Neue Kampagne gegen Unfall-„Gaffer“

Die Wiener Berufsrettung startet gemeinsam mit der Stadt Wien eine Kampagne gegen Schaulustige bei Notfall-Einsätzen. Ein Aufklärungsvideo soll „die Leute wachrütteln“, sagte Rettungssprecherin Corina Had.

Das Thema der „Gaffer“ wurde mit der Verbreitung von Smartphones zuletzt immer größer, die Rettung ist etwa bei jedem fünften Einsatz mit Schaulustigen konfrontiert. Ab und zu behindern die Schaulustigen sogar die Arbeit der Einsatzkräfte. Der Titel der Kampagne lautet „Hab Anstand, halt Abstand“.

Das aktuelle Aufklärungsvideo zur „Gaffer“-Problematik wird auf vielen Kanälen der Stadt Wien, der Berufsrettung Wien und in ausgewählten Kinos zu sehen sein. „Handys sind super, wenn es darum geht, den Notruf zu wählen. Aber damit zu filmen und zu fotografieren ist in manchen Situationen nicht angemessen“. sagte Had.

Talk mit Notfallsanitäterin Julia Zielinski

Julia Zielinski, Notfallsanitäterin bei der Wiener Berufsrettung, erzählt von ihren Erfahrungen mit Schaulustigen und was mit dem neuen Kinospot erreicht werden soll.

„Niemand will Unfallfotos in sozialen Netzwerken“

2017 war es zu einem tödlichen Unfall in Simmering gekommen, bei dem die Gaffer-Problematik bis dahin unbekannte Ausmaße angenommen hatte. Die Berufsrettung Wien nahm diesen tragischen Vorfall zum Anlass, um in sozialen Netzwerken darauf aufmerksam zu machen - mehr dazu in Nach Unfall: Polizei warnt Schaulustige. Denn Schaulustige, die Einsatzkräfte behindern, gefährden das Leben der Betroffenen, hieß es in einer Aussendung der Berufsrettung.

„Niemand will nach einem Unfall Fotos oder Videos von sich in den sozialen Netzwerken finden. Hier geht es auch um die Privatsphäre unserer Patientinnen und Patienten!“, appellierte der Leiter der Berufsrettung, Rainer Gottwald, an die Vernunft der Menschen. „Es ist wichtig, dass die Menschen hinsehen, den Notruf wählen und Erste Hilfe leisten. Sind die Profis der Berufsrettung Wien vor Ort, heißt es aber Platz machen“, sagte Gottwald.

Gesetzesänderungen in Begutachtung

Derzeit sind zwei Gesetzesänderungen in Begutachtung, die Strafen für Unfall-Voyeure vorsehen. Das Innenministerium sieht mit der Novelle im Sicherheitspolizeigesetz (SPG) den neuen Paragraf „Störung der öffentlichen Ordnung“ vor. Gaffer, die dagegen verstoßen, Hilfeleistungen behindern oder die Privatsphäre unzumutbar beeinträchtigen, begehen künftig eine Verwaltungsübertretung. Dafür droht eine Geldstrafe bis zu 500 Euro.

Parallel dazu soll mit dem Strafrechtsänderungsgesetz des Justizministeriums die Unterlassung der Hilfeleistung um die Behinderung der Hilfeleistung ergänzt werden - hier endet am Mittwoch die Begutachtungsfrist. Dafür droht eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen.

Kritik von Strafrechtsexperten

Dass es zwei Gesetzesänderungen geben soll, sorgt für Kritik von Strafrechtsexperten. Dies zeuge von „Abstimmungsproblemen und mangelnder Kommunikation“, konstatierte etwa der Wiener Strafrechtler Alexander Tipold. Seiner Ansicht nach sollte mit der SPG-Änderung (Geldstrafe von 500 Euro) das Auslangen gefunden werden, schreibt er in seiner Stellungnahme zur StGB-Novelle.

Tipold führt auch in seiner Stellungnahme zum Sicherheitspolizeigesetz aus, dass es verfehlt wäre, „beide Tatbestände einzuführen“ und dass eben auf die StGB-Änderung verzichtet werden sollte. Inhaltlich gleich äußerte sich auch die Universität Innsbruck in ihrer Stellungnahme zur StGB-Novelle, es handle sich um „weitgehend idente Verhaltensweisen“ mit der SPG-Änderung.

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