17-Jährige als Zeugin im Terrorprozess

Sie ist nach islamischem Recht mit dem Angeklagten verheiratet und steht selbst in Deutschland als Staatsfeindin vor Gericht. Jetzt hat sie als Zeugin im Terrorprozess gegen einen 19-jährigen Wiener ihren Mann belastet.

Der Angeklagte habe sich sehr gut mit dem Islam ausgekannt, sagte die 17-Jährige via Videokonferenz im Amtsgericht Aachen im Wiener Verfahren aus: „Er konnte gut islamisch argumentieren. Da habe ich angefangen, falsche Sachen zu glauben.“ Sie habe zum IS gefunden und gelernt, „dass andere Religionen nicht akzeptiert werden sollen“. Der Angeklagte sei vom IS „von Anfang an fest überzeugt“ gewesen, sagte die 17-Jährige.

„Dann kam das Thema auf, einen gemeinsamen Anschlag zu planen. Ich war dazu nicht bereit, weil ich nicht so früh sterben wollte. Er kam jedes Mal mit dem Thema, weil es sein großer Wunsch war von ihm, das zu machen“, setzte die Zeugin fort. Sie habe darauf hin „nachgelassen“ und alles „auf mich zukommen lassen. Ich habe aber gehofft, dass es nicht passieren wird“. Der 19-Jährige hätte „einen Platz, wo sehr viele Menschen sind“ als Anschlagziel im Sinn gehabt, gab die 17-Jährige an. Sie hätte gewusst, „dass er eine Bombe baut. Ich wusste, dass er sehr viele Menschen damit umbringen wollte.“

„Er hat halt immer dominiert“

Ende November 2016 reiste der Wiener nach Deutschland. Am 1. Dezember traf er erstmals das Mädchen persönlich und heiratete sie unter Beiziehung eines Imam. Danach begaben sich die frisch Verehelichten in ein Hotel. Er habe Material für das Herstellen einer Bombe mitgehabt, erinnerte sich die Zeugin: „Die Frage war, ob er genug Material hat, um zwei Bomben bauen zu können, damit das für uns ausreicht. Ich weiß, dass er an einer dran war“.

„Er hat halt immer dominiert. Ich konnte mich nie durchsetzen“, beschrieb die 17-Jährige die Persönlichkeit des Angeklagten. Sie hätte sich seinetwegen voll verschleiert und den Niqab getragen. Als sie damit erstmals in die Öffentlichkeit ging, hätte sie „keine guten Reaktionen“ erfahren: „Ich habe gemerkt, dass die Menschen Angst vor mir haben.“ Deswegen sei sie nachher nicht mehr mit dem Niqab auf die Straße gegangen, hätte das ihrem Angetrauten aber nicht verraten.

Noch Wochen bis zum Anschlag

Wann es zum Anschlag kommen hätte sollen, wollte der vorsitzende Richter wissen. Es hätte sich „noch um Wochen“ handeln können, verriet die Zeugin: „Er war stark davon überzeugt, das durchzuziehen“. Allerdings bekam nach einem zweiten Treffen am 3. Dezember 2016 der Vater der gebürtigen Marokkanerin die Beziehung seiner Tochter mit, die ihm diese geheim gehalten hatte. Als er ihre Chat-Protokolle mit dem Wiener auf ihrem Handy nachlas, verbot er ihr weitere Treffen und schaltete die Polizei ein.

Gegen die junge Frau läuft derzeit in Düsseldorf ein Verfahren wegen staatsfeindlicher Verbindungen, in dem sie sich gemeinsam mit einem mutmaßlichen Komplizen des 19-Jährigen vor Gericht verantworten muss. Sie hätte mit 15 begonnen Kopftuch zu tragen, fünf Mal am Tag gebetet und gefastet, skizzierte sie zu Beginn ihre Hinwendung zum Islam. Als sie über eine Freundin und mit Hilfe des Internet den ein paar Jahre älteren Wiener kennenlernte, „ist alles ein bisschen intensiver geworden“.

Urteil wird am Freitag erwartet

Nach diesem Zeugenauftritt sah sich das Schwurgericht noch ein Video an, das den Angeklagten und einen mutmaßlichen deutschen Komplizen bei einer „Testsprengung“ in einem Park in Neuss (Nordrhein-Westfalen) zeigt. Danach standen noch Verlesungen aus dem umfangreichen Akt auf dem Programm. Die Verhandlung wird morgen mit den Schlussvorträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung fortgesetzt. Das Urteil ist für Freitagnachmittag geplant.

Links: