Insektengiftallergiker scheuen Behandlung

In Österreich gibt es rund 300.000 Insektengiftallergiker. Nur 20 Prozent davon lassen sich in einer Immuntherapie behandeln, kritisieren Mediziner. Dabei ist das Wespengift genauso gefährlich wie das der Klapperschlange.

Mit dem anbrechenden Sommer kommen die österreichischen Insektengiftallergiker in zunehmende Gefahr. 300.000 Betroffene haben das Risiko, nach einem Wespen-, Bienen- oder Hornissenstich eine sehr schwere allergische Reaktion zu entwickeln. Aber nur 20 Prozent von ihnen erhalten eine hochwirksame Immuntherapie, hieß es am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien.

Folgen: Schwellungen, Atemnot, Kollaps

Während die bloße Schwellung an der Stichstelle nur die direkte Wirkung des Insektengifts ist, deutet ein Hautausschlag am ganzen Körper bereits auf eine Insektengiftallergie hin. Starke Schwellungen, Atembeschwerden oder gar Kollaps (anaphylaktischer Schock) sind weitere Abstufungen. Letzteres ist potenziell und im Fall des Falles akut lebensgefährlich.

Die Zahlen dazu: „Man kann davon ausgehen, dass 3,3 Prozent der Österreicher nach einem Stich durch Biene, Wespe oder Hornisse eine sehr, sehr schwere allergische Reaktion haben, 4,6 Prozent eine schwere Reaktion. Das sind insgesamt rund 700.000 Personen“, sagte Wolfram Hötzenecker von der Kepler Universitätsklinik Linz.

Wespengift so gefährlich wie Klapperschlangengift

Weltweit gibt es rund 150.000 Hautflüglerarten. Rund 50.000 weisen Wehrstacheln auf. In Österreich existieren etwa 20 Arten. „Von praktischer Relevanz für allergische Reaktionen sind nur vier Arten. Die Honigbiene ist für 25 bis 30 Prozent der Allergiefälle verantwortlich, die Wespe für rund 70 Prozent“, sagte Wolfram Hemmer vom Allergiezentrum Floridsdorf in Wien.

Detail am Rande: Bienen- oder Wespengift ist für den Menschen etwa genauso gefährlich wie das Toxin der Klapperschlangen. Doch die Menge, die man bei einem Stich abbekommt, ist eben extrem gering. Für eine allergische Reaktion reicht es jedenfalls.

Allergietest erst vier Wochen nach Stich möglich

Jedenfalls sollten alle Menschen, die schwerere Symptome nach einem Insektenstich entwickelt haben, zum Arzt gehen. Nach rund vier Wochen kann eine Allergietestung erfolgen. Menschen mit ausgeprägter Insektengiftallergie sollten ein Notfallset (antiallergische Medikamente in Tablettenform und Adrenalin-Autoinjektionsset) bei sich führen und die Anwendung auch trainiert haben, so der Rat der Mediziner.

Die beste Behandlungsform ist aus Sicht der Mediziner aber die Immuntherapie. „Mit kleinen Insektengiftmengen (injiziert unter die Haut, Anm.) wird damit der Körper tolerant gemacht. Bei Bienengiftallergien ist die Therapie bei bis zu 86 Prozent der Behandelten erfolgreich, bei Wespengiftallergien bei bis zu 96 Prozent“, betonte Gunter Sturm, Leiter des Allergieambulatoriums am Reumannplatz in Wien.

Für die Therapie ist allerdings zunächst einmal die entsprechende Diagnostik erforderlich. Dann folgt derzeit eine wöchentliche Injektion über 15 Wochen hinweg. Über drei bis fünf Jahre hinweg wird alle vier bis sechs Wochen eine Erhaltungsdosis des Insektengifts injiziert. Die Schutzwirkung tritt allerdings schon nach der Aufimpfphase ein. An kürzeren Behandlungsschemen wird gearbeitet.