Steinhof: Weg frei für Entschädigungen

In der Wiener Kinder- und Jugendpsychiatrie „Am Steinhof“ hat ein menschenunwürdiges Gewaltsystem über Jahrzehnte geherrscht. Die Opfer bekommen eine Entschädigung, um die Abwicklung kümmert sich der Weisse Ring.

Der Weisse Ring hatte sich bereits um die 3.000 Opfer des Kinderheims am Wilhelminenberg gekümmert. Jetzt hat der Krankenanstaltenverbund (KAV) mit dem Weissen Ring auch einen Vertrag abgeschlossen, die Betreuung der Betroffenen von Misshandlung im Kinder- und Jugendpsychiatrie „Am Steinhof“ zu übernehmen. Den Betroffenen - sofern noch am Leben - wird von der Stadt eine Entschädigung zugesichert.

Steinhof Otto-Wagner-Spital

APA/Georg Hochmuth

Bis zu 700 Kinder haben sich zwischen 1945 und 1989 am Steinhof aufgehalten

Studie: Inadäquate Verhältnisse

Den früheren Patienten des Pavillons 15 im Otto-Wagner-Spital soll jetzt rasch und unbürokratisch geholfen werden, wird versichert. Bis dato haben 35 Steinhof-Patienten, denen auf dieser Station Gewalt angetan wurde, bei der Hotline des Krankenanstaltenverbundes gemeldet und ihre Geschichte erzählt. Stellvertretend können auch Betreuungspersonen die Ansprüche geltend machen.

Hotline des KAV:

Opfer können sich unter der Nummer 01 40409-60030 melden.

Im sogenannten Kinderpavillon „Am Steinhof“ herrschten völlig inadäquate Versorgungs- und Betreuungsverhältnisse. Zu diesem Schluss kam im Vorjahr eine Studie des KAV. Konkret wurden der Pavillon 15 in der Anstalt „Am Steinhof“ (die ab 1963 Psychiatrisches Krankenhaus „Baumgartner Höhe“ genannt wurde, Anm.) und die vom Neuropädiater Andreas Rett gegründete Abteilung für entwicklungsgestörte Kinder am Neurologischen Krankenhaus der Stadt Wien am Rosenhügel untersucht.

Körperliche Misshandlung und Freiheitsentzug

In der Zeit von 1945 bis Ende der 1980er-Jahre wurden „Am Steinhof“ Kinder mit Behinderungen körperlich misshandelt oder etwa das Essen mit roher Gewalt verabreicht. Die jungen Patienten wurden zudem sediert, häufig wurden diese Medikamente auch ins Essen gemischt - das bei Personen mit Schluckbeschwerden mitunter gewaltsam verabreicht wurde.

Freiheitsentzug stand auch für Fehlverhalten auf dem Programm. Laut Studienautorin Hemma Mayrhofer reichte dafür schon, wenn Kinder aus der Toilette tranken - was sie bei Durst anscheinend tun mussten, da offenbar die Wasserversorgung in den Zimmern aus Sicherheitsgründen unterbunden war. „Das Umfeld war absolut nicht kindgerecht“, stellte die Studienautorin klar. Pädagogische oder soziale Zuwendung gab es kaum. Während des Untersuchungszeitraums dürften sich rund 600 bis 700 Kinder im Pavillon 15 aufgehalten haben, der in dieser Form bis 1984 in Betrieb war - mehr dazu in Langes „Gewaltsystem“ in Kinderpsychiatrie

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