentor geleitet und ihm gewisse Anschlagspläne eingehaucht“, hatte der Staatsanwalt über die Rolle des Angeklagten in Bezug auf den Zwölfjährigen erläutert. Der Ältere hätte den Jüngeren „angeleitet, wo und wann er einen Anschlag begehen soll“.

Dem trat Verteidiger Wolfgang Blaschitz entgegen: „Es hat kein Subordinationsverhältnis gegeben.“ Der Bub hätte unabhängig von seinem Mandanten denselben selbstständigen Kontakt zu einem ranghohen deutschsprachigen IS-Vertreter namens Mujahad gehabt. Beide, sowohl der Zwölfjährige als auch der 19-Jährige, wären von Mujahad - Näheres zu dessen Identität konnte bisher nicht ermittelt werden - „manipuliert“ worden. Blaschitz bezeichnete die beiden als „gehirngewaschene Opfer, die er (Mujahad, Anm.) wie im Puppentheater geführt hat“.

Zwölfjähriger sei kein „heintjeartiger Sängerknabe“

Das IS-Mitglied sei der „Strippenzieher“ gewesen, das den Unmündigen und den Minderjährigen zu Anschlagsplänen verführt hätte. Der Zwölfjährige sei nicht als „heintjeartiger Sängerknabe“ zu sehen. Dieser hätte sich vielmehr im Internet in einer radikalen Gruppe namens „Muslim Task Force“ als besonders scharfer Wortführer hervorgetan, während sein Mandant dort mäßigend aufgetreten sei, sagte Blaschitz.

Terror-Prozess gegen Lorenz K.

Am Landesgericht hat der Prozess gegen einen 19-Jährigen begonnen, der im Namen der Terror-Miliz Islamischer Staat (IS) Anschläge geplant haben.

Mit den Anschlags-Absichten des Zwölfjährigen hätte der Angeklagte „schon aus logischen Gründen nichts zu tun“, versicherte der Verteidiger: „Jemanden, der schon eine konkrete Vorstellung hat, kann man nicht anstiften.“ Der 19-Jährige hätte unmittelbar vor dem 26. November 2016, als der Zwölfjährige sich mit einem selbst gebastelten Sprengsatz Richtung Weihnachtsmarkt begab, nicht mehr auf Sprachnachrichten des Jüngeren reagiert, gab der Verteidiger zu bedenken.

Angeklagter nannte sich „Terroristen-Chefkoch“

Der Unmündige wollte etwa wissen, was er machen solle, weil der Gürtel zu dick sei, um diesen unter seiner Jacke verbergen zu können. Der Anklage zufolge soll der 19-Jährige dem Zwölfjährigen nicht nur eine Anleitung zum Herstellen einer Bombe in Form eines pdf-Files geschickt haben, wobei er sich als „Terroristen-Chefkoch“ bezeichnete. Er soll dem Strafunmündigen auch vorgegeben haben, den Anschlag auf einem Weihnachtsmarkt und nicht - wie der Bub ursprünglich beabsichtigt hatte - in einer Kirche zu verüben.

Laut Anklage marschierte der Strafunmündige am 26. November 2016 mit einer selbst fabrizierten Bombe auf einen rund 900 Meter vom Ludwigshafener Rathaus-Center entfernt gelegenen Weihnachtsmarkt. Weil es nicht krachte, deponierte der Zwölfjährige den Sprengsatz hinter einem Gebüsch, wo er am 3. Dezember 2016 von der Polizei gefunden wurde. Die sichergestellte Nagelbombe bestand aus einem mit Klebeband umwickelten Gewürzglas, an dem an der Außenseite 41 Nägel befestigt waren.

Im Inneren befanden sich weitere elf Nägel. In einem mittig vorhandenen Loch am Deckel des Gewürzglases war eine Wunderkerze fixiert, die als eine Art Zündschnur fungieren sollte. Die Bombe wurde von einem Gutachter untersucht, wobei ihre Funktionstüchtigkeit mittels eines Nachbaus getestet wurde.

Angeklagter war „ganz normaler“ Jugendlicher

„Wir müssen dankbar sein, dass wir heute hier sitzen und den Prozess führen dürfen. Wäre es nämlich nach der Vorstellung des Angeklagten gegangen, hätten wir eine Vielzahl an Toten zu beklagen“, sagte der Staatsanwalt, nachdem der vorsitzende Richter die - aus Sicherheitsgründen anonymisierten - Geschworenen beeidet hatte.

Der 19-Jährige hätte sämtliche terroristischen Straftatbestände, die das Strafgesetzbuch bietet, verwirklicht, betonte der Ankläger in seinem Eröffnungsvortrag: „Es ist nur einer glücklichen Fügung des Schicksals zu verdanken, dass es nicht zu einem Anschlag gekommen ist.“

Wurde im Gefängnis radikalisiert

Der 19-Jährige wurde als Sohn albanisch stämmiger Eltern in Wien geboren und war laut Staatsanwalt „ein ganz normaler Jugendlicher“. Mit 15 schlug der Bursch allerdings eine kriminelle Karriere ein und wurde unter anderem wegen schweren Raubes zu einer längeren Haftstrafe verurteilt. Im Gefängnis lernte der Jugendliche, für den Religion bis dahin keine Rolle gespielt hatte, über einen Mitgefangenen den Islam kennen.

Noch in der Justizanstalt konvertierte er, und als er im Oktober 2015 aus der Haft entlassen wurde, „hat er nur noch die Religion, nach der er sich richtet“, skizzierte der Staatsanwalt den Werdegang des Angeklagten. In kürzester Zeit hätte sich dieser den Zielen des IS verschrieben: „Der Angeklagte war bis in die Zehenspitzen radikalisiert.“ Der Jugendliche besuchte regelmäßig sunnitische Moscheen, konsumierte mithilfe des Internet Propaganda-Material des IS, lernte über Soziale Medien Gleichgesinnte kennen, darunter auch einen Kontaktmann des IS, mit dem der 19-Jährige sich permanent austauschte.

Angeklagter im Deradikalisierungsprogramm

Der Angeklagte befindet sich seit 14 Monaten in U-Haft und wird dort einem Deradikalisierungsprogramm unterzogen. Ob die Interventionsgespräche den jungen Mann von der gewalttätig ausgeprägten Form des Islam weggebracht haben, die er vor seiner Festnahme verinnerlicht haben dürfte, erscheint zumindest fraglich.

Seitens der Justizanstalt, in der der unter Terrorverdacht stehende 19-Jährige seit 14 Monaten in U-Haft sitzt, werden diesem Radikalisierungstendenzen bescheinigt. In einem schriftlichen Bericht wird vermerkt, der Bursch würde Mitgefangene beeinflussen und zum Islam bringen. Diese hätten teilweise auch ihr Äußeres verändert. Der Verteidiger des jungen Mannes wies das am Dienstagabend gegenüber der APA zurück: „Mir wäre nicht aufgefallen, dass er abgedriftet ist.“ Er wisse auch nichts von konvertierten Mithäftlingen.

Zeichnungen mit religiösen Inhalten gefunden

Zudem wurden in der Zelle des Mannes Zeichnungen gefunden: Eine zeigte die US-Flagge mit dem Teufel, eine weitere einen bewaffneten Mann, der offenbar einen Kämpfer der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) darstellen soll. Deshalb soll zur Frage, inwieweit der 19-Jährige nach wie vor ein Sicherheitsrisiko darstellt, ein Vertreter des Vereins, der seit 2016 in Kooperation mit dem Justizministerium in Justizanstalten Maßnahmen zur Extremismusprävention und Deradikalisierung durchführt, als Zeuge aussagen.

Verfahren unter strengen Sicherheitsvorkehrungen

Das Verfahren am Wiener Landesgericht für Strafsachen findet unter strengen Sicherheitsvorkehrungen statt und ist auf fünf Tage anberaumt. An sämtlichen Verhandlungstagen gilt für das gesamte Gerichtsgebäude ein Film- und Fotografierverbot. Das Urteil ist für 12. April geplant - mehr dazu in Terroranklage gegen 18-Jährigen.

Der Anklage zufolge soll der 19-Jährige dem damals Zwölfjährigen, den er übers Internet kennengelernt hatte, eine Anleitung zum Herstellen einer Bombe geschickt haben, wobei er sich als „Terroristen-Chefkoch“ bezeichnete. Er soll dem Strafunmündigen vorgegeben haben, den Anschlag auf einem Weihnachtsmarkt und nicht - wie der Bub ursprünglich beabsichtigt hatte - in einer Kirche zu verüben.

Zwölfjähriger platzierte Nagelbombe

Der Zwölfjährige marschierte daraufhin am 26. November 2016 mit einer selbst fabrizierten, in einer Umhängetasche verborgenen Bombe auf einen rund 900 Meter vom Ludwigshafener Rathaus-Center entfernt gelegenen Weihnachtsmarkt. Bis zuletzt soll ihn sein Wiener Gesprächspartner bestärkt haben. „Zieh ’ne fette Jacke an ... Dann geh hinter eine Hütte und zünde an und lauf vor“, hieß es etwa in einer WhatsApp-Nachricht an den Buben.

Weil es nicht krachte, deponierte der Zwölfjährige den Sprengsatz hinter einem Gebüsch, wo er am 3. Dezember 2016 von der Polizei gefunden wurde. Die sichergestellte Nagelbombe bestand aus einem mit Klebeband umwickelten Gewürzglas, an dem an der Außenseite 41 Nägel befestigt waren. Im Inneren befanden sich weitere elf Nägel. In einem mittig vorhandenen Loch im Deckel des Gewürzglases war eine Wunderkerze fixiert, die als eine Art Zündschnur fungieren sollte.

Bombe von Gutachter nachgebaut

Die Bombe wurde von einem Gutachter untersucht, wobei ihre Funktionstüchtigkeit mittels eines Nachbaus getestet wurde. Dabei konnte festgestellt werden, „dass es sich um eine funktionsfähige Brandvorrichtung handelte, die abgesehen von der durch die Sprengung verursachten Schäden zudem ein Entzünden von Kleidungsstücken von in der Nähe befindlichen Personen befürchten lässt“, wie der Anklageschrift zu entnehmen ist.

Der Zwölfjährige kann aufgrund seines kindlichen Alters strafrechtlich nicht zu Verantwortung gezogen werden. Er soll im Wiener Verfahren im Wege der Amtshilfe mittels einer Videokonferenz als Zeuge befragt werden. Die Verhandlung wird am Donnerstag mit der weiteren Befragung des Angeklagten fortgesetzt.

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