Terror-Prozess: „Fröhliches Kind“

Am dritten Verhandlungstag im Terror-Prozess gegen einen 19-Jährigen haben die Eltern des Angeklagten ausgesagt. Die Mutter sprach von einem „fröhlichen Kind“, Religion sei in der Familie nie ein Thema gewesen.

In der Schule habe man ihren angeklagten Sohn „vor lauter Kasperleien als Störfaktor gesehen, einfach weil er durch sein lustiges und kindliches Gemüt die ganze Klasse durcheinandergebracht hat“, so die Mutter vor Gericht. Die Lehrer hätten ihn deswegen von Schulsportwochen und anderen Aktivitäten ausgeschlossen. Als man ihm zu Hause wegen einer Verfehlung sein Handy strafweise wegnahm, hätte er in der Schule die Mobiltelefone von zwei Klassenkameraden an sich genommen. Darauf sei er von der Schule suspendiert worden.

Der Jugendliche kam in weiterer Folge in eine Schule für geistig schwerbehinderte Kinder. Da sei er nicht mehr hingegangen und habe sich im Alter von 14 mit wesentlich älteren Burschen abgegeben, erklärte die Zeugin. Ihr Sohn geriet auf die schiefe Bahn, wurde mit 15 erstmals gerichtlich verurteilt und landete im Gefängnis. Dort kam er über Zellengenossen in Kontakt mit dem Islam, den er nach seiner Entlassung auch zu Hause thematisierte: „Er begann uns zu testen, obwohl er wusste, dass ich voll dagegen bin und war.“

Radikalisierung blieb unbemerkt

Der Angeklagte verlor wegen der Vorstrafen seine Lehrstelle, zog sich immer mehr zurück. Das bekamen die Eltern ebenso nicht mit wie das verstärkte Interesse für den Islam und die Radikalisierung. „Es tut mir wahnsinnig leid“, bemerkte die Mutter, die als Krankenschwester arbeitet. Ihr Sohn sei „labil“ geworden: „Jedes Mal, wo er versucht hat sich aufzurappeln, ist etwas passiert.“

Der Vater, ein Sozialbetreuer, meinte, es sei „traurig für uns gewesen zu sehen, wie er sich verändert hat“. Als ihr Sohn unter Terror-Verdacht festgenommen wurde, sei das „ein Schock für uns gewesen“. „Wenn Sie von der Polizei von der Arbeit abgeholt werden und zu Hause sind die Spürhunde - ich habe gedacht, das kann nur eine Show sein“, deponierte der Vater.

Beamter: „Gutes Vernehmungsklima“

Als Zeuge vernommen wurde auch jener Beamte des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), der nach der Festnahme des 19-Jährigen mit diesem die Beschuldigteneinvernahmen durchführte. Der Angeklagte habe sich zu Beginn verschlossen gezeigt. Darauf habe man auf ihn „eingeredet wie auf eine kranke Kuh“, dass ihn Angaben auch entlasten könnten. Aufgrund dessen habe der Jugendliche zu kooperieren begonnen. Der Zeuge erwähnte „ein sehr, sehr gutes Vernehmungsklima“ und beschrieb den Angeklagten als „nach außen hin aggressiv, aber innerlich sehr sensibel und leicht verletzlich“.

Der 19-Jährige behauptet allerdings, er wäre von dem Beamten zu Beginn einer Befragung geohrfeigt worden. Dieser dementierte das: „Einen handgreiflichen Vorfall gab es nie. Es gab null Handgreiflichkeiten.“ Darauf rief ihm der Angeklagte zu: „Du bist ein Lügner, ein Lügner bist du!“

13-jähriger Zeuge war bei IS

Ein 13-Jähriger gab im Zeugenstand an, im Alter von zwölf Jahren der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS) angehört zu haben: „Ich war selber für den IS, ehrlich gesagt.“ Er hätte erwogen, nach Syrien zu reisen, um sich am Kampf gegen die „Kuffar“ (Ungläubigen, Anm.) zu beteiligen. Der Angeklagte habe ihn davon abgebracht: „Da hat er mir gesagt, dass ihm der IS gesagt hat, dass wir hier Krieg führen sollen, weil dort schon so viele sind und sie uns nicht brauchen.“

Der 13-Jährige trug den Kampfnamen Abu Al Majeed Al Makedoni und hatte den 19-Jährigen über Facebook kennengelernt. Man tauschte sich über den IS aus, schickte sich gegenseitig Bilder, Videos und Lieder, die der nicht des Arabischen mächtige Schüler nicht verstand. Was allerdings egal war, wie er den Geschworenen verriet: „Hauptsache, es war für den IS.“ Das sei dann „cool“ gewesen.

Der 19-Jährige hatte einen direkten Kontakt zu einem IS-Mitglied, der Verbindungen nach Syrien besaß. Darum wurde er vom um sechs Jahre Jüngeren beneidet. Persönlich getroffen hätte er den Angeklagten nur ein Mal, gab der 13-Jährige an: „An dem Tag wurden wir von der Polizei angehalten, weil ich keinen Fahrschein hatte. Wir waren was essen.“

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