Koranunterricht: Kinderanwalt fordert Standards

Für Aufregung sorgt derzeit ein Video aus dem Koranunterricht in einer Wiener Moschee. In dem Clip entsteht der Eindruck, ein Imam schlage einen Schüler. Der Wiener Kinderanwalt fürchtet, dass das kein Einzelfall ist und fordert Standards.

Während der Imam der mutmaßlich fundamentalistischen Moschee der arabischen Kultusgemeinde predigt, schnellt ganz kurz seine Hand vor, man hört einen Klaps, der - so scheint es - einen Buben getroffen hat. Die FPÖ Wien-Mariahilf hat das Video öffentlich gemacht. Der Wiener Kinder- und Jugendanwalt Ercan Nik Nafs hat eine Gefährdungsmeldung beim Jugendamt gemacht. „Ein Imam, der Kinder schlägt, ist aus meiner Sicht untragbar“, sagt er im Interview mit Ö1.

Kinderanwalt ortet mehr als Einzelfall

Auch für den zuständigen Obmann der arabischen Kultusgemeinde, Zikry Gabal: Ein Moslem schlage seine Kinder nicht, das wäre inakzeptabel, sagt er. Der Imam und auch die Schüler würden jedenfalls dementieren, dass es sich um eine Ohrfeige gehandelt hat, so Gabal. Kinderanwalt Nik Nafs fürchtet allerdings, dass es derartige Fälle von physischer Gewalt im privaten Koranunterricht sehr wohl gibt.

Er kritisiert, dass die islamische Glaubensgemeinschaft unter Präsident Ibrahim Olgun ein Projekt für Mindeststandards im Unterricht einschlafen habe lassen: „Vor drei Jahren haben wir versucht, mit den Verbänden Mindeststandards für die Koranschulen zu vereinbaren. Die Imame sollten zu Themen wie Gewaltprävention, Freizeitpädagogik und Kinderrechten geschult werden - sowie die Religion spielerisch und altersgerecht zu vermitteln.“

Projekt für Mindeststandards eingeschlafen

Man wollte mit diesen Standards „manche gängige Praxis wie das Konzept des strafenden Gottes und Gewalt an Kindern“ verhindern, so Nik Nafs. Aber das Projekt sei seit 2016 von der islamischen Glaubensgemeinschaft nicht mehr weiterverfolgt worden „trotz einiger Missstände“. Von der Islamischen Glaubensgemeinschaft gab es zu diesem Vorwurf vorerst keine Stellungnahme.

In den Sommerferien gehen laut Nik Nafs rund 3.000 Kinder in Wien in den privaten Koranunterricht, teils gelinge die spielerische Vermittlung der Religion, teils stehe nur das Auswendiglernen von Koransuren auf Arabisch im Mittelpunkt. „Die Kinder haben dann keine Zeit mehr für sich. Die gehen Montag bis Freitag unter der Woche in die Schule und am Wochenende in die Korankurse. In den Semesterferien sind sie fünf Tage lang dort und im Sommer schicken die Eltern sie wieder dorthin“, kritisiert der Kinderanwalt.

Gewalt gegen Kinder seit 30 Jahren verboten

Gewalt an Kindern und die vermeintlich gesunde Watschen ist allerdings keineswegs nur ein Thema in der islamischen Religion, betont Nik Nafs: „Obwohl Gewalt gegen Kinder in Österreich seit fast 30 Jahren verboten ist, haben bekannte Persönlichkeiten Gewalt gegen Kinder, im Sinne der sogenannten gesunde Watschen befürwortet.“

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